Die Liga der Siebzehn: Unter Strom (German Edition)
den geschlossenen Jalousien, die vom Tageslicht draußen leuchteten. Neben ihm standen seine Eltern. Ostins Vater war verantwortlich für die Instandhaltung und Errichtung der Stadtparks in unserem Landkreis und war nur selten zu Hause. Ich war überrascht, ihn auch hier zu sehen. Meine Mom konnte ich nirgends entdecken.
»Wo bin ich?« Meine Zunge klebte an dem trockenen Gaumen, und ich hatte Schwierigkeiten zu sprechen.
»Schatz, du bist im Krankenhaus«, erklärte Mrs Liss. Ihr Gesicht war verzerrt vor Sorge.
»Wie bin ich hierhergekommen?«
»Sanitäter«, sagte Ostin.
»Du bist ohnmächtig geworden«, fuhr Mrs Liss fort. »Die Ärzte hatten Angst, du hättest einen Schlaganfall.«
»Wo ist meine Mutter?«
»Erinnerst du dich daran, was passiert ist?«, fragte Mr Liss.
Alleine der Gedanke daran trieb mir die Schmerzen zurück in den Kopf. »Da war ein Kerl mit einer Pistole. Dann kam dieser Mann mit zwei Jugendlichen. Einer von denen hat meiner Mutter einen Schlag verpasst.«
»Einen Schlag?«, wiederholte Mr Liss. »Was meinst du damit?«
Ich gab ihm keine Antwort, sondern sah zu Ostin. »Habe ich das alles geträumt?«
Er zuckte die Achseln. »Ich hab nur den mit der Waffe gesehen.«
»Ist meine Mutter okay?«
Ostin antwortete nicht.
Ich wandte mich an Mr und Mrs Liss. »Sie ist okay, oder?«
Mrs Liss kam näher und legte ihre Hand auf meine. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt. »Ich habe schlechte Nachrichten, Schatz. Deine Mutter ist verschwunden.«
Verständnislos sah ich sie an. »Was meinen Sie damit?«
»Die Polizei glaubt, dass sie entführt wurde«, flüsterte Mr Liss.
Mein Herz blieb stehen. Entführt? »Warum sollte sie jemand entführen?«
»Wir wissen es nicht.«
Der Schmerz in meinem Körper war nichts im Vergleich zu dem, was ich jetzt fühlte. Tränen schossen mir in die Augen. Wie hatte das passieren können? Meine Mom hatte ihr Leben damit verbracht, mich zu beschützen und für mich da zu sein, und jetzt hatte ich dabei versagt, sie zu beschützen. Ich hatte sie im Stich gelassen. Warum hatten sie nicht mich mitgenommen? Ich wollte einfach nur wieder einschlafen, in meinem eigenen Zuhause wieder aufwachen, meine eigene Mutter dort sehen und mit ihr reden. Ich wollte, dass es irgendeinen Sinn ergab. Ich wollte, dass dieser Albtraum ein Ende nahm.
17
Hauptkommissar Lloyd
A n diesem Nachmittag kam die Polizei, um mich zu vernehmen. Mr Liss war wieder zur Arbeit gegangen, hatte aber Ostin und seine Mutter bei mir gelassen. Die Polizisten waren zu zweit und trugen Uniform. Der Beamte, der am meisten redete, war älter und hatte graue Haare.
»Michael, ich bin Hauptkommissar Lloyd vom Boise Polizeirevier. Das hier ist der Kriminalbeamte Steve Pearson.«
Pearson winkte von hinten. »Hallo, Michael.«
»Hey«, gluckste ich hervor.
Hauptkommissar Lloyd wandte sich an Ostin und seine Mutter. »Wir haben ein paar Fragen an Michael. Warten Sie bitte für ein paar Minuten draußen?«
»Natürlich.« Mrs Liss legte eine Hand auf Ostins Rücken. »Lass uns gehen, Ostin.«
Ostin sah mich mitfühlend an. »Bis gleich, Kumpel.«
Nachdem wir alleine waren, kam Kommissar Lloyd an die Seite meines Bettes. Er musste meine Ticks bemerkt haben, denn er sagte: »Mach dir keine Sorgen. Wir sind hier, um dir zu helfen.«
Er umfasste die Eisenumrandung meines Bettes mit einer Hand. »Mein Junge, es tut mir wirklich leid, was mit deiner Mutter passiert ist. Die gute Nachricht ist: Wir haben den Mann, der euch überfallen hat, festgenommen. Wir versuchen nun, die Puzzleteile zusammenzufügen. Du musst mir alles erzählen, woran du dich noch erinnern kannst.«
Ich schloss die Augen. Die Erinnerung an das, was passiert war, war so schmerzhaft, als würde man ein Pflaster von einer Wunde abreißen. »Ich weiß noch ein paar Dinge«, sagte ich.
»Bitte erzähl uns, an was du dich erinnern kannst.«
Ich rollte meine Zunge im Mund herum. Sie fühlte sich dick und schwer an. Meine Tics waren ziemlich heftig. »Meine Mutter hatte uns auf eine Pizza eingeladen, weil ich Geburtstag hatte. Als wir mit dem Essen fertig waren, sind wir zu unserem Auto gegangen.«
»Du und deine Mutter?«, fragte Kommissar Pearson.
Ich nickte. »Ja. Mein Freund Ostin ist zwar mit uns rausgegangen, musste aber wieder zurück, weil er seine Jacke vergessen hatte.«
»Erzähl weiter«, ermunterte mich Hauptkommissar Lloyd.
»Meine Mutter schloss gerade den Wagen auf, als dieser Kerl wie aus dem Nichts aufgetaucht
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