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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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Tischen führte auf einen unwesentlich größeren Eckraum, an dessen rechter Seite sich eine Theke befand. Gegenüber saß in einer Eckbank Pochs Freund und strahlte, als er den Deutschen sah. Giovanni di Macanzone war ein schmaler, streng aussehender Mann mit zu stark zurückgegelten Haaren, die er im Nacken zu einer pomadigen Welle hatte gestalten lassen. Sein Anzug, geschneidert in Neapel, saß perfekt. Unter dem Hemd zeichnete sich seine dürre Brust ab, und sein Parfum war dezent, aber einprägsam. Poch dagegen, der schon jetzt angesichts des kurzen Ganges von der Mole bis zum Restaurant außer Atem war, schwitzte fürchterlich, was seinem Geruch eine eher stechende Note verlieh. Sie umarmten sich und küssten sich auf die Wangen, ehe Poch ächzend auf eine Eckbank fiel. Der Italiener sah ihn belustigt an.
    »Das ist alles nicht gesund, mein Freund«, ermahnte er ihn in immer noch makellosem Deutsch.
    Poch verzog das Gesicht. »Die Anreise in der Gondel hat mich schwermütig und hungrig gemacht. Was kannst du hier empfehlen?«
    Macanzone lächelte und hob kurz die Hand. Eine ältere Frau kam schlurfend zu ihnen, und er bestellte wortreich auf Italienisch. Kurze Zeit später stand ein herrlich schwerer Rotwein auf dem Tisch, Brot und Öl, welches Poch großzügig auf einen Teller goss, um das Weißbrot mit Oliven darin zu ertränken.
    »Was führt dich in diese Stadt?«
    »Ich interessiere mich für Hieronymus Bosch. Und da du lange Zeit im Ducale ein und aus gegangen bist, ehe dieser Kretin das Regiment übernahm, wollte ich von dir ein paar Hintergründe erfragen.«
    Poch spielte auf den Leiter aller Museen der Stadt an, einen Vertrauten des ehemaligen Ministerpräsidenten. Der alte Gockel war vor wenigen Wochen an einem Schlaganfall auf der Toilette gestorben. Sein Vertrauter aber durfte vorerst noch die Geschäfte weiterführen. Und so hatte Macanzone seine letzten Tage als Kurator im Stadtmuseum fristen müssen.
    »Bosch? Hier? Da ist aber der Prado die erste Adresse. Soll ich dir …?«
    Poch beugte sich zu Macanzone vor. »Giovanni, ich bin mir durchaus bewusst, dass das Museum Prado in Madrid die größte Bosch-Sammlung besitzt. Aber ich bin auf der Suche nach dem verschollenen Werk. Und erspar mir das offizielle Gewäsch. Ich bin, um ein kleines Wortspiel zu nutzen, im Bilde.«
    Macanzone sah ihn lange an, nahm sich eine kleine Olive aus einem Schälchen und begann. »Bosch hat hier gelebt. Daran gibt es keinen Zweifel. Er musste flüchten. Seine Bilder mit den Szenen der Auferstehung und der Hölle befinden sich …«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Poch unwirsch, »im Dogenpalast. Mein Freund, ich brauche etwas mehr. In Deutschland gibt es Menschen, die glauben, dass zwischen dem Ausbruch der Pocken und dem verschollenen Werk eine Verbindung besteht. Es geht da um deutlich mehr, und es ist wohl kein Schatzsuchermist, versteht du.«
    Macanzone setzte sich neben Poch, und mit einer ruckartigen Bewegung tastete er den massigen Leib des Mannes ab, der ihn erschrocken, aber auch etwas wohlwollend ansah.
    »Giovanni, bitte, nicht hier. Ich bin außerdem nicht allein gekommen.«
    Macanzone ging auf den Scherz nicht ein. »Das ist mir egal, du bist nicht der Erste, der danach fragt. Hört jemand mit? Für wen arbeitest du?«
    »Unsinn, ich habe von Freunden einen Hinweis bekommen. Diese Freunde erforschen gerade die Hintergründe des Anschlags in Deutschland. Seriöse und gute Leute.« Poch dachte an Elijah, der alles war, nur nicht seriös, aber das war nun wirklich egal. »Vertrau mir, bitte. Wer hat denn schon danach gefragt?«
    »Das kannst du dir nicht vorstellen. Eine Deutsche, sehr apart, Kunstkennerin, aber eher naiv. Sehr zwielichtige Holländer, ein Franzose. Und vor etwa vier Wochen ein übel riechender Österreicher. Ich musste sie alle enttäuschen.«
    Poch schüttelte den Kopf. »Nehmen wir einmal an, dass es dieses Bild wirklich gibt. Was ist das Besondere an dem Werk?«
    Mittlerweile hatte die Bedienung viele kleine kalte und warme Vorspeisen auf den Tisch gestellt, die Poch sofort zu verschlingen begann.
    »Offiziell wollte Bosch hier einen Auftrag entgegennehmen. Er gehörte künstlerisch ja noch in die Zeit des Mittelalters, der flämischen Gotik, wenn du so willst. Er traf hier aber auf andere Künstler wie Leonardo da Vinci. Politisch war Venedig zu diesem Zeitpunkt darauf aus, seinen Machtbereich auf das Festland auszuweiten. Nach den lombardischen Kriegen 1454 galt die Stadt als die

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