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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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so.«
    »Sie stellt alle neuen Schüler irgendwann auf die Probe. Ich bin überrascht, dass sie sich erst jetzt um dich kümmert.«
    »Was für eine Probe?«, fragte Gair, obwohl er vermutete, bereits die Antwort zu kennen. Er trank seinen eigenen Becher leer und stellte die Teller auf das Tablett.
    »Hast du noch nicht davon gehört? Sie ist eine Gestaltwandlerin. Angeblich sucht sie nach jemandem, der genauso ist wie sie. Sie verbringt ihre ganze Zeit damit, wie eine Möwe über die Insel zu fliegen, und ich vermute, sie sehnt sich nach Gesellschaft.«
    »Hat sie dich auf die Probe gestellt?«
    »Sie hat einen Blick auf mich geworfen und ist sofort zu dem Ergebnis gekommen, dass ich keiner tieferen Erforschung wert bin.« Darrin lachte. »Mach dir aber keine Sorgen. Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass du die Gabe besitzt. Sie ist unglaublich selten. Aysha ist schon fünfzehn Jahre hier und hat noch nie ihresgleichen gefunden.«
    Langsam stellte Gair seinen Becher auf das Tablett. Wenn er die Wahl gehabt hätte, dann hätte er es niemandem erzählt. Er hätte sein Geheimnis gewahrt und es als das Einzige festgehalten, was ihm nicht genommen werden konnte. Das Fliegen war seine Fluchtmöglichkeit. Wenn Aysha nicht gewesen wäre, hätte er es nicht einmal den anderen Meistern gezeigt.
    »Meisterin Aysha war eine der sechs, die mich am ersten Tag geprüft haben«, sagte er schließlich.
    Darrin brauchte einen Augenblick, bis er begriffen hatte. Er setzte seinen Becher so hart auf dem Tisch ab, dass ihm der Tee über die Hand schwappte.
    »Bei allen Höllenfeuern«, keuchte er; seine Augen waren so rund wie Bauernbrote. »Du kannst …? Blut und Steine! Wie lange weißt du es schon?«
    »Seit etwa zehn Jahren. Darrin …«
    »Wie ist es? Es muss doch wunderbar sein, so etwas tun zu können. Kannst du es mir zeigen?«
    »Eines Tages, wenn du willst. Ich muss jetzt gehen.« Gair nahm sein Tablett und schritt auf die Theke zu. Der Belisthaner eilte hinter ihm her und versuchte ihm Fragen zu stellen und dabei den Rest seines Tees zu trinken, ohne noch mehr zu vergießen, während er mit Gairs langen Schritten mitzuhalten versuchte. Ein nicht allzu schüchterner Ellbogenstoß in Darrins Rippen war nötig, um ihn dazu zu bewegen, leiser zu sein, damit die anderen Anwesenden ihn nicht hören konnten. Als sie sich in die Schlange vor der Tablettabgabe einreihten, trat Darrin wie ein kleiner Junge, der dringend zur Toilette muss, vom einen Fuß auf den anderen und kaute vor lauter Anstrengung, seine Fragen für sich zu behalten, auf seiner Unterlippe herum.
    In dem Augenblick, in dem die Tür des Refektoriums hinter ihnen zuschwang, brach seine Empörung aus ihm hervor. »Ich kann einfach nicht glauben, dass du mir das verheimlicht hast!«
    »Darrin, ich kenne dich erst seit zwei Wochen, und während dieser Zeit haben mich die Meister jeden einzelnen Tag ausgelaugt. Wann hätte ich die Zeit haben sollen, dir etwas zu sagen? Außerdem ist es bloß eine Fähigkeit unter vielen, wie zum Beispiel Pfeifen oder Singen.«
    » Bloß eine Fähigkeit . Du kannst dich in jedes beliebige Tier auf dem grünen Erdball der Göttin verwandeln und sagst dazu nur, das sei bloß eine Fähigkeit ?« Darrin stieß ein ungläubiges Lachen aus. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, stemmte dann die Hände in die Hüften und bedachte Gair mit einem anklagenden Blick. »Ich kann es einfach nicht glauben, dass du mir das verschwiegen hast.«
    »Es tut mir leid, aber das ist nichts, was man schon zwei Minuten nach der gegenseitigen Vorstellung beiläufig im Gespräch fallen lässt, oder? Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen; ich bin übrigens ein …« Zwei Adepten schlenderten auf dem Weg zum Frühstück an ihnen vorbei. Gair schwieg, bis sie im Refektorium verschwunden waren, dann fuhr er fort: »… ein Gestaltwandler. Jetzt, da du es weißt, kannst du es bitte für dich behalten? Ich will nicht, dass alle mich anstarren.«
    »Ist das der Grund, warum du aus dem Mutterhaus geflogen bist?«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass sie das je herausgefunden haben.«
    »Und du bist wirklich wie sie? Du kannst dich also in eine Möwe und dergleichen verwandeln?«
    »Ich glaube, sie bevorzugt Falken, aber ja. Darrin …«
    »Und was ist dein Tier? Kannst du außer deiner eigenen nur eine einzige Gestalt annehmen oder mehrere? Tut es weh?«
    Gair hob die Hände und unterbrach seinen Fragenstrom. »Langsam, langsam! Ja, ich kann mehr als eine Gestalt

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