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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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linke Wange wirkte aufgrund einer alten Narbe wie zerknittert. Wenn er lächelte, hob sich die Narbe bis zu seiner Oberlippe und sorgte für ein schurkenhaftes Grinsen.
    »Haral. Waffenmeister«, sagte er. »Wer hat dir den Schwertkampf beigebracht?«
    »Selenas von Dun Ygorn.«
    »Oben im Mutterhaus, ja? Ich verstehe.«
    Das Holzschwert in seiner Hand raste auf Gairs Rippen zu. Instinktiv hob Gair seine Waffe, um den Schlag zu parieren, aber der stämmige Syfrier hatte sein Schwert bereits wieder zurückgezogen, und so fraß der Stahl kaum einen Splitter aus dem Holz.
    »Schnelle Hände«, sagte Haral und trat einen Schritt zurück. »Er war ein guter Lehrer.«
    »Kennt Ihr ihn?«
    Der Waffenmeister stellte das Holzschwert an die Wand neben die anderen und rieb sich den Staub von den Händen. »Ein bisschen, aus dem Krieg. Hat er noch diesen Qatan?«
    »Ja.«
    »Befiehlt er seinen Schülern noch immer, sich nur mit zwei Messern bewaffnet gegen ihn zu stellen?«
    »Manchmal auch mit einem Kampfstab oder einer abgebrochenen Lanze. Er sagt, man weiß nie, was man zur Verteidigung in der Hand haben wird.« Gair warf das Handtuch über das Geländer und steckte sein Schwert in die Scheide.
    »Das ist wohl wahr«, meinte der Syfrier und grinste. »Das eigene Schwert könnte brechen oder dir weggenommen werden, und dann musst du das Erstbeste nehmen, was dir in die Hand fällt. Ich habe einmal eine Frau gesehen, die nur mit einer Bratpfanne gegen einen Qatan gekämpft hat, und sie hat ihren Feind ziemlich alt aussehen lassen – zumindest für ein paar Minuten. Zeig mir deine Hände.«
    Gairs Hände waren dunkel vom Ledergriff des Schwertes, aber die Narbe auf der Handfläche war deutlich sichtbar. Haral schien sie nicht weiter zu beachten, zog beide Hände zu sich heran und fuhr mit dem schwieligen Daumen über die Blasen an den Fingern und auf der Innenseite der Hand.
    »Und auch ein Bogenschütze – aber natürlich, du bist ja ein Leahner. Vermutlich hast du dir die Zähne mit dem alten Langbogen deines Papas geputzt, was? Drück zu.«
    Gair packte Harals Hände so fest wie möglich. Seine Schultern brannten, als der Syfrier ihm endlich andeutete, er könne loslassen. Danach musste Gair die Finger mehrfach beugen, bis er wieder etwas in ihnen spürte.
    »Sie haben dich also nicht völlig zugrunde gerichtet. Wie fühlt sich das an?«
    »Es ist nicht perfekt, aber es geht. Meister Haral, wie lange habt Ihr mich beobachtet?«
    »Heute etwa eine Stunde und an den anderen Tagen dieser Woche jeweils ungefähr eine halbe, da ich mehr zu tun hatte.« Er deutete zur Ostseite des Hofes hinüber, wo etliche Sprossenfenster oberhalb des überdachten Weges zu erkennen waren. »Meine Räume liegen da oben. Wie die Kirchenleute neige ich dazu, mit den Spatzen aufzustehen. Dir zuzusehen ist für mich eine angenehme Ablenkung vom Papierkram. Mit oder ohne Waffe nehme ich es mit jedem Mann auf, aber wenn die Bücher der Rüstkammer bilanziert werden müssen …« Haral grinste trocken. »Ich bin kein guter Buchhalter.«
    Er kratzte sich am Kinn und runzelte nachdenklich die Stirn. »Bis zum Frühstück ist es noch ungefähr eine halbe Stunde. Hast du Lust, ein wenig mit mir zu üben?«
    Das war verführerisch, doch Gair sagte: »Danke für das Angebot, Meister Haral, aber ich glaube, ich habe für heute genug. Um acht Uhr habe ich Unterricht bei Meister Brendan, und vorher brauche ich unbedingt ein Bad.«
    »Verstanden. Vielleicht ein andermal. In meiner Klasse ist noch Platz für einen Schüler, wenn du willst. Zweimal die Woche. Ich kann dir nicht so viel Verschiedenes bieten, wie du vielleicht gewohnt bist, aber es wird dich stärker fordern als diese Einzelübungen.«
    »Das klingt gut. Vielen Dank.«
    »Um die Wahrheit zu sagen, würdest du mir damit einen Gefallen tun. Ein paar von meinen Schülern glauben, dass ein altes, abgehalftertes Kriegspferd wie ich ihnen nichts mehr beibringen kann. Du könntest sie ein wenig wachrütteln.«
    »Wenn ich für ein paar Stunden vom Unterricht wegkäme, würde ich dafür sogar den Stallhof fegen«, gab Gair zu. Er nahm sein Schwert auf und warf sich den Schwertgürtel über die Schulter.
    »Hin und wieder muss ein Mann mehr bewegen als nur seinen Geist«, sagte Haral. »Komm übermorgen auf den Hof, und zeig mir, was Selenas dir sonst noch so alles beigebracht hat. Das könnte sehr … erhellend für mich sein.« Dann lachte er schallend. »Das ist etwas, worauf sie nicht gefasst sein

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