Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
müssen mit Ihren Verdächtigungen sehr vorsichtig sein. Mir ist durchaus bewusst, dass ein französischer Pharmakonzern ebenfalls an einem Pockenmittel forschte, es aber nicht ansatzweise zur Marktreife brachte. Mir ist auch bewusst, dass Teilen der französischen Regierung und Wirtschaft ein schwaches Deutschland nicht ungelegenkommt. Und zur Familie Köhn kann ich nur Folgendes sagen: Der Impfstoff ist kostenlos. Der Konzern verdient nicht einen Euro daran. Lediglich die Produktionskosten werden von der Bundesregierung getragen. Köhn hilft. Das kann man nicht von jedem behaupten. Zudem unterstützt er uns mit erheblichen Lebensmittellieferungen aus von ihm erworbenen Beständen – ebenfalls kostenfrei. Das alles geschieht, wie mir beide sehr glaubwürdig vermitteln konnten, aus patriotischen Gründen. Ich kann Ihrer Verschwörungstheorie wenig abgewinnen. Vogel ist tot. Ich bedauere das sehr. Ich trauere auch um ihn. Nur war sein Starrsinn in der jetzigen Situation nicht sehr hilfreich. Ich musste improvisieren, weil ich die Verantwortung für dieses Land trage. Das ist für einen Wissenschaftler vielleicht nicht einfach zu verstehen. Denn der muss ja nur vor Risiken warnen.«
Brisecul ging nicht auf den Angriff ein. Es war nicht an ihm, so fand er, das sowieso schon angespannte Verhältnis zwischen den beiden Ländern zu entspannen. Sein Präsident war mehr als beunruhigt über die, wie er meinte, mangelhafte Führungsstärke der Kanzlerin in dieser Krise. Aber etwas hatte den Mann im Elysée noch mehr aufgeschreckt. Jemand suchte wieder nach dem Bild, und diesmal war es ernster als je zuvor. Er hatte das Dossier nach seiner Amtseinführung von seinem Vorgänger erhalten. Erst hatte der Franzose es nicht glauben wollen, dann aber verstand er die Macht und die Gefahr, die von diesem Werk ausging. War es jetzt an der Zeit, die Kanzlerin einzuweisen? Der Präsident hatte Brisecul gebeten, bei der Kanzlerin vorzufühlen. Denn der französische Staatspräsident wusste um ihre nüchtern-skeptische Betrachtung solcher Fragen. Aber Brisecul sollte wenigstens einen ersten Eindruck davon gewinnen, wie sie auf so etwas Außergewöhnliches wie das Bosch-Geheimnis reagieren würde.
Er zuckte nur mit den Schultern. »Ich kann das nicht bestätigen. Unser Land versucht alles, Deutschland zu helfen. Uns ist schon aus eigenen Interessen daran gelegen, die Seuche schnellstmöglich einzudämmen. Aber wir müssen einen klaren Kopf behalten.«
Sie sah ihn müde an. »Was hat das mit den Pocken zu tun?«
»Nun, nach gründlicher Analyse der genetischen Zusammensetzung des Virusstamms bin ich mit den Kollegen der amerikanischen Behörde in Atlanta einig darüber, dass der Ursprungsstamm des Virus quasi eine Reise machen durfte. Das Virus selbst scheint sehr alt zu sein. Das können wir anhand der Molekularstruktur erkennen. Die erste Mutation des Ursprungsstamms kommt aus einem Labor im heutigen Usbekistan, ist aber ebenfalls schon älter. Danach ist eine neue Version sozusagen darübergestülpt worden. Die macht uns Sorgen. Sie ist der Grund dafür, dass das Virus sich einerseits so schnell verbreitet und andererseits nicht auf unser Antiserum reagierte. Es ähnelte in Bewegung und Aggressivität ein wenig dem HI -Virus. Diese zweite Version scheint erst kürzlich erarbeitet worden zu sein.«
Die Kanzlerin sah ihn an. »Und wer hat das gemacht? Die Israelis?«
Brisecul schüttelte den Kopf. »Ja und nein. Die Israelis haben eine solche Variante mehrfach erfolgreich an anderen Virenformen getestet, nicht jedoch an den Pocken. Das wissen wir.« Die Kanzlerin schien erleichtert. Ein Biowaffenanschlag mit israelischen Mitteln hätte der Zündung einer Atombombe im Nahen Osten geglichen.
»Ich habe Ihnen aus dem Material, das wir bei meinen Kollegen gefunden haben, und aus dem, was ich über den Fall zusammenstellen konnte, ein Dossier angefertigt. Nur Sie und ich sind derzeit im Besitz dieser Information. Nach dem mysteriösen Tod Vogels da oben«, er deutete in Richtung der roten Felsen der Nachbarinsel, »bin ich nicht sicher, ob Sie nicht in direkter Umgebung ein Leck haben.« Er ließ den Satz so stehen, um zu sehen, wie sie darauf reagierte.
Aber sie blieb gelassen. »Das können Sie gern glauben, aber ich bin mir meiner Umgebung sehr sicher.«
Da war er wieder, der deutsche Sarkasmus, mit dem er nicht umgehen konnte.
»Bitte, Madame, Sie sollten diese Daten über Köhn, das Virus und die Verbindung nach Russland wirklich
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