Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Ustyurte
Lage wird schlimmer. Mit vier Kamelen hastig und überstürzt aus dem Dorf geflohen. Rotarmisten plötzlich aufgetaucht. Suchten uns. Jemand muss uns verraten haben. Besonders schwer für mich: Illmaier war ohne Absprache mit uns allein auf der Insel. Ich blieb bei Ratzenhofer, der immer lauter schrie, von »Visionen« geplagt war. Loisl hingegen bleibt ruhig. Am Abend kam Illmaier zurück. Schien um Jahre gealtert. Sagte kein Wort. Setzte sich zu Ratzenhofer, drückte seine Hand auf seinen Mund, legte ihm eine Kette mit Anhänger um den Hals und redete in einer anderen, nicht erkennbaren Sprache. Illmaiers Rücken war übersät mit roten erbsengleichen Pusteln. Kalmücken gingen sofort stiften, als sie die Male sahen. Glauben an Fluch oder Ähnliches. Auch mir hängte er eine Kette um. (Siehe Zeichnung) Ratzenhofer redet wirr. Dann hörten wir die Soldaten. Schlichen uns aus dem Dorf. Illmaier schwieg gänzlich während der Flucht. Noch zwei Tage bis zum Funkgerät, welches wir in der Steppe vergraben hatten. Die Temperaturen sind unerträglich (44 Grad tagsüber). Nachts wird es fürchterlich kalt, unter null! Wir rasten bei Tag, reiten bei Nacht. Ständige Begleiter sind Schakale. Dachte erst an asiatischen Leopard. Sollen aber ausgestorben sein. Ihr Heulen ist grauenhaft, nicht wie Wölfe, eher wie gequälte Seelen. Wusste nicht, dass sie hier vorkommen. Ratzenhofers Zustand wird immer schlimmer. Schaum vor dem Mund.
30. 08. 1942
Absetzort, Nähe Kaspisches Meer
Alles scheint sich gegen uns zu verbünden. Funkgerät nicht gefunden. Ratzenhofer in der Nacht aus dem Lager verschwunden. Morgens gefunden. Das Gesicht fürchterlich zugerichtet. Augen herausgerissen, Lippen und Zunge fehlen. Mehr tot als lebend. Schakale? Notdürftig verbunden. Illmaier schweigt, zeichnet aber wenigstens. Aber nur, wenn ich nicht zusehe. Bin völlig erschöpft. Zwei Tage lang keine Minute Schlaf gehabt. Loisl erzählt zur Beruhigung eine seltsame Geschichte seines Vaters von der Westfront 1918. Kann danach an kaum etwas anderes denken.
01. 09. 1942
Der Wahnsinn hat uns eingeholt, Illmaier muss, wohl während ich schlief, Ratzenhofer in die Dünen hinter unserem Lager gezogen haben. Beim Aufwachen sitzt er nackt mit Blut bemalt am Feuer. Auf mein Insistieren, wo Ratzenhofer sei, deutete er nur stumm nach hinten. Haste über die Dünen, sehe eine hockende Gestalt. Mein Kamerad sitzt, ohne Haut und mit geöffnetem Schädel, im Sand. Ich darf ihn nicht …
Das nachfolgende Schweigen wurde von einem entfernten Wimmern unterbrochen.
»Das ist Martha. Ich sehe mal nach ihr«, sagte Andrea leise und stand auf.
Elijah hatte sich wieder gefasst. »Also hat Arwed Köhns Vater, vorausgesetzt, das ist echt, was da steht, das sogenannte ›Grauen im Osten‹ entdeckt. Vielleicht waren es Viren. Und Jahrzehnte später holt der Sohnemann die kleinen Virenracker aus ihrem Giftschrank heraus, vergiftet sein Volk und kommt demnächst mit dem Allheilmittel. Dumm nur, dass ausgerechnet Köhn juniors Schulfreundin im Besitz eines noch älteren Gegenmittels ist.«
Faruk verzog unmerklich sein Gesicht angesichts der unangemessenen Ausdrucksweise des Israelis.
»Und das Wissen hat Almut von ihrem Vater Alois Fischer. Nur – woher hatte der das Zeug genau, und wo steckt es jetzt?«, fragte Jan.
»Ist doch klar«, wandte Regina ein, »die Köhns kennen das Geheimnis des Bildes. Der alte Köhn will das Bild, weil es ihn der Legende nach vor der ewigen Hölle bewahrt. Das unterscheidet ihn auch von seinem Sohn. Der junge Köhn ist nur hinter dem Gegenmittel her. Eure Prophetin hat ja gesagt, dass auch das Werk Vakzine enthält. Wir müssen dieses Bild finden. Koste es, was es wolle. Nur so können wir uns vor Anschlägen von Köhns Schergen schützen. Das ist unsere Lebensversicherung. Vor allem der alte Köhn braucht das Werk, und angesichts seines baldigen Todes läuft die Zeit gegen ihn. Der Alte schien mir auf der Schlagalm am Tegernsee auch nicht sehr überzeugt von seinemSohn zu sein. Er weiß mehr. Vielleicht können wir ihn gegen den Sohn ausspielen. Nur eines haben die beiden gemeinsam: Sie wissen nicht, wo sich das Bild befindet.«
Jan grinste schief. »Toll, wir auch nicht, aber …«
Elijah fuhr dazwischen. »Deswegen war Almuts Schwester Birghid so darauf bedacht, dass wir auf sie aufpassen. Köhn junior hat uns mit den Amuletten zu Almut locken wollen, um sie unter Druck zu setzen. Sie hat etwas, was Köhn will. Das kann nur das
Weitere Kostenlose Bücher