Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Ende sein können, wenn du keinen Unterschlupf gefunden hättest.«
    »Ein weiser Mann vermeidet den Pass im Winter.« Sor rührte in seiner Suppe herum.
    »Der Zufall macht uns alle manchmal zu Narren.« Die Suppe war dick vor Gerste, und bereits ein Löffel davon half, die Kälte aus Masens Knochen zu vertreiben. »Ich nehme an, ihr wäret auch nicht hier, wenn ihr eine andere Wahl gehabt hättet.«
    »Wieso sagst du das?«, fragte Duncan.
    »Jäger so weit weg von ihren Clans, die eine Beute über den Pfeifer-Pass verfolgen, über die sie mit gewöhnlichen Menschen nicht sprechen wollen?« Masen machte es sich auf seinem zusammengefalteten Mantel noch etwas bequemer. »Begleitet von einem Sucher? Das ist doch ein Aufhänger für eine ganz spannende Geschichte.«
    Sor tauschte einen raschen Blick mit seinem Bruder aus. »Ja, das stimmt.« Mit mechanischen Bewegungen aß er noch etwas Suppe, als wäre es eine Arbeit, die vollendet werden musste, ihm aber kein Vergnügen bereitete.
    »In meiner Tasche da hinten ist eine Flasche mit ordentlichem Branntwein, falls ihr Becher habt«, sagte Masen. »Ich habe das Gefühl, in dieser Nacht könnten wir dankbar für einen guten Tropfen sein.«
    Duncan holte Becher und Flasche und kehrte dann zu seinem Nachtmahl zurück. Masen goss jedem eine großzügige Portion ein und prostete Sor zu, der dankbar nickte.
    »Wir waren in der Westermarsch auf Patrouille, als wir auf einen Wildhüter stießen, der sogar für einen Eldannar sehr schnell und mühelos ritt. Vor einem oder zwei Tagen hatte es einen Angriff auf ihre Herde gegeben. Sie hatten acht Stuten, ein Dutzend Fohlen und noch ein weiteres halbes Dutzend anderer Tiere verloren, die sie der Gnade der Göttin hatten überantworten sollen. Sie wussten nicht, was für eine Bestie das getan hatte, aber sie hatte die Herde in der Nacht gerissen und nicht aus Hunger, sondern im Blutrausch getötet. Wir sind ausgeritten, um ihnen zu helfen, aber als wir die anderen erreichten …« Sor kippte den Rest des Branntweins hinunter und stellte den Becher auf den Boden. »Bitte frage mich nicht, was wir dort gesehen haben.«
    Ohne ein Wort beugte sich Masen vor und füllte Sors Becher bis zum Rand.
    »Sie verlieren immer ein paar Tiere an die Wölfe oder an die Felsenkatzen, die in einem harten Winter bis ins Tal kommen«, sagte Duncan leise. »Aber so wie dort ist es nie. Der Eldannar hatte gesagt, dass diese Herde nicht die erste war, die angegriffen wurde. Es war auch weiter südlich geschehen, und ein Bauer am Rande der Südermarsch hat in einer einzigen Nacht zwanzig Rinder verloren. Sie alle wurden abgeschlachtet, aber keines aufgefressen.«
    Rechts von Masen erzitterte Cara und machte ein Segenszeichen über ihrem Herzen.
    Nachdenklich nahm er einen kleinen Schluck Branntwein. Es war nicht vollkommen unmöglich, aber doch sehr unwahrscheinlich, dass sich irgendwo in der arennorischen Ebene ein offenes Tor befand. Den Clans war der Sang so nahe wie der eigene Schatten; ihre Sprecher hätten ein Tor in einem Umkreis von zwanzig Meilen um ihr Clangebiet bemerkt und nach einem Torwächter gerufen. Handelte es sich vielleicht um einen Riss im Schleier? Das war am wahrscheinlichsten. Wenn er am Hohen Brindling schwächer wurde, dann war das auch dort in der Ebene möglich. Es blieb aber noch die Frage, was hindurchgeschlüpft war. Grundgütige Mutter, es konnte alles Mögliche sein.
    Kael setzte seinen Wetzstein ab, hielt den Dolch gegen das Licht und suchte die Klinge nach Mängeln ab. Ohne den Blick von ihr zu nehmen, sagte er: »Ich weiß, was hindurchgekommen ist, Gaeden . Ein Höllenhund.«
    Er steckte den Dolch zurück in die Scheide, nahm einen weiteren von seiner Hüfte und bearbeitete auch ihn mit dem Wetzstein. Erneut tauschten die Brüder rasch einen Blick, und dann fuhr Duncan mit der Geschichte fort. »Kael spürte das Biest, sobald wir nur noch eine Meile vom Ort des Angriffs entfernt waren. Er sagte, er könne es riechen und das Falsche in seinem Geist fühlen. Ich verstehe nicht, wie er das macht, aber er vermag einer solchen Spur zu folgen, als wäre sie eine breite Kaiserstraße. Er hat sich so schnell wie möglich allein an die Verfolgung der Kreatur gemacht und ist ihr rasch näher gekommen. Vielleicht hat sie kehrtgemacht oder sich auf die Lauer nach ihm gelegt, jedenfalls haben wir ihn, als wir ihn eingeholt hatten, nachdem wir uns so gut wie möglich um die Eldannar gekümmert hatten, schwer verwundet angetroffen,