Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
zersplitterten Erinnerungen wieder zusammenzufügen. Ich kann deinem Geist lediglich einen ruhigen Ort zum Arbeiten geben.«
Das Entsetzen zerrte mit feuchten Fingern an ihm. Sollte der Sang etwa für alle Zeit außerhalb seiner Reichweite sein? Vielleicht würde Gair ihn nie wieder berühren können, obwohl er ihn wie eine Flamme hinter Glas spürte. Möglicherweise würde er nie wieder fliegen können. Nein. Nicht das. Er betrachtete den aufgewühlten Himmel, aber er sah Aysha nirgendwo. Er würde es nicht ertragen können, nie wieder zu fliegen.
Der Schild blitzte wieder silbern auf, und eine Vielzahl von Savins wimmelnden Kreaturen rückte nach, unbarmherzig wie die Flut.
»Es muss doch etwas geben, was ich tun kann«, murmelte Gair.
»Das Beste, was du tun kannst, ist, dir einen Ort zum Ausruhen suchen«, sagte Tanith sanft.
»Ich kann mich doch nicht gerade jetzt ausruhen!« Er deutete auf den Schild und zuckte zusammen, als er sich wieder gegen die Dämonen entlud. »Ich fühle ihn, Tanith. Ich kann den Sang zwar nicht berühren, aber er kann mich berühren. Ich muss etwas tun. Wo ist Aysha?«
»Irgendwo da draußen. Sie ist uns Augen und Ohren über der Insel. Bitte, Gair, hör mir zu. Du musst dich ausruhen.«
Er drehte sich um und wollte die Mauer verlassen. Seine Knie zitterten, und er musste wieder stehen bleiben.
Masen packte ihn am Ellbogen. »Du solltest der Heilerin Folge leisten. Sie weiß, was sie sagt.«
»Ich kann nicht untätig hier herumstehen, Masen.« Er riss seinen Arm los. »Danke für alles, Tanith, aber ich kann hier nicht bleiben.«
»Gair, warte!« Sie ergriff seine Hand und versuchte ihn aufzuhalten. »Bist du immer so stur? Bitte, du bist noch nicht gesund. Du brauchst Ruhe.«
»Ich habe genug Ruhe gehabt.« Er hob ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. »Bring dich in Sicherheit. Das Kapitelhaus wird dich später noch brauchen.«
Verzweifelt hob sie die Hände, als Gair auf die Treppe zuschritt. Seine noch nicht ganz verheilten Muskeln protestierten über die Geschwindigkeit, mit der er sich bewegte. Er ignorierte alle Beschwerden; für so etwas hatte er jetzt keine Zeit. Er besaß noch immer ein Schwert, das er einsetzen konnte, falls es so weit kommen sollte.
Die Adepten drängten sich im Hof. Die meisten standen still da, hatten den Blick in den Himmel gerichtet und beobachteten die wogenden Dämonen sowie das Blitzen des Schildes. Einige hielten den Kopf gesenkt, und Gair hörte etliche Gebete, während er sich einen Weg durch sie hindurch zur Haupttür bahnte.
Als er den Vorraum der Eingangshalle betrat, packte ihn eine Hand am Ärmel. Es war Sorchal, und seine andere Hand lag auf dem Griff des Degens an seiner Seite.
»Ich dachte, du hilfst beim Schild«, sagte er.
»Das würde ich auch, wenn ich könnte. Aber Tanith hat es mir untersagt.« Gair deutete auf seinen Kopf. »Und was ist mit dir? Du bist nicht draußen bei den anderen Adepten.«
Der Elethrainer seufzte. »Ich habe keine große Gabe. Es hat keinen Sinn, draußen bei den anderen zu stehen wie das fünfte Rad am Wagen. Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, diese Wesen zu töten. Sie zerren ganz schön an meinen Nerven.«
»Vielleicht gibt es eine«, sagte Gair. »Warum holst du nicht Haral, damit er die Waffenkammer aufschließt? Nimm jeden, der das eine Ende einer Waffe vom anderen unterscheiden kann und der nicht anderswo gebraucht wird, und sorge dafür, dass sie ausgerüstet werden. Wir benötigen sie vielleicht zum Schutz der Meister, falls der Schild fallen sollte.«
In Sorchals grünen Augen glitzerte es. »Ich habe schon alle Mädchen gefragt, ob sie mit mir tanzen wollen, da kann ich genauso gut jetzt auch die Dame Tod fragen. Wohin gehst du?«
»Ich will dasselbe tun wie du. Ich mache mich zum Kampf bereit.«
Sorchal machte sich sofort auf die Suche nach dem Waffenmeister, und Gair begab sich weiter ins Innere des Kapitelhauses. Die Eingangshalle war leer, und seine Schritte hallten von den Wänden wider, als er zur Treppe lief, dann hocheilte und den stillen Gang zu seinem Zimmer entlanghastete. Sogar hier drinnen spürte er, wie sich der Schild auflud und wieder entlud. Es prickelte dort, wo der Sang in ihm sein sollte, und fühlte sich an wie Balsam auf einem aufgescheuerten Knie. Als er mit seinem Schwert wieder auf den Gang trat, stand Darrin unsicher vor ihm.
»Gair?« Die dunklen Augen des Belisthaners lagen tief in ihren Höhlen.
»Solltest du nicht auf dem Hof bei den
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