Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Zigarette. Setner wollte sich gerade echauffieren, als Faruk sie wegzog. Regina kramte ihre fast zerknüllte Schachtel aus ihrer Jackentasche und hielt sie dem Mädchen, das kaum 16 Jahre alt war, hin.
»Sag mal, wo ist denn hier eure Volksschule?«
Das Mädchen zog an der Zigarette, während Regina ihr Feuer gab. »Mmmh, bis letztes Jahr war sie hier in Rohrbrunn. Aber dann wurde sie geschlossen.«
»Und die Lehrer sind mitgegangen?«
Das Mädchen schaute verwundert. »Ja, nur die alte Jelinek ist pensioniert worden.«
Regina sah sie lächelnd an. »Ach, die kann mir vielleicht weiterhelfen. Ich suche einen alten Freund. Wo wohnt sie denn?«
»In der alten Schule, da ist auch ihre Wohnung.« Sie deutete über Reginas Rücken hinweg auf den schneebedeckten Hang.»Über die Bundesstraße, Richtung Aichberg. Vielleicht kenne ich deinen Freund ja auch. Wer ist es denn?«
»Der ist viel älter als du. Aber seine Familie, die Gusenbauers, kennst du vielleicht. Die Bauunternehmer.«
Das Gesicht des Mädchens veränderte sich schlagartig. »Und mit dem Sohn warst du mal zusammen?«
»Nur kurz, an der Uni. Wir haben lange nichts mehr voneinander gehört.«
»Und das war der Gusenbauer?«
»Ja, genau. Sind die so schlimm?«
Das Mädchen warf die gerade angerauchte Zigarette wieder weg. »Nein, aber …«
Sie drehte sich rasch zur Seite und stieß sich dann im Eis ab. Regina wollte ihr noch hinterherrufen, aber das Mädchen war schon zu weit entfernt. Faruk blickte ihr nach.
»Familie Gusenbauer scheint ja nicht sehr beliebt zu sein …«
Auch Regina schnippte ihre Zigarette in den Schnee. »Fahren wir doch mal zu der Pensionistin und fragen nach dem kleinen Ezechiel.«
»Ich würde eher mal im Archiv oder in der Dorfchronik stöbern«, entgegnete Setner.
Regina zuckte mit den Schultern. »Umso besser. Dann teilen wir uns auf. Sie schnüffeln in den Akten, und wir gehen in die Schule.«
Setner sah sie beleidigt an, schwieg aber.
Regina und Faruk fuhren westlich aus dem Ort hinaus. Die Straße zur ehemaligen Schule schlängelte sich steil nach oben.
»Was für ein Problem hast du mit der Frau Doktor? Warum bist du so unfreundlich zu ihr? Sie hilft uns doch.«
Regina schnaubte. »Ich glaube, sie hält uns nur auf.«
Vor ihrem Auto räumte ein Unimog den Schnee von der Fahrbahn. Plötzlich tauchte linker Hand ein großer Hof mit einer Fabrikhalle auf. Auf einer Freifläche standen schneebedeckte Kräne und Bagger, daneben lagen etliche Pflastersteinhaufen.
»Das ist also die Firma Gusenbauer«, bemerkte Regina leise,während sie langsam an dem Anwesen vorbeifuhr. Niemand war zu sehen. Aufgrund des Wetters schien man nicht zu arbeiten. Aber dann nahm sie drei schwarze Vans im Innenhof wahr. Doch der Unimog vor ihr bremste abrupt, und so musste sie sich wieder auf die Straße konzentrieren. Sie stellten den Wagen auf dem ehemaligen Lehrerparkplatz ab und schritten auf den Eingang zur separaten Wohnung der Schulleiterin zu. Regina las mit Mühe »Jelinek« auf dem vergilbten Klingelschild. Doch sosehr sie auch auf die Klingel drückte, es war nichts zu hören.
»Scheint defekt zu sein, wir müssen mal klopfen …«
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen.
»Was wollen Sie hier?«
Eine Dame, nicht älter als 65 Jahre, hocherhoben, die schlohweißen Haare zu einem langen Zopf gebunden, stand wie ein Racheengel mit hartem Gesichtsausdruck und veilchenblauen Augen vor ihnen. Regina erklärte, dass sie auf der Suche nach einem alten Freund von der Uni in Wien waren. Er wäre hier zur Schule gegangen. Ob sie ihnen weiterhelfen könnte. Die Frau sah an Regina vorbei auf Faruk, drehte sich um und winkte sie dann müde in ihre Wohnung. Sie musste verreisen wollen, denn der Flur war mit Koffern und Taschen vollgepackt.
»Wir halten Sie nicht lange auf«, entschuldigte sich Faruk mit Blick auf das Gepäck.
»Mein Taxi kommt in einer Stunde. So lange haben Sie doch nicht vor zu bleiben, oder?«
Es gibt einen Typus Lehrer, der auf der ganzen Welt den gleichen Habitus besitzt und bei jedem, egal welchen Alters, mindestens Respekt, wenn nicht gar ein latent schlechtes Gewissen hervorruft. Hedwig Jelinek gehörte zu dieser Gattung. Ihr Gesicht war schmal, ein stark ausgeprägter Oberkiefer gab ihr den Ausdruck einer weisen Ziege. Etwas angespannt saßen sie auf einem muffig riechenden Sofa und schauten aus dem Fenster hinab ins Donautal. Jelinek durchsuchte ihren Schrank.
»So, so, an der Uni haben Sie den jungen
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