Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
Seidenpapiers, das die folgende Illustration schützte. Er hob das erste behutsam an, und vor Verwunderung klappte ihm der Kiefer herunter. Die Zeichnung war vorzüglich. Jede Linie war fließend und anatomisch genau; der Stift des Künstlers hatte die gesamte Anmut der Nackten widergegeben und all die zitternde, bebende Energie eines Lebens, das in einem bestimmten Augenblick eingefangen worden war. Es war atemberaubend. Goran streckte den Finger aus und wagte es kaum, mit der Spitze die Wange des lieblichen Geschöpfs vor ihm auf der Seite zu berühren. Es war nur eine Zeichnung, aber er glaubte, die flaumige Haut und das rasche Pulsen des Blutes darunter zu spüren. Unter seiner Hausrobe bemerkte er das erste Zucken der Erregung, schloss die Augen, genoss es. Ja . Er spreizte die Beine, um sich selbst mehr Platz zu verschaffen, und nahm noch einen Schluck Branntwein. Es war keine Eile nötig. Er hatte viel Zeit, um den Festschmaus auf seinem Tisch zu genießen.
Sein Blick glitt wieder über die Illustration, von dem geschwungenen Hals zu den süßen, flachen Brustwarzen. Langsam, ganz langsam, nimm dir Zeit . Seine Erektion wuchs, drückte gegen die Robe, und das war nur die erste Tafel! Insgesamt waren es zwanzig – zwanzig vollkommene, wunderbare Körper, die er genießen würde. Er zählte die Rippen bis zum Bauch, der straff gespannt war, und die Leistengegend war glatt rasiert. Nun schlug sein Herz schneller, und ihm wurde schwindlig. Ja, das ist wirklich ein Schatz .
Er nahm noch einen Mundvoll Branntwein, um den Magen zu wärmen, dann stahl sich seine Hand unter die Robe. Er musste nicht mehr warten, konnte nicht mehr warten. Seine Hoden waren schon gespannt und voll. Schweiß überzog sein Gesicht. Er schloss die Finger um das schmerzende Glied und begann zu reiben.
Jemand klopfte an der Haustür. Goran schloss die Augen und murmelte ein kleines Gebet, damit der Besucher – wer immer es sein mochte – wieder verschwand. Dann riss er die Augen auf, und seine geschäftige Hand erschlaffte. Wer konnte es sein, zu dieser Nachtzeit, hier draußen auf seinem Landsitz? Das Klopfen ertönte abermals, und vermutlich lag seine Haushälterin in ihrem Daunenbett am anderen Ende des Hauses. Er würde selbst an die Tür gehen müssen. Verdammt, verdammt, verdammt .
Vorsichtig legte er das Seidenpapier wieder über die Zeichnung und schloss das Buch. Er wischte sich mit einem Taschentuch über das Gesicht, schloss die Tür seines Arbeitszimmers auf und schlurfte hinaus in die Diele. Die dicke Haustür erzitterte in ihrem Rahmen, als der späte Besucher wieder klopfte, heftiger als zuvor.
»Ja? Wer ist da?«, rief Goran wütend.
»Wir müssen reden, Ältester«, sagte eine Stimme, vor der er zurückschreckte. Seine Erektion klang ab. Rasch richtete er seine Robe, schob die Riegel zurück und riss die Tür auf. Eisige Luft wirbelte ihm um die Beine. Ein schmaler, fuchsgesichtiger Mann in abgetragenen Reisekleidern lehnte an der Wand. In seiner Jacke klaffte ein Riss, der so lang war wie seine Hand.
»Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht herkommen sollst, Pieter.«
Der Mann stieß sich von der Wand ab und richtete sich auf. Er sah müde aus, und sein Blick wirkte noch matter und unsteter als üblich. »Ich habe Informationen. Darf ich hereinkommen?«
Widerstrebend trat Goran zur Seite. »Warum hast du mir nicht einfach eine Nachricht geschickt? Warum kommst du hierher, wo dich jemand sehen könnte?«
Ein wölfisches Lächeln erschien auf Pieters Gesicht. »Euer Landhaus ist mehr als eine Meile von der Straße entfernt, und es ist schon weit nach der Abendglocke, Ältester«, sagte er und trat über die Schwelle. »Wenn mich jemand gesehen hat, dann ist er in noch dunkleren Angelegenheiten unterwegs als ich. Ich glaube, unser Geheimnis ist gewahrt.«
Gereizt murmelte Goran etwas und führte seinen Besucher ins Arbeitszimmer. Pieter betrachtete die Holzvertäfelung und die dicken Wandbehänge mit derart habgierigem Blick, als würde er den Wert der Einrichtung zusammenrechnen. Goran warf rasch das Samttuch über sein Buch und schob es beiseite zu den Arbeitspapieren.
Dann schüttelte der Hexenjäger seinen Mantel ab und ließ sich unaufgefordert in einen Sessel vor dem Kamin fallen. »Ein Feuer ist mir in einer solch rauen Nacht sehr willkommen«, bemerkte er und streckte die Beine aus. Schlamm blätterte von seinen Stiefeln ab und fiel auf den guten Teppich aus Gimrael. »Ein Branntwein wäre aber noch
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