Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Seite haben. Der will Sie beeindrucken mit seinem halbgaren Wissen. Aber das reicht nicht, mein Junge. Von wegen Außenseiter. Sie glauben, was man Ihnen vorsetzt. Aber lassen wir die Bilder. Das kommt später.«
Er zwängte sich aus der Ecke der Sitzbank und schlurfte zu seinem gusseisernen Herd. Regina fühlte sich an etwas erinnert, aber sie wusste nicht, an was. Ezechiel öffnete die Klappe zur Feuerstelle und nahm aus einem Korb kleine Holzstücke, warf sie gekonnt in das Feuer und setzte einen Topf mit heißem Wasser darauf. In eine Kanne schaufelte er mehrere Löffel Tee. Dann zeigte er mit seinen knochigen Fingern auf eines der kleinen, mit Schneeblumen bedeckten Fenster. Urplötzlich ergoss sich ein wahrer Schwall an giftig vorgebrachten Worten über die beiden. »Da draußen ist die Hölle. Die Hölle. Der stinkende Atem der Krankheit zieht über das Land. Und keiner ahnt, welche Macht dahintersteckt. Keiner ahnt es. Sie sollen das Werk finden, aber in Wahrheit hetzt er Sie auf eine viel größere Spur. Viel größer. Sie sollen dem Alten das Wiederkommen ermöglichen und das Licht dabei zerstören.«
Regina war erstaunt, wie viel dieser scheinbare Irre von Köhn, seinem Vater und ihren Plänen wusste. Bestand zwischen den beiden eine Verbindung? Sie nahm die Kanne, goss das mittlerweile heiße Wasser hinein und ließ den Tee ziehen, bevor sie den Wortschwall des Alten stoppte. »Woher kennen Sie die Köhns?«
Ezechiel wiegte den Kopf. Jetzt erst sah Regina, dass er sich ständig an den vernarbten Händen kratzte.
»Köhn war schon immer hier. Mal mit diesem Namen, mal mit einem anderen. Auch mich, ja, auch mich wollte er benutzen, sah in mir mehr als ich.« Er schnappte nach Luft, zwängte sich aber wieder an den Tisch und fuhr fort. »Seine Anerkennung tat mir gut und war doch mein Niedergang. Jeder im Ort kennt ihn, weiß um seinen Einfluss. Seine Macht klettert über die Hänge, kräuselt sich über die Wellen des Sees. Tief unten ist sein Geheimnis, vermuten die einen, die anderen sehen es oben in seiner Burg. Aber sein Sohn ist grausamer. Wenn er will, öffnet er die Pforten des Bösen. So wie jetzt. Doch das Werk stoppt ihn. Es hält ihn auf. Es ist der letzte Damm, der Haken an der Sache.« Ezechiel lachte meckernd wie eine alte Ziege und zog dabei den herauslaufenden Speichel in den Mund, was ein immer wiederkehrendes Zischgeräusch verursachte.
»Sagen Sie, Ezechiel, woher kommen Sie?«, fragte Regina, der Ezechiels Dialekt seltsam erschien.
Er sah sie misstrauisch, aber auch für einen Moment unsicher an. »Von hier, immer schon, bin hier geboren. Unter den Augen des Teufels da oben.« Er spuckte auf den Boden.
Jan ergriff das Wort. »Wollen Sie behaupten, dass er hinter den Anschlägen steckt?«
Ezechiel schüttelte den Kopf, als ihn ein weiterer Hustenanfall befiel. »Ach was, der Alte ist schon fast tot, der Junge ist der Teufel …« Er würgte und spuckte dann ohne jede Regung wieder auf den Boden. Sein Hund, vom Krach aufgeweckt, schlabberte mit einer blassrosa Zunge den Auswurf vom Boden.
Jan goss etwas Tee aus der Kanne in einen Blechbecher und reichte ihn Ezechiel. Gierig trank er und wedelte dabei mit seiner Hand. Regina hatte sich nach unten gebeugt. Sie spürte, dass dieser Mann etwas wusste. Also kramte sie in gebückter Haltung in ihrer Tasche, ihr Smartphone suchend. Sie musste das Gespräch irgendwie aufzeichnen. Zwischen all diesen irren Prophezeiungen und Andeutungen blitzte etwas Bauernschlaues auf. Wenn sie das Smartphone offen auf den Tisch legen würde, dawar sie sich sicher, würde Ezechiel verstummen. Während sie hektisch die Aufnahmefunktion suchte, sah sie in die blinden Augen des Hundes, der sich ihr unter dem Tisch knurrend zuwandte.
»… Nein, dafür ist der Junge zu schlau. Er weiß, wen er zu seinen Instrumenten machen kann … Was machen Sie da? Nehmen Sie die Hände von meinem Hund.« Ezechiel hatte das Knurren des Hundes bemerkt.
Sofort erhob sich Regina und sah Ezechiel unschuldig an. »Ich wollte ihn nur ein wenig streicheln. Vielleicht braucht er etwas Zuneigung?«
Ezechiel sah sie wieder misstrauisch an. »Unsinn.«
Eine unangenehme Stille herrschte plötzlich im Raum. Regina war sich unsicher. Sollte sie den Irren vergessen und sich auf die Suche machen? Die Zeit drängte. Die Epidemie würde sich nach Jans Vorhersagen schnell ausbreiten. Sie würde unter Umständen nicht mehr so leicht nach Österreich kommen. Dort wollte sie mit der Suche
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