Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
Kuppel hinterließ. Im Abstand von wenigen Sekunden flammte der Schild immer wieder silbern auf, verdeckte kurz die Sicht, und jedes Mal setzte ein Chor von Schreien ein.
Gair wirbelte herum und sah die Meister, die in einem Abstand von wenigen Schritten voneinander auf dem Dach standen und den Schild aufrechterhielten. Schweiß bedeckte ihre Gesichter. Einige hatten die Hände zu Fäusten geballt, andere packten die Mauer so fest, dass ihre Knöchel weiß hervorstachen. Verschiedene hatten die Lippen zusammengepresst oder die Augen zur besseren Konzentration geschlossen. Das Gewicht ihrer Anstrengungen drückte gegen Gairs Hirn.
»Wie lange schon?«, fragte er.
Tanith schaute in den Himmel und auf die blasse Sonnenscheibe hinter dem Rand des Gewittersturms. »Etwas mehr als zwei Stunden.«
»Woher kommen diese Wesen?«
»Savin hat sie herbeigerufen. Er kann sich den Inseln nicht persönlich nähern, also hat er seine Geschöpfe geschickt.« Masen erschien neben Tanith und legte ihr die Hand auf den Arm, während sich in seinen Augen eine Frage bildete. Sie nickte und drückte seine Hand. »Es gibt noch andere Welten als diese, Gair. Du musst nur wissen, wo du nach ihnen zu suchen hast. Savin hat die Welt dieser Dämonen schon vor langer Zeit entdeckt.«
Gair stieß wieder einen Fluch aus. Sein Kopf schmerzte noch immer von dem, was Tanith in seinem Inneren angestellt hatte, und daher konnte er kaum klar denken. Das Kreischen der Dämonen kratzte an seinem Hirn wie Fingernägel über eine Schiefertafel. Er presste die Hände gegen den Kopf.
»Gair, du musst dich entspannen.« Wieder Taniths Stimme, sanft wie Balsam. »Setz dich für eine Minute. Versuche nicht gegen den Schild in dir anzukämpfen.«
Flüche waren das Einzige, was er von sich geben konnte; folgerichtiges Denken war unmöglich. Der Schild füllte seinen Kopf aus und drückte nach außen, während sich das Verteidigungsgewebe des Kapitelhauses wiederum von oben gegen ihn presste. Dann plötzlich war das bedrängende Gefühl weg; es hatte sich so still aufgelöst, als wäre eine Blase geplatzt. Er rang nach Atem, und sofort wünschte er sich, er hätte es nicht getan. Er hatte keine Ahnung gehabt, wie diese Luft hier schmeckte.
Tanith berührte ihn am Arm. »Besser?«
Gair nickte. Seine Gedanken befanden sich noch immer in Unordnung, aber nun war es erträglich.
»Hält der Schild noch?«, fragte er.
»Bisher ja.«
»Wie lange können sie ihn aufrechterhalten?«
»Theoretisch unbegrenzt«, sagte Masen, »aber sie müssen irgendwann essen und schlafen, und es gibt nicht genügend Meister, die diese hier oben ersetzen könnten. Selbst wenn sie in Schichten arbeiten, werden sie ermüden, lange bevor Savin die Dämonen ausgehen. Am Ende wird Alderan die besten der Adepten einsetzen müssen.«
»Ich kann helfen. Ich bin stark genug.«
»Nein, das bist du nicht, Gair«, sagte Tanith streng. »Wenn du wieder ganz gesund wärest, dann würdest du eine große Hilfe sein, aber jetzt es ist noch zu gefährlich. Der Schild in deinem Kopf ist das Einzige, was dich schützt.«
»Wovor schützt er mich denn? Du hast doch gesagt, dass wir das, was Savin darin zurückgelassen hat, zerstört haben.«
»Das stimmt, aber du brauchst Zeit für die Genesung. Er hat großen Schaden in dir angerichtet, gegen den ich dich abschirmen musste, damit du die Gelegenheit hast, wieder gesund zu werden. Aber dieser Schild schirmt dich auch von dem Sang ab.«
Wenn er genau hinhörte, bemerkte er den Sang in sich, der als Reaktion auf das gewaltige Weben in seiner unmittelbaren Umgebung rastlos herumwirbelte, aber er war irgendwie gedämpft, unterdrückt, eher wie die Erinnerung an den Sang als wie der Sang selbst.
»Wie lange, Tanith? Wie viel Zeit brauche ich?«
Der Umstand, dass sie einen Augenblick innehielt, bevor sie ihm antwortete, verriet ihm, dass ihm ihre Worte nicht gefallen würden. »Wochen. Vermutlich sogar Monate.« Sie holte tief Luft. »Vielleicht sogar dein ganzes Leben.«
Bevor er etwas einwenden konnte, hatte sie ihm bereits die Hände auf die Arme gelegt. Ihr Griff war überraschend fest. »Gair, es tut mir leid, aber ich weiß nicht, wie lange es dauern wird. Ich weiß nicht, wie schnell du dich selbst heilen kannst.« Besorgnis und Schmerz zeigten sich in ihrem Blick. »Der Schild wird mit der Zeit schrumpfen, wenn sich dein Geist selbst heilt, und ich kann diesen Vorgang nicht beschleunigen. Für einen Fremden ist es unmöglich, all die
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