Die Liga der Siebzehn: Unter Strom (German Edition)
essen? Es gibt Fischstäbchen.«
»Nein, danke.« Ich hasste Fischstäbchen.
Er wandte sich wieder zu seiner Mom. »Er wird nicht bei uns essen.«
»Essen ist um sieben fertig. Komm nicht zu spät.«
»Okay.«
Er zog die Tür hinter sich zu, folgte mir den Flur entlang und wartete hinter mir, während ich unsere Wohnungstür aufschloss. Wir waren gerade im Flur, da öffnete er schon sein Notizbuch und ließ seinen Kuli klicken. »Alles klar«, sagte er mit diesem Unterton, den er immer benutzte, wenn es um etwas Wissenschaftliches ging. »Das Erste zuerst. Heute ist Donnerstag, der vierzehnte April. Wie fühlst du dich?«
»Warum fragst du mich das?«
»Ich möchte, dass unser Experiment so genau wie möglich ist, darum versuch bitte, so genau wie möglich zu sein. Fühlst du dich mehr oder weniger elektrisch als sonst?«
»Ich fühle mich nie elektrisch«, erklärte ich.
»Aha. Also wie immer«, sagte er und kritzelte in sein Notizbuch. »Das Wetter ist okay. Ich habe vorhin schon das Barometer gecheckt. Wir haben eintausendundsiebzehn Millibar Luftdruck, und die Luftfeuchtigkeit kann man vernachlässigen.« Er stellte sich mit dem Multimeter vor mich. Es sah aus wie ein dicker Taschenrechner mit Kabeln. »Hier, klemm die an deine Finger.«
Ich sah auf die Klammern. »Die werde ich ganz bestimmt nicht an meine Finger klemmen. Die sind scharf.«
»Willst du genaue Ergebnisse oder nicht?«
Ich verdrehte die Augen. »Na gut.« Ich klemmte die Kupferkontakte um meine Finger und spürte, wie sie sich in meine Haut bohrten.
»Jetzt tu nichts, bis ich dir was sage.«
»Beeil dich aber. Diese Dinger tun echt weh.«
»Wenn ich › los ‹ sage, fängst du an, mit deiner ganzen Kraft zu pulsieren. Fünf, vier, drei, zwei … warte.«
»Was?«
»Keine Ahnung. Der Bildschirm von diesem Ding ist gerade schwarz geworden.« Er drückte ein paar Knöpfe. »Noch mal. Vier, drei, zwei, eins, los!«
Ich ballte all meine Energie zusammen. Das Krachen und Knistern von Elektrizität erfüllte den Raum, und zwischen den Klammern und meinen Fingern sprühten Funken.
»Heilige Scheiße!«, rief Ostin. Er legte das Multimeter ab und begann, in seinen Notizblock zu schreiben. »Du erzeugst achthundertvierundsechzig Volt.«
»Das hört sich viel an.«
»Alter, das ist mehr als ein ausgewachsener Zitteraal. Damit könntest du ein Krokodil lahmlegen.« Seine Augen verengten sich. »Damit könntest du jemanden umbringen.«
Die Art, wie er das sagte, gefiel mir überhaupt nicht. »Ich bin fertig«, sagte ich. Ich war gerade dabei, die Klemmen von meinen Fingern zu nehmen, als sich die Haustür öffnete und meine Mom hereinkam. Ostin versteckte schnell das Gerät hinter dem Rücken. Ich sah sie verwundert an. »Mom, was machst du denn hier?«
»Ich wohne hier.« Sie sah uns misstrauisch an.
»Aber du hast doch gesagt, dass du heute Abend lange arbeiten musst.«
»Irgendwie klingst du jetzt enttäuscht.«
»Nein, ich … ich bin nur überrascht.«
»Ich hatte Kopfschmerzen, deshalb haben sie mich früher nach Hause gehen lassen.« Ihr Blick wanderte zwischen uns hin und her. »Was ist hier los?«
»Nichts«, sagte ich.
»Ihr habt doch eben irgendwas gemacht. Was hast du da hinter deinem Rücken, Ostin?«
Ostin erstarrte. »Nichts.« Dabei klang es eher wie eine Frage als eine Erklärung.
Meine Mom ging auf ihn zu und streckte die Hand aus. »Zeig mal her.«
Langsam nahm er das Multimeter hinter dem Rücken hervor und hielt es ihr hin. Sie untersuchte das Gerät und drehte es in den Händen.
»Wofür ist das?«
Er schluckte. Ich hatte gehofft, er würde sich irgendetwas ausdenken wie Es berechnet Algorithmen oder so.
»Es misst Spannung.«
»Spannung? Du meinst Elektrizität?« Sie sah verwirrt aus.
»Warum solltet ihr … « Sie stockte und starrte mich an. Ich konnte sehen, wie sich die Wut in ihrem Gesicht ausbreitete. »Wie lange weiß Ostin es schon?«
Ich räusperte mich. »Keine Ahnung … eine Weile.«
»Vierunddreißig Monate und neun Tage«, platzte Ostin heraus.
Halt die Klappe , dachte ich.
Meine Mom gab Ostin das Multimeter zurück. »Du musst jetzt gehen, Ostin. Ich muss mit Michael sprechen.«
»Okay, Mrs Vey«, sagte er und beeilte sich, die Wohnung zu verlassen. »Schönen Abend noch.«
Hau nur ab, du Weichei , dachte ich.
Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, sah meine Mutter mich für ein gefühltes Jahr an. »Komm her«, sagte sie endlich. Ich folgte ihr Richtung Couch.
Weitere Kostenlose Bücher