Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
die Kinder kümmern?«
Sie hatte nur den Kopf geschüttelt und war ins Schlafzimmer zu ihrer Nichte gegangen.
Jan winkte zu Faruk, und sie trabten hinunter zum Rettungswagen, fuhren ihn aus dem Hinterhof und ließen ihn an der Prinzregentenstraße, einer der Einfallstraßen Münchens, stehen. Als sie zurückkamen, kümmerte sich Andrea derweil um die Zwillinge. Sie zeigte es kaum, aber sie genoss es. Das war ihr Traum gewesen. Diese Wohnung, zweifellos zu groß für nur zwei Personen, sollte eine große Familie beherbergen. Nach ihrem ersten Kind wollte sie gleich weitermachen, aber Jan, dessen Karriere im Krankenhaus viel Zeit in Anspruch nahm, war als Einzelkind nicht wirklich erpicht darauf gewesen, am Abend endloses Kindergeschrei zu hören. Dann starb ihr einziges Kind. Und alle Träume, die Andrea jemals gehegt hatte, zerbrachen. Sie war 41 Jahre alt. Etwas in ihr sagte, dass sie nie wieder Kinder bekommen würde. Mit tiefer Traurigkeit sah sie auf die schlafenden Babys, die trotz ihrer nicht altersgemäßen Größe ihr Herz berührten. Selbst das Zetern des dicken Poch blendete sie aus.
Faruk und Jan kamen die Treppe zur Wohnung hoch.
»Wir haben Regina und Elijah erreicht. Sie kommen gleich. Dann können wir alles Weitere besprechen.«
Wenig später saßen die vier mit Poch im Wohnzimmer. Sie hatten den großen Fernseher eingeschaltet. Strom war wieder verfügbar, und die Bilder der BBC zeigten Luftaufnahmen vom Quartier der Kanzlerin auf Helgoland. Darunter lief in der Textschleife als Breaking News alles über die Versorgung mit dem neuen Impfmittel der Firma Atalante. Ein Reporter stand neben Schlangen von Impfwilligen in Nürnberg. Er erklärte, dass sich die Lage in den Seuchengebieten langsam entspannte. Als ob das Weihnachtsfest am darauffolgenden Tag die Menschen von dieser Krankheit, diesem Alptraum, erlösen würde. Noch waren die Grenzen nicht geöffnet, aber die Straßen füllten sich langsamwieder mit Leuten. Ausgangssperren waren aufgehoben. Die Städte fingen an, wieder zu atmen. Auch in den Interviews, die der Reporter mit den Menschen in der Schlange führte, war das zu spüren. Fast trotzig forderten die Deutschen wieder ihre Normalität zurück.
Elijah sah zu Jan. »Wo ist deine Exfrau?«
Jan, der gebannt auf den Bildschirm starrte, wies stumm zur Seite in den Flur. Andrea wollte die Küche säubern und musste sich auch um die Kinder kümmern, wie sie ohne jeden Vorwurf erklärt hatte. Jan kannte sie gar nicht so fürsorglich, aber er war erleichtert, dass jemand die Kinder versorgte. Wo sollte er auch jetzt mit ihnen hin? Elijah erzählte von der Schießerei auf dem Friedhof.
»Es war nichts mehr zu bergen. Die Explosion hat so ziemlich alles zerrissen und verbrannt, was sich im Grab befand, inklusive des unteren Teils dieses Killers. Das sah nicht angenehm aus. Wir hatten die Handys vorher ausgeschaltet, weil wir nicht geortet werden wollten. Wer weiß, was für Techniken der Typ besaß.«
Poch war ungeduldig. Das lag nicht nur daran, dass sein jugendlicher Begleiter, kaum hatten sie Deutschland erreicht, sofort in seine Heimat hatte zurückkehren wollen. »Lieber schneide ich mir die Finger in meinem Salon wund, als dass ich so etwas noch einmal erleben muss«, hatte er dem verzweifelten Poch am Bahnhof in München vorgeworfen. Es war eine bühnenreife Szene gewesen, die der junge Friseur aus Gießen am Bahnsteig hingelegt hatte. Dabei hatten sie noch Glück gehabt. Sie waren mit dem Nachtzug bis zum Brenner gekommen und hatten mit Mühe den einzigen Zug erreicht, der an diesem Tag von Österreich nach Deutschland gefahren war. In die andere Richtung gab es noch längst keinen Bahnverkehr. So hatte sich Poch zu Fuß vom Bahnhof hierherbegeben, was seine sowieso schon miese Laune noch verschlechtert hatte.
»Wären die Herren so freundlich und würden mich jetzt über den aktuellen Stand ihrer, wie ich finde, äußerst dilettantischen Ermittlungen aufklären. Auch ich würde diese Seuchenstadt gerne bald verlassen.«
Regina sah genervt an die Decke. Poch bemerkte es.
»Wollen Sie sich nicht auch der Küchenarbeit zuwenden, Fräulein Bachmaier?«, fragte er spitz.
Elijah legte seine Hand auf Reginas Arm. »Gut, was wissen wir? Köhn ist unser Gegner. Das dürfte wohl jedem hier klar sein. Und damit meine ich Köhn junior. Wie wir eben im Fernsehen erleben durften, geriert sich der feine Herr ja als Menschenfreund, um sein Mittel an den Mann zu bringen. Die Bundesregierung hat
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