Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
reagierte nicht auf seinen Spott. »Hier steht noch was. Die Krankheit ist heilbar, aber die Wahrheit ist eine andere. Der eine will dies, der andere das. Im Werk ist Segen. Im Werk ist Wahrheit. Das sage ich, Ezechiel Und dann sind unsagbar viele kleine Figuren auf der Rückseite gemalt. Sieht aus wie die Hölle.«
»Ja, die Hölle. Die Hölle ist, dass wir noch einmal tanken müssen, sonst frieren wir hier fest.«
An der Uferstraße zwischen den Orten Rottach und Gmund fanden sie eine Tankstelle. Während Jan den Tank füllte, wollte Regina an der Kasse nach Ezechiel fragen. Der Raum war vollerMenschen. Sie alle starrten auf einen Bildschirm, der unter der Decke in einer Ecke befestigt war. Eine Sondersendung einer lokalen Fernsehstation lief. Auch sie schaute unwillkürlich nach oben.
»… sind nach letzten Meldungen allein in Nordrhein-Westfalen 150 registrierte Fälle von Pocken bekanntgegeben worden. Ersten Vermutungen nach hat die Gruppe, die sich heute mit einem Schreiben zu den Anschlägen bekannte, ein Konzert des …«
»Sind Sie aus München?« Ein stämmiger Mann in einem Feuerwehranzug sprach sie an.
Sie drehte sich zu ihm um. »Wieso?«
»Das Auto gehört doch Ihnen, oder?«
»Ja, und?«
»Kommen Sie gerade aus München, oder fahren Sie nach München?«
»Was geht Sie das an?« Regina spürte, wie plötzlich nur noch die Stimme aus dem Fernseher den Raum erfüllte. Alle Blicke waren auf sie gerichtet.
»Eine Menge, wir wollen nämlich keine Infizierten hier haben.« Der Mann schaute sie mit grimmigen Augen an. Sein Gesicht war gerötet. Er schien viel an der frischen Luft zu arbeiten. Seine Hände glichen Pranken, und seine schwere Uniform roch nach Öl. Auf seiner Weste las sie »H. Zehetmaier«.
Sie verstand immer noch nicht ganz. »Nein, wir kommen von da oben, wieso?« Sie zeigte Richtung Alm. »Was ist denn los?«
»Haben Sie das nicht mitbekommen? Die wollen uns alle umbringen. In Köln, Berlin und München haben sie die Pocken auf die Menschen losgelassen. In München sind schon Hunderte krank und einige verreckt. Jetzt haben die Bürgermeister der anliegenden Gemeinden das Tal dichtgemacht. Hier kommt keiner von denen rein.« Der Mann gab sich redlich Mühe, sein bayerisches Idiom zu verbergen und verständliches Hochdeutsch zu reden.
Erst jetzt bemerkte sie es. Der ganze Raum war von Angst und blankem Entsetzen erfüllt. Hier saßen keine entspannten Menschen. Die Einwohner hatten eine unbändige Angst vor dieser Krankheit »da draußen«.
Jan kam herein. Er sah zu Regina und fragte mit einem stummen Blick, ob alles okay sei.
Sie nickte. »Mein Mann ist Arzt, vielleicht kann er Ihre Fragen beantworten. Im Fernsehen wird ja viel Unsinn geredet.«
Jan schaute sie verwirrt an und sah sich im nächsten Augenblick einem lauten Gewirr aus Fragen und Behauptungen gegenüber.
»Ja, Pocken sind hochinfektiös. Das ist keine Grippe. Nein, sie müssen nicht automatisch tödlich sein. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß. Besorgen Sie sich Lebensmittel, dann bleiben Sie zu Hause und warten auf die Impfung. Ja, soweit wir heute wissen, schützt die. Es ist alles nur eine Frage der Zeit. Die Infizierten werden isoliert, und nach einigen Wochen ist der Spuk vorbei. Ja, alle Impfungen sind mit einem Risiko verbunden. Nein, sogar ein Drittel aller Menschen sind vermutlich immun, teils durch Impfung, teils von Geburt an. Nein, wir sind auf so einen Fall gut vorbereitet.«
Nach einer halben Stunde Privataudienz bei Dr. Kistermann hatte Regina die Adresse von Ezechiel (»Der ist irre.« »Ach? Haben wir gar nicht bemerkt.«) und Jan den Status eines Heilers. Sie stiegen in das Auto. Regina hatte noch einen heißen Kaffee aus dem Automaten gekauft.
»Nach diesem Auftritt mache ich hier am See eine Praxis auf und werde steinreich.«
Regina legte den Kopf schief. »Dafür bist du 20 Jahre zu jung. Hier haben doch einige noch den Dreißigjährigen Krieg erlebt.«
»Zumindest den Ersten wie unser Herr Köhn senior. Gab es eigentlich auch einen Köhn junior?«, fragte Jan eine Spur zu energisch.
Sie lächelte. »Ja, sehr gut aussehend, sehr klug und sexuell abartig.«
»Woher weißt du das?«
»Ich durfte zusehen«, lachte sie.
»Echt witzig.« Jan versuchte sich auf die Straße zu konzentrieren.
Regina spürte seinen Ärger und wollte ihn etwas zappeln lassen. »Ich habe ihm beim Sex mit zwei Damen zugesehen.«
»Aha, gehörte das zum Entertainmentprogramm? So eine Art Hüttenzauber für
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