Die Liga der Siebzehn: Unter Strom (German Edition)
etwas kleiner war. Sie hatte kurze, schwarze, stachelige Haare mit lila Strähnen. Übertroffen wurde das Ganze von ihrem schwarzen Make-up. Um den Hals trug sie ein schwarzes Lederhalsband mit funkelnden Steinen, die aussahen wie echte Diamanten. Sie hatte Ohrstöpsel in beiden Ohren und das weiße Kabel hing über ihren Hals.
Während der letzten Stunde hatte Taylor versucht, den Fahrer neu zu starten, obwohl sie wusste, dass das wahrscheinlich darin enden könnte, den Van zu schrotten. Ein Unfall würde zumindest die Aufmerksamkeit anderer wecken, und sie nahm lieber die Möglichkeit eines Unfalls hin, als länger bei diesen Leuten zu bleiben. Aber ihre Versuche waren nur mit einem weiteren Schmerz für sie verbunden – einem scharfen Stich in die Schläfen. Taylor beschloss, den Schmerz zu ignorieren und ein letztes Mal mit aller Kraft einen Neustart zu versuchen. Sie konzentrierte sich, sosehr sie konnte, aber der Schmerz wuchs. Es war, als würden Nadeln in ihren Kopf stechen. Sie stöhnte und gab schließlich auf.
Das Mädchen vor ihr drehte sich um und zog einen der Stöpsel aus ihrem Ohr. »Ich schlage vor, du hörst auf damit, es sei denn, dir gefällt dieser Schmerz.«
»Mit was aufhören?«, fragte Taylor mit noch immer pochendem Kopf.
»Was auch immer es ist, das du mit den Gehirnen anderer Menschen tust.«
Taylor starrte sie an. »Woher weißt du, was ich tue?«
»Ich kann es fühlen. Aber du verschwendest deine Zeit. Erstens tut es mir kein bisschen weh und zweitens wirst du es nicht schaffen, an mir vorbeizukommen.«
»Wer bist du?«
»Nichelle. Ich würde dir ja die Hand schütteln, aber«, sie machte eine Pause und lächelte, »du bist gefesselt.« Ihr Lächeln verschwand, wurde von einem finsteren Blick abgelöst. »Ehrlich gesagt würde ich dir sowieso nicht die Hand geben und die bessere Frage ist, was ich bin.«
»Was bist du?«
»Ich bin dein schlimmster Albtraum. Du solltest mich als eine Art elektrischen Vampir sehen. Und Mädchen, ich könnte mich den ganzen Tag von dir ernähren.« Sie steckte sich den Ohrstöpsel wieder ein und drehte sich um.
Taylor hatte sich noch nie zuvor so hilflos und voller Angst gefühlt. Sie dachte daran, wie Michael und seine Mutter auf sie warteten, sie dachte an ihre Eltern. Wahrscheinlich hatten sie bis jetzt nicht einmal ihre Abwesenheit bemerkt, weil sie glaubten, sie wäre noch mit Michael und seiner Mutter unterwegs. Es würde bestimmt noch bis zum späten Abend dauern, bis sie anfingen, sich Sorgen zu machen. Ihre Mutter würde mit den Nerven am Ende sein und ihr Vater auf jede verfügbare Möglichkeit zurückgreifen, die ein Polizist hat, doch bis dahin wäre sie schon weit weg, vielleicht hätte sie sogar den Staat verlassen. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als zu Hause zu sein.
»Warum tut mein Kopf so weh?«
»Das bin ich. Ich lasse dich wissen, dass ich hier bin.« Nichelle lächelte. »Ich kann den Druck auch noch ein bisschen verstärken, wenn du willst.«
»Nein, danke.«
»Ich dachte mir schon, dass du das sagen würdest.« Nichelle wandte sich jetzt komplett ihr zu und starrte Taylor in die Augen. Die Schmerzen nahmen zu, immer mehr und mehr.
»Hör auf! Bitte!«, schrie Taylor.
Das Mädchen genoss, was es tat. »Das tut weh, nicht wahr?«
Taylors Augen füllten sich mit Tränen. »Ja.«
Der Schmerz verschwand. »Siehst du? Ich bin das, was ein Elektriker ein Erdungskabel nennt. Ich entziehe dir all deine Kräfte, bis wir dich da hingebracht haben, wo du hinsollst.«
»Wo fahren wir hin?«
»Du wirst schon sehen. Ich möchte dir die Überraschung nicht verderben.«
»Warum fühle ich mich so krank?«
»Lustig, dass du fragst. Die Wissenschaftler an der Elgen haben sich dieselben Gedanken gemacht. Sie sind der Ansicht, dein Körper ist ein so hohes Maß an Elektrizität gewöhnt, dass du dich ohne sie nicht mehr normal fühlst. Das ist es, was mir so verdammt auf die Nerven geht.«
»Elgen? Wir fahren zu der Elgen Akademie?«, fragte Taylor erstaunt.
»Also willst du dich doch nicht überraschen lassen, was? Gut, wenn das so ist, wir sind auf dem Weg ins La-bo-ra-to-ri-um«, sagte sie und zog die Silben absichtlich lang auseinander wie ein durchgeknallter Wissenschaftler. Taylor konnte nicht einschätzen, ob sie komisch oder beängstigend klang, aber das war egal. So oder so, es machte ihr Angst.
»Was habt ihr mit mir vor?«
»Das Gleiche, was Wissenschaftler immer mit Labortieren tun – stechen und
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