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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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und die Sandalen abstreifte, bis sie schließlich barfuß und nur mit Slip und BH bekleidet am Seeufer stand.
    »Müssen wir erst ins Wasser gehen?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete sie und kam zu ihm. »Das können wir auch noch hinterher machen.«

    Seine Lust auf sie war derart überwältigend, dass er sich manchmal wie ein unbeholfener, schüchterner Jugendlicher fühlte. Heute aber zwang er sich zur Ruhe. Spielte mit ihr. Küsste sie. Versicherte sich, dass sie ebenso erregt war wie er. Er suchte nach der Brieftasche und dem Kondom, das ihr so wichtig war, aber dieses Mal hielt sie ihn zurück.
    »Es ist so ein schöner Tag«, sagte sie. »So ein schöner Ort. Lass uns hier ein Kind machen, was meinst du?«
    Ihm fehlten die Worte. Aber er ließ die Brieftasche fallen und drückte sie ein paar Minuten fest an sich, ehe er sie ins Gras legte und ihr zu geben versuchte, was sie so gerne wollte.
    Anschließend schwammen sie im tiefen, kühlen Wasser. Barbara hatte nie richtig schwimmen gelernt und paddelte eher herum wie ein Hund, so dass sie schließlich ihre Arme um seinen Hals legte und sich ziehen ließ, während er auf dem Rücken schwamm und sie beide über Wasser hielt. Sie sah ihm in die Augen.
    »Liebst du mich?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Auch wenn ich eine alte Frau bin?« Sie war neun Jahre älter als er, und das machte ihr Sorgen. Ihm war das egal.
    »Wie wahnsinnig«, sagte er. »Und du bist nicht alt.«
    »Pass auf mich auf«, sagte sie und legte ihm den Kopf auf die Brust. Die Zärtlichkeit und die Fürsorglichkeit, die er plötzlich spürte, überrumpelten ihn.
    »Immer«, murmelte er und fragte sich, ob Barbara und er die Familie sein konnten, die er im Traum gesehen hatte. Ob dieser Traum so zu verstehen war. Barbara und er, in dem Haus in der Nähe von Krakau. In nicht allzu ferner Zukunft.
    Vorher mussten sie nur noch etwas erledigen.

     
    Samstags fühlte Sigita sich immer am einsamsten.
    Die Woche verging schnell: Die meiste Zeit war mit Arbeit gefüllt, und wenn sie abends gegen sechs Mikas aus dem Kindergarten abgeholt hatte, folgte der Rest des Tages einem festen Schema - Essen kochen, baden, ins Bett bringen, Kleider für den nächsten Tag herauslegen, aufräumen und ein bisschen fernsehen. Manchmal schlief sie schon bei den Nachrichten ein.
    Dann kam der Samstag. Der Samstag gehörte den Großeltern. Dann herrschte unten auf dem Parkplatz vor dem Haus schon früh am Morgen das reinste Chaos. Autos wurden mit Kindern, Taschen und leeren Holzkisten beladen, die am Sonntagabend bis zum Rand gefüllt mit Kartoffeln, Tomaten und frisch geschleudertem Honig wieder zurückkamen. Am Samstag wollten alle »aufs Land«, ob es sich dabei nun um den Schrebergarten handelte oder um den großelterlichen Bauernhof.
    Sigita musste nirgendwohin. Sie kaufte ihr Gemüse im Supermarkt. Und wenn sie sah, wie die kleine, vierjährige Sofija aus Nummer 32 über die Straße rannte und sich in die Arme ihrer hennagefärbten, sonnengebräunten Großmutter warf, tat ihr das mitunter so weh, als würde man ihr einen Arm oder ein Bein amputieren.
    Sigitas Lösung bestand auch an diesem Samstag darin, eine Thermoskanne mit Kaffee zu füllen, einen kleinen Picknickkorb zu packen und mit Mikas auf den Spielplatz beim Kindergarten
zu gehen. Das Laub der Birken, die dort am Zaun standen, glitzerte grünlich-weiß in der Sonne. Es hatte in der Nacht geregnet, und ein paar Stare badeten in einer braunen Pfütze unter der Wippe.
    »Kuckmadervogelbadet!«, rief Mikas begeistert und zeigte auf die Pfütze. Er hatte seit Neuestem begonnen, sehr schnell, aber nicht sonderlich deutlich zu sprechen. Es war nicht immer leicht, ihn zu verstehen.
    »Ja, der will bestimmt schön sauber sein. Glaubst du, der weiß, dass morgen Sonntag ist?«
    Sie hatte gehofft, dass vielleicht auch noch andere Kinder auf dem Spielplatz sein würden, wenigstens eins oder zwei, aber auch an diesem Samstag blieben sie allein. Sie gab Mikas seinen Lastwagen und den roten Eimer mit der Plastikschippe. Er liebte den Sandkasten noch immer und konnte Stunden damit verbringen, Burgen mit Wassergräben zu bauen, um die sich verschlungene Wege zogen, gesäumt von Bäumen oder Palisaden, die er mit kleinen Ästchen baute. Sie setzte sich auf die Umrandung und schloss die Augen für einen Moment.
    Wie müde sie war.
    Als ihr plötzlich nasser Sand ins Gesicht regnete, öffnete sie die Augen.
    »Mikas!«
    Er hatte es mit Absicht getan, das erkannte sie an seinem

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