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Die Liebesluege

Titel: Die Liebesluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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Kaffeetasse nach. »Es ist doch jedes Jahr dasselbe. Am Ende klappt alles.«
    Professor Mori, perfekt zurechtgemacht und frisiert, segelte durch den Speiseraum, Miss Reeves und Mademoiselle Cugat, beide in hübschen Kleidern, ließen sich kurz blicken, und dann brüllte ein Mädchen aus der Sechsten: »Beeilung, Leute! Wir müssen das Büfett aufbauen!«
    Signor Torelli trommelte ein letztes Mal den Chor zusammen, und Herr Dorn schnappte sich Charly. »Würdest du bitte den Eltern das Programm in die Hand drücken? Ich bin dafür verantwortlich, aber leider habe ich vergessen -« Er zog Charly mit sich.
    Elena und Sophia-Leonie gingen Seite an Seite die Treppe hinauf.
    »Du siehst super aus, Darling. Max wird unendlich stolz auf dich sein«, meinte Sophia-Leonie.
    »Übertreib nicht.«
    »Tu ich nicht. Wenn ich daran denke, wie du angekommen
bist und immer wieder am Daumen lutschtest! Wir dachten, wir hätten einen Sozialfall bekommen.«
    »Ihr wolltet wissen, ob ich eine Quotenfrau bin«, erinnerte sich Elena.
    Sophia-Leonie blieb stehen. »Es ist nicht nur, dass du dich inzwischen kleiden kannst. Es ist was anderes … Muss wohl mit Max zusammen hängen«, überlegte sie laut. »Wenn er die Begrüßungsrede hält, darf er dich auf keinen Fall sehen; du würdest ihn hoffnungslos aus dem Konzept bringen.«
    »Jetzt übertreibst du wirklich.« Elena warf den Kopf zurück. »Max lässt sich von nichts und niemand aus dem Konzept bringen.«
    »Abwarten, Darling, abwarten!«
    Oben in ihrem Zimmer stellte sich Elena ans Fenster. Neun Uhr - noch kein Auto auf dem Parkplatz. Was könnte sie tun? Nach Max schauen? Ausgeschlossen; er war an diesem Vormittag so gefragt wie an keinem anderen Tag des Jahres. Vokabeln büffeln? Etwas lesen? Oder … Der Werkraum! Sie könnte sich noch einmal und in aller Ruhe ihr Vogelwesen anschauen, bevor der Ansturm einsetzte! Warum ihr das auf einmal wichtig war, konnte sie nicht sagen, aber sie schlüpfte sofort aus den High Heels, zog Ballerinas an, in den sie sich wohler fühlte, und rannte los.
    Die Halle war natürlich festlich hergerichtet worden - ob Herr Appenzell sie bereits aufgeschlossen hatte? Schon von Weitem sah sie Anni, die zusammen mit einem Jungen davor Wache hielt. »Wir haben Professor Mori versprochen, niemand reinzulassen!«
    »Nur fünf Minuten«, bat Elena. »Vier reichen auch schon!«
    »Wozu?«, erkundigte sich der Junge misstrauisch.

    »Nun lass sie doch«, half ihr Anni. »Elena macht bestimmt keine Unordnung.«
    »Ich will nur noch mal die Papiermaschee-Figuren ansehen. Drei Minuten, ja?«
    »Zwei.« Widerstrebend öffnete der Junge die große Tür. »Wir schauen auf die Uhr, Elena!«
    Wo sonst die Matten, die Böcke, die Recks ihren Platz hatten, standen heute Stühle in exakten Reihen. Neben dem Rednerpult verbreiteten zwei prächtige Blumenarrangements Frühlingsstimmung, Signor Torellis Notenständer stand bereit, die Noten lagen ordentlich aufeinandergeschichtet an der Seite, und selbst das Mikrofon war schon eingeschaltet; Elena bemerkte das kleine rote Licht.
    Sie öffnete die Tür zum Werkraum. Dort, ganz am Ende, stand ihr Vogelwesen! Langsam durchschritt sie den Raum, blieb vor dem letzten, dem zentralen Tisch stehen und fragte sich fast ungläubig, ob der orange-rote Vogel mit dem Menschenkopf tatsächlich unter ihren Händen entstanden war. Die wenigen goldenen Tupfer hatte sie richtig gesetzt; er glühte geradezu vor Energie, strahlte überschäumende, pure Lebenslust aus, er war … er war ein, ein … ein Feuervogel!
    Elena hielt den Atem an. Sie konnte doch nur etwas geschaffen haben, was in ihr steckte?! Besaß sie die Lebenslust, die Energie, die Kraft ihres Vogels?
    Und wenn es so war, so sein sollte - strahlte sie das aus? War es das, was Charly und Sophia-Leonie an ihr festgestellt hatten?
    »Die Zeit ist um!«, rief Anni herein. Elena hörte leise Schritte und fühlte, wie sich eine Hand über ihre Augen legte.
    »Bedauerst du, mir den Vogel geschenkt zu haben?«
    Elena lehnte sich an Max’ Brust. »Er gehört dir. Nur dir.«
Dann wirbelte sie herum und schlang die Arme um ihn. »Ich hatte solche Sehnsucht nach dir.«
    Er lachte leise. »Und ich nach dir.« Er legte sein Kinn auf ihren Kopf. »Elena, ich wünschte, ich hätte Zeit für dich. Versprich mir, dass du auf dich aufpasst.«
    »Was soll schon geschehen?«
    »Sei nicht traurig, wenn deine Familie nicht kommt. Es hat nichts mit dir zu tun; sie sind es, die mit sich nicht im Reinen

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