Die Liebesverschwörung
offensichtlich sollte das Kritik bedeuten!«
Er ließ sich auf die Bank plumpsen. Da hatte vorhin die kleine Krabbe gesessen. Süß war sie wirklich. Schließlich war er kein Stein, sondern ein gesunder Mann. Verdummig, das war eine brenzlige Situation gewesen. Denn man konnte ja nicht behaupten, sie habe sich ablehnend verhalten. Wie sie ihm die Arme um den Hals geworfen hatte … ihm wurde schon wieder ganz schwummrig zumute. Er fixierte dumpf den Förster, der sich ihm gegenüber niedergelassen hatte.
»Knöbel, seien Sie mal einmal in Ihrem Leben ehrlich.«
»Aber, Herr Baron …«
»Ruhe, ja? Seien Sie einmal ehrlich und sagen Sie mir: Bin ich ein Buhmann?«
»Aber wieso denn?« wich Knöbel aus.
»Bin ich ein Buhmann, ein Scheusal, ein Ekel, das man erst bezichtigt, auf einen geschossen zu haben – obwohl sie auf meiner Kleewiese ja nun nichts zu suchen hatte! – und vor dem man dann auch noch das Hasenpanier ergreift?«
Er knallte die Faust auf den Tisch. Seine hellen Augen funkelten. In der Tat sah er nicht gerade vertrauenerweckend aus in diesem Augenblick.
Knöbel wiegte den Kopf. Die Antwort war schwer. Sagte er die Wahrheit, nahm der Herr ihm das übel, sagte er sie nicht, war er auch sauer, denn er wußte natürlich selber, daß er nicht gerade das war, was man so Liebling der Frauen nannte.
»Auf Frauen wirken der Herr Baron vielleicht nicht gerade ermutigend«, formulierte er fein.
»Quatsch!« Wilhelm stützte den Kopf in die Hände. Entmutigt hatte diese Amélie eigentlich nicht gewirkt. Keineswegs. Amélie, klang gut. Amélie. Er mußte lächeln.
»Reichen Sie mal den Steinhäger und zwei Gläser rüber, Knöbel«, sagte er und dachte an den Augenblick, als er die Hand auf ihr Herz gelegt hatte, das gar nicht schwach blubberte, sondern klopfte und raste wie ein Hammerwerk. Er hatte gleich gewußt, daß sie nicht getroffen war. Sie hatte sich erschrocken, das war es. Aber in jenen Minuten war sie so süß und hilflos gewesen. Er hatte den unwiderstehlichen Drang verspürt, sie in seine Hütte zu schleppen. Atavistisch nennt man das, dachte er, wie der erste Mensch. Steinzeitbursche schleppt Weib in seine Höhle. Immerhin, sie hatte erst ziemlich spät protestiert. Er trank einen ordentlichen Schluck und sagte: »Kein Wunder, daß sie geflüchtet ist. Schließlich bin ich kein Heiliger«, und er kam sich sehr stark und männlich vor. »Sie ist ja nicht irgendeine. Die Schwester meines langjährigen und besten Freundes. Erstklassige Familie. Hübsch, was sage ich, eine Schönheit. Geistreich, witzig, charmant. Eine Mischung aus Dame und Lausebengel …«
Knöbel grinste breit. Und Wilhelm – wie peinlich! – errötete.
Sie tranken dann noch einige Gläschen leer. Es wurde eine gemütliche Nacht und ein saurer Morgen. Mit bleiernen Köpfen und schweren Beinen stapften sie durch den Wald und folgten der Spur des erlegten Bockes.
Es war ein herrliches Wetter. Die Sonne brach in langen Streifen durch die Stämme und Kronen der Gräser und ließ die Tautropfen wie ein Meer von Perlen und Diamanten glitzern. Der Waldboden duftete herb, schwer gesättigt. Die Schritte der Männer schmatzten leicht auf der vollgesogenen Erde.
Wilhelm v. Pluttkorten blieb stehen und knuffte Knöbel in die Seite. »Mensch, Knöbel, Sie sind nun im Wald grau geworden. Aber eins haben Sie noch immer nicht begriffen: An einem so herrlichen Morgen würde ich an Ihrer Stelle die Knasterpfeife ausmachen.«
Knöbel paffte noch eine extra dicke Rauchwolke und sagte: »Riecht jedenfalls besser als das süßliche Zeug in Ihrer Hütte. Den Geruch werden Sie nicht so schnell wieder rauskriegen, Herr Baron.«
Wilhelm dachte an den süßen Duft, an weiche Haut, einen Himbeermund und an die ganze bezaubernde Person.
»Alles Geschmackssache, Knöbel«, sagte er streng. Aber sein Gleichgewicht war erschüttert. Und das nicht nur vom Steinhäger.
2
»Das klingt nach Happy-End«, sagte Amélie v. Pluttkorten und lächelte ihrem Wilhelm zärtlich zu. Man konnte sich das junge Mädchen sehr gut vorstellen, das sie damals gewesen war. »So einfach war es jedoch nicht, diesen Mann zu erobern, von dem immerhin der Ausspruch stammte, eine erstklassige Rassestute sei ihm lieber als die schönste Frau. Und dieses Zitat hatte mein Bruder Hermann mir warnend verraten, als ich ihm einige Andeutungen meines Abenteuers auf der Kleewiese machte. Er war jedoch bereit, mich zu unterstützen. Aber davon werden wir nachher berichten, wenn es
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