Die Liebesverschwörung
sie den Duft selber komponiert hätte. »Darf ich es hübsch verpacken? Vielleicht mit einer rosa Seidenrosette, weil es ja für eine junge Dame ist?«
Während er noch herumdruckste, kam die Frau vom Bäcker Fischer in die Tür gerauscht.
»Nicht nötig, danke«, sagte er schnell. »Wieviel kostet es?« Und er steckte die Packung wie ein Zauberkünstler blitzschnell in die Tasche. Der Preis kam ihm astronomisch vor. Für das Geld konnte man die Hühner ja eine Woche lang füttern. Nun, immerhin, das mußte man wohl oder übel zugeben: dieses Riechzeug war schon etwas wert. Und nun hatte er den fatalen Einkauf überstanden.
Die Prüfungen waren jedoch noch nicht beendet. Als er beschwingt seinen Einspänner ansteuerte, stand Hermann daneben.
»Na, altes Haus, was machst du denn heute in der Stadt? Ich denke, der Donnerstag ist dein Stadttag? Du bist doch ein Mann von Prinzipien, oder?«
»Manchmal wird deine Fürsorge lästig, Freund«, sagte Wilhelm möglichst mürrisch. »Ich hatte eben etwas zu erledigen.«
Hermann und er reichten sich die Hände. Da schnupperte der Freund, stutzte, schnupperte noch einmal, holte tief Luft und fragte: »Sag mir, Wilhelm Pluttkorten, parfümierst du dich neuerdings?«
Wilhelm wurde wieder rot. »Quatsch! Du kennst mich doch!«
»Schön, ich kenne dich. Aber ich habe, soviel ich weiß, meine fünf Sinne beisammen. Und einer davon ist der Geruchssinn. Und der sagt mir, daß du wie ein ganzes Gewächshaus riechst, ja, daß sogar ich an der Hand wie ›Rose mit Lilie‹ dufte. Wilhelm! Mann! Was ist passiert?!«
»Was soll denn passiert sein?« murrte Wilhelm. »Gefällt dir der Duft etwa nicht?«
»Das steht doch gar nicht zur Debatte …«
»Das steht sehr wohl zur Debatte. Es ist nämlich so, daß ich diesen Duft verschenken will. An eine junge Dame. Genau gesagt: an deine Schwester, weil wir da neulich … also, ich weiß nicht, ob sie dir davon erzählt hat … also, ich konnte wirklich nichts dafür, das kannst du mir glauben, ich schwöre es bei meinem Apfelschimmel Rudolf, weil sie sich aber so furchtbar erschrocken hat und nachher wohl auch ein bißchen vor mir gefürchtet« – hier konnte er sich ein selbstgefälliges Lächeln nicht verkneifen, und auch Hermann lächelte, wenn auch aus ganz anderem Grunde – »deshalb wollte ich ihr ein Parfüm schicken. Als Entschuldigung. Schließlich weiß ich, was sich gehört. Bin doch kein grober Klotz.« Hermann wiegte den Kopf. »Wie du meinst, altes Haus.« Wilhelm hatte einen blendenden Einfall. »Weißt du was? Du kannst deiner Schwester das Zeug gleich mitnehmen. Mit der Bitte um Entschuldigung, die ich ihr zu Füßen lege. Dann haben, wir es hinter uns.«
Hermann sagte bloß: »Du hast ja einen Knall.«
»Wieso? Da will man sich als Kavalier benehmen, und dann muß man von seinem Freund hören, man hätte … nee, da komme ich nicht mehr mit.«
»Du mußt das Zeug selber abliefern. Und dich persönlich entschuldigen.«
»Ich möchte nicht übers Ziel hinausschießen.«
»Wilhelm!«
»Du nimmst es ihr mit, basta. Sonst schenk ich es Stine.«
»Deiner Magd? Was soll denn dieses Landei mit Parfüm? Du ahnst ja wohl, wonach Stine duftet?«
Wilhelm sah seinen Freund treuherzig bittend an. »Hermann, du weißt doch, wie schwer mir die ganze Sache fällt. Steh mir ein bißchen zur Seite, bitte.« Und er hatte schon geschickt das kleine Päckchen in Hermanns Tasche praktiziert. Der mußte lachen.
»Hau bloß ab«, sagte er, »ehe ich es mir wieder anders überlege. Ich werde Amélie sagen, du wärst zerknirscht und bätest inständig um ihre geneigte Entschuldigung.«
»Sag, was du willst. Bis übermorgen!« rief Wilhelm, und weg war er, als ob es ein Trabrennen zu gewinnen gäbe. Hermann erledigte seine Geschäfte in höchster Eile. Er konnte es gar nicht abwarten, Amélies Gesicht zu sehen, wenn er ihr das Parfüm übergab.
In der Tat war die Wirkung frappierend. Sein Schwesterchen errötete über und über, drückte das Flakon ans Herz, verdrehte die Augen gen Himmel und benahm sich auf der ganzen Linie wie ein Hollywood-Sternchen bei einer Liebeserklärung.
Nun, wenn man Wilhelm kannte, mußte man zugeben, daß es eine Art Liebeserklärung war. Wenn er es selber wohl auch nicht wußte.
Hermann strich Amélie zärtlich über die dunklen Haare. »Laß Fräulein Wendevogel das gar nicht erst sehen«, riet er. »Du hast dich in Wilhelm verliebt, nicht wahr?«
Sie senkte den Kopf und sagte ganz leise: »Ja.
Weitere Kostenlose Bücher