Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
werden!«
14
Darrin ließ sich auf die gegenüberliegende Bank fallen und stellte das mit einem großen Frühstück beladene Tablett vor sich auf den Tisch. »Du siehst aus, als wärest du hart geritten und dann feucht in den Stall gestellt worden«, sagte er fröhlich.
Gair nippte an seinem Tee. »Dann sehe ich so aus, wie ich mich fühle.«
»Hast du nicht gut geschlafen?«
»Nein. Zu warm.«
»Du vermisst den eisigen Kuss des leahnischen Winters, wie?« Der Belisthaner legte eine dicke Scheibe Butter auf ein Stück Gewürzbrot und biss herzhaft hinein. »Du wirst dich daran gewöhnen. Ich habe den Schnee immer gehasst. Ich glaube, ich bin auf dem falschen Breitengrad zur Welt gekommen.«
Er schob sich den Rest des Brotes in den Mund und butterte schon eine zweite Scheibe, als er die erste noch nicht heruntergeschluckt hatte.
Gair hatte einen gesunden Appetit, aber er hatte noch nie jemanden gesehen, der das Essen so in sich hineinstopfte wie Darrin. »Ich frage mich, wie du es schaffst, dich bei deinen Essgewohnheiten nicht andauernd übergeben zu müssen.«
»Ich bin mit vier Brüdern aufgewachsen. Ich musste entweder schnell essen oder hungrig bleiben.« Darrin deutete mit dem Kopf auf Gairs Schwert, das an der Wand lehnte. »Hast du geübt?«
»Ich roste ein, wenn ich es nicht tue.« Gairs Kiefer knackte, als er ein Gähnen unterdrückte. »Bei allen Heiligen, ich könnte gleich wieder ins Bett gehen.«
»Nehmen die Meister dich noch immer hart ran?«
»Das kann man so sagen. Ich hatte bisher nicht einmal einen freien Tag. Zeig uns dies, wehre dich gegen jenes – Coran hat mich gestern mit Fischen beworfen. Er hat gesagt, er wollte sehen, wie ich auf das Unerwartete reagiere.«
Auf den ersten Blick wirkte Coran sanft, aber hinter seinen zwinkernden Augen und dem rosenknospengleichen Mund verbarg sich ein Geist aus poliertem Yelda-Stahl. Die sengenden Feuerbälle waren keine Überraschung gewesen, und Gairs Schild hatte sie mit Leichtigkeit abgewehrt, so wie den Eissturm, der danach gekommen war, auch wenn ein paar scharfe Kristalle in sein Gewebe eingedrungen und dort wie die Stacheln eines Igels stecken geblieben waren, bevor er in der Lage gewesen war, sie abzulenken. Coran hatte an der Seite gestanden, die Hände hinter dem Rücken gefaltet, und auf seinem rundwangigen Gesicht hatte sich eine gewisse Belustigung gezeigt. Sein Lächeln hatte nicht einmal nachgelassen, als plötzlich das Sperrfeuer aus Fischen eingesetzt hatte.
Die Makrelen waren natürlich eine Illusion gewesen, aber sie hatten verblüffend echt gewirkt, als sie von Gairs Schild abgeprallt und über den Hof gezuckt waren. Er hatte beinahe die Kontrolle verloren, und ihm war beim Anblick der nach Atem ringenden Fische die Kinnlade heruntergeklappt, aber es war ihm gerade noch gelungen, das Ende des schützenden Gewebes zu packen, als es sich gerade zu lösen drohte, und es wieder ganz um sich zu legen.
Darrin lachte schallend, als Gair die Geschichte erzählte. »Das nenne ich unerwartet – ein Fischregen aus heiterem Himmel!«
»Er ist ein zutiefst hinterhältiger Mensch.«
»Da hat es besser dich als mich getroffen! Ich bin kein großer Schild-Weber.« Darrin mopste die letzte Feige von Gairs Teller.
»He, hol dir selbst welche!«
»Es geht schneller, deine zu stehlen – ich liebe Feigen. Spielen wir nach dem Abendessen Schach?«
»Ja, gern, falls ich dann noch wach sein sollte. Ich werde versuchen, diesmal länger als dreiundzwanzig Züge zu spielen.«
»Würdest du darauf eine kleine Wette abschließen?«
Gair fuhr mit den Händen durch die Luft. »Keine Wetten!«
»Spielst du nicht, oder glaubst du, du könntest verlieren?«
»Beides. Ich spiele grundsätzlich nur um die Ehre.«
»Wenn es dir um die Ehre geht, dann schlage ich vor, dass du bald mal ein paar Spiele gewinnst.«
Endlich kann ich zu dir sprechen . Ohne jede Vorwarnung erschallte plötzlich Ayshas Stimme in Gairs Kopf. In einem Befehlston wie ein Kreis schallender Trompeten. Komm in mein Arbeitszimmer, und beeil dich. Fünfter Stock, Westseite . Dann schwieg sie.
»Du siehst aus, als hätte man dir gerade in den Hintern gekniffen«, sagte Darrin.
»Meisterin Aysha«, erklärte Gair. »Ist sie immer so direkt?«
»Für gewöhnlich ja.« Der Belisthaner nahm seinen Teebecher auf. »Ich vermute, sie hat dich endlich zu sich gerufen?«
»Ich war der Meinung, heute Morgen Unterricht bei Meister Brendan zu haben, aber anscheinend ist dem nicht
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