Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
und sein Pferd war völlig ausgeweidet. Als er zwei Tage später das Bewusstsein wiedererlangt hat, hat er uns gesagt, was er gesehen hat.« Sein Mund zuckte vor Abscheu, und er starrte in den Becher, den er zwischen seinen Händen hielt.
»Es war Maegerns Hund«, sagte Sor. »In voller Lebensgröße und stinkend wie ein Leichenhaus. Kael verfolgt die Bestie, seit er wieder auf einem Pferd sitzen kann. Sie ist nach Norden gelaufen, auf den Pass.«
Masen stieß die Luft aus. Das war schlimmer, als er es sich hätte vorstellen können. Einer der Hunde streunte nun herum, wo der Schleier zerriss? Würde die Wilde Jagd wieder entfesselt? Die Göttin möchte ihnen beistehen.
»Ich habe auf meiner Reise vom Brindling herunter nichts gesehen«, sagte er. »Kael hat recht, ich bin ein Gaeden . Ein Torwächter. In den Bergen habe ich eine Schwäche im Schleier entdeckt. Wenn das, was Kael gesehen hat, der Wahrheit entspricht, muss ich befürchten, dass der Schleier bereits zerrissen ist. Wer weiß, was als Nächstes den Riss findet und hindurchschlüpft?« Masen seufzte. »Die Lage ist sogar noch gefährlicher, als ich vermutet hatte. Wenn ihr den Höllenhund weiter verfolgen wollt, müsst ihr sehr vorsichtig sein.«
»Das habe ich vor«, sagte Kael und fuhr mit dem Wetzstein liebevoll über die Klinge in seiner Hand. »Mit diesem Hund habe ich noch eine Rechnung zu begleichen.«
»Mit Stahl allein wirst du ihn nicht töten, Kael«, warnte Masen ihn, aber das schien den Clansmann nicht abzuschrecken.
»Wie dem auch sei«, sagte er, »diese Sache bringe ich zu Ende.« Er schaute auf, und seine schwarzen Augen fixierten Masen über den zuckenden Schein des Feuers hinweg. »Was hast du in deiner Tasche, Gaeden ? Es zieht an mir.«
»Das hier?« Masen fischte den Nagel heraus und hielt ihn an seinem Faden hoch. Der Nagel drehte sich zuerst im Uhrzeigersinn und dann dagegen, als sich der Faden entwirrte, und wurde schließlich langsamer. »Auf diese Weise finde ich die Tore zum Verborgenen Königreich. Ich kann sie spüren, wenn ich nahe genug bin, aber das hier zeigt mir den Weg wie ein Kompass.«
»Was ist das?«
»Ein Hufnagel. Ich bin vor vielen Jahren im belisthanischen Moor darüber gestolpert. Als ich ihn fand, wusste ich nicht, worum es sich handelte, aber als ich mit ihm zum ersten Mal an einem Tor vorbeigekommen bin, hat das Verborgene Königreich so heftig an ihm gezerrt, dass mir der Nagel beinahe die Hosentasche zerrissen hätte.«
Cara streckte den Finger aus und berührte den Nagel; ihre Miene drücke Verzückung aus. »Das ist von der anderen Seite? Aus der Schattenwelt?«, fragte sie und wollte ihn in die Hand nehmen. Sie runzelte die Stirn, als ihr der Nagel wie feuchtes Eis durch die Finger glitt. Sie versuchte es noch einmal, hatte wieder keinen Erfolg, zog die Hand zurück und rieb die Finger aneinander. »Das ist weder Eisen noch Stahl. Es ist … glitschig. Ich kann es nicht anfassen.«
»Kein Fleisch kann das. Ich musste einen Faden darum binden, um ihn aufzuheben.« Masen hielt ihn auf Augenhöhe, sah das Spiegelbild seines Gesichts in der flüssigen silbernen Oberfläche und ließ ihn wieder in seine Tasche gleiten. »Eines Tages werde ich ihn in einen Fluss fallen lassen, und dann ist er weg. Das wird der Tag sein, an dem ich mich auf mein Altenteil zurückziehen werde.«
Duncan lachte, aber Kael grunzte nur säuerlich und stand auf. »Nicht, bevor alle Tore geschlossen sind, Gaeden «, sagte er. »Wir sollten keinen Umgang mit dem Verborgenen Königreich haben. Dort herrscht das Böse.« Er legte sich seinen Mantel um die Schultern und ging zur Tür. »Ich übernehme die erste Wache.«
Kurz darauf rollten sich die anderen in ihre Decken und schliefen ein. Leise ging Masen zum hinteren Ende des Gewölbes und sah nach Brea, dann holte er seinen eigenen Schlafsack aus seinem Gepäck und breitete ihn auf dem Boden aus.
Er erwachte, als Kael wieder hereinkam und sich den Schnee aus dem Mantel schüttelte. Masen wartete, bis Duncan, der die nächste Wache übernahm, das Gewölbe verlassen hatte, dann stand er auf, schlurfte um das Feuer herum und hockte sich neben Kael.
»Was willst du?«, fragte der Mann angespannt, bevor Masen etwas sagen konnte.
»Nur ein wenig von deiner Zeit. Wie lange weißt du schon, dass du ein Sucher bist?«
»Was geht dich das an?« Kael zog seine Decke enger um sich und wandte ihm den Rücken zu.
»Verzeih mir, aber ich bin neugierig. Das ist eine sehr unübliche
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