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Die Liebesluege

Titel: Die Liebesluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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sind.«
    Elena bog den Kopf zurück und versuchte, in seinen Augen zu lesen. »Was weißt du?«
    Statt ihr zu antworten, lächelte er sie an. » Ich bîn dîn, du bist mîn . Vergiss das nicht, Elena. Nur das zählt.«
    »Ja. Nur das zählt«, wiederholte sie leise.
    Er drückte sie an sich. »Vertraust du mir?«
    »Das tu ich doch.«
    »Dann sag mir endlich, was dich -«
    »Max!«, brüllte Anni. »Elena! Die Leute kommen!«
    »Ist denn so wichtig, was vorgefallen ist?«
    »Geteilte Sorgen sind nur halbe Sorgen«, antwortete Max scherzhaft und verzog dann reumütig das Gesicht. »Sorry. Ich will damit sagen, dass dein Geheimnis bei mir gut aufgehoben ist. Jetzt steht es noch zwischen uns, aber wenn -«
    »Du würdest mich hassen.«
    »Niemals.«
    Als hole sie sich Kraft von ihrem Feuervogel, strich Elena über einen rotgoldenen Flügel. »Heute Abend. Wenn alle weg sind.«
    »Es gibt nichts, was ich dir übel nehmen würde.« Max drückte sie ein letztes Mal an sich.
    Als Max gegangen war, setzte sich Elena vor der Halle zu
Anni und dem Jungen. Sie musste sich erst sammeln, musste warten, bis ihre Knie nicht mehr zitterten und ihr Herz den normalen Rhythmus wiedergefunden hatte. »Wann«, sie räusperte sich, »wann werdet ihr abgelöst?«
    »Wir lassen uns nicht ablösen. Wir haben gesagt: wenn schon, denn schon. Und schau mal -« Anni griff in den kleinen blauen Rucksack, der neben ihr im Gras lag. »Hier ist mein Handy. Wenn eine Schlägerei ausbricht, rufe ich Herrn Appenzell, und wenn jemand was anstellt, knipse ich den Schurken.«
    »Rechnet ihr mit Schurken und Schlägereien?«, erkundigte sich Elena belustigt.
    Anni schaute sie fast mitleidig an. »Wir rechnen mit allem.«
    »Aber ihr seid in der Fünften und habt noch keine Erfahrung mit Elternbesuchen und dem Tag der offenen Tür!«
    »Eben darum sind wir auf alles vorbereitet«, erklärte Anni mit einer Miene, als habe sie jede Menge Erfahrungen in ihrem elfjährigen Leben gesammelt und sei infolgedessen zu einem Insider gereift, der immer mit dem Schlimmsten rechnet.
    »Dann kann ja nicht schiefgehen.«
    »Sag ich doch. Warum hast du dich mit Charly für die Aufsicht im Werkraum von zwölf bis eins eingetragen?«, wollte Anni wissen. »Von zwölf bis eins! Da halten Professor Mori und Max in der Halle ihre Reden.«
    Elena seufzte. »Das haben wir leider nicht berücksichtigt.«
    »Hab ich mir gedacht. Aber wenn ihr euch in den Flur stellt, könnt ihr zuhören.«
    Überall flanierten inzwischen schon die Schülerinnen und Schüler mit ihren Vätern, Müttern und Geschwistern. Elena winkte Mia und Sven zu; die ältere Dame in ihrer Mitte, weißhaarig und in einem schicken grauen Seidenkostüm,
musste die aufgeklärte Großmutter sein. Sophia-Leonie stand neben einem hochgewachsenen eleganten Herrn, und war das Mädchen in Overknees nicht Valerie? War die kleine, bescheiden aussehende Frau ihre Mutter? Und der dicke Mann, der eine Zigarette rauchte und die Kippe gerade nachlässig ins Gras schnippte, ihr Vater?
    Der Mann im karierten Sportsakko mit den Lederflicken an den Ellbogen konnte nur Gordons Vater sein; die Frau mit den hellen Haaren, dem wadenlangen Rock, dem beigen Twinset und der Perlenkette war dann vermutlich seine Mutter - die beiden waren so englisch gekleidet. Elena lächelte in sich hinein. Entgegen ihren Befürchtungen fand sie es nicht peinlich, allein zwischen den lachenden, gestikulierenden und sich unterhaltenden Menschen herumzugehen; sie überlegte sich sogar gerade, ob sie sich nicht an ein Tischchen setzen solle, als Charly auf sie zurannte. »Wo steckst du nur, Elena! Ich hab dich überall gesucht!«
    Elenas Magen krampfte sich zusammen. »Warum? Ist … sind meine …?«
    »Nein. Und meine Eltern haben eine SMS geschickt; sie stecken im Stau und werden, wenn alles gut geht, erst gegen elf hier sein. Aber du musst Swettys Familie bewundern! Du ahnst nicht, wie ihre Mutter aussieht! Und der Stiefvater erst! Wie … wie … aber komm; du musst sie selbst sehen!« Sie griff nach der Hand ihrer Freundin, dirigierte sie Richtung Pool und versteckte sich mit ihr unter den niederhängenden Zweigen einer Trauerweide.
    »Siehst du Swetty? Und die Frau mit dem Buggy? Und den Mann?«
    Auf einem der zierlichen, weiß lackierten Stühlchen saß eine Blondine mit hochtoupierten Haaren - die Frisur war seit mindestens fünfzig Jahren aus der Mode gekommen.
Sie trug ein Kleid in grellem Pink, dessen Ausschnitt am üppigen Busen sehr weit

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