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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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aufgeschlagen und zeigte der Runde nun das Werk. »Vorne sehen Sie links den Paradiesflügel, in der Mitte der Tafel mit dem eigentlichen Weltengericht und Jesus als Richter. Rechts schuf Bosch die Figuren, für die er berühmt wurde, die Dämonen der Hölle und die Darstellung der sieben Todsünden. Klappt man aber die Außenflügel zusammen, sehen Sie links, sozusagen auf der Rückseite …«, er deutete auf ein kleines Foto, »… das Bild des heiligen Jakobus.«
    Sie blickten auf. Stolz lehnte Poch sich zurück und rieb sich seinen voluminösen Bauch. Keiner verstand etwas.
    »Und was will uns der Künstler damit sagen?«, fragte Elijah, seine Wunde am Arm streichelnd.
    Jan griff nach seiner Hand und zog sie weg. »So heilt das nie. Hör auf damit.«
    Poch ließ sich nicht beirren. »Nun, das Bild in Wien gilt als ein spätes Werk. Es beinhaltet viele Motive, die Bosch schon früher malte. Aber der Verweis bezog sich auf den heiligen Jakobus. Er ist als Wanderer dargestellt. Und ich vermute, als solche wollte Ezechiel Sie sehen. Sie sollen wandern und erkennen. Daran besteht für mich kein Zweifel. Nach meinem Dafürhalten, so aufdie Schnelle, meint Ezechiel mit dem Fluss die Donau. Aber Wien ist nicht das Ziel, es ist nur eine wichtige Etappe. Dann kommt sein Hinweis mit dem Meer. Und das könnte das Mare Mediterraneum sein. Das ›Mittelmeer‹ für alle Nichtlateiner hier im Raum.«
    Regina schnaufte deutlich, und Poch freute sich.
    »Wie kommen Sie jetzt darauf?«, wollte Jan wissen.
    »Ezechiel spielt, glaube ich, auf das Polyptychon des Dogen an.«
    Poch sah in verständnislose Gesichter. Er genoss es, trank in langsamen Zügen aus seiner Teetasse und dozierte: »Ich sagte eben, dass die meisten Werke Boschs in Spanien und Holland hängen. Heutige Betrachter sehen vornehmlich die absurden und bösen Darstellungen der Dämonen, der Hölle und der Gewalt und können das nicht einordnen. Sie glauben, dass Bosch unter Drogen malte. Oder dass er einer geheimen Sekte angehörte.«
    Faruk gähnte dezent. Poch übersah es geflissentlich.
    »Also, die mysteriösesten Gemälde befinden sich in Venedig, der Lagunenstadt. Bosch hat, wenn er nicht selbst auch dort war, zumindest reiche Venezianer mit seinen Werken beliefert. Unter anderem kaufte der legendäre Antonio Grimani fünf Werke von Bosch.«
    Jan unterbrach. »Grimani war doch so etwas wie ein Kunstmäzen.«
    »Ach, hast du das aus einem Kreuzworträtsel?«, fauchte Regina leise. Jan legte einen Finger auf seine Lippen.
    »Nicht schlecht, mein lieber Freund. Aber das waren vornehmlich seine Kinder. Diese Grimanis waren eine illustre Familie. Einer von ihnen verdiente in jungen Jahren auf Reisen nach Syrien und in den Mittleren Osten ein Vermögen, das war sozusagen der Grundstock für den Aufstieg dieser Familie, die über die Jahre zur einflussreichsten Familie Venedigs wurde. Aber nicht jeder in Venedig war damit einverstanden. Die Familie galt als liberal und aufklärerisch, damals eher Schimpfworte. Es gibt da eine kuriose kleine Legende. Venedig führte in dieser Zeit häufig gegen die Osmanen Krieg, hauptsächlich auf See. AntonioGrimani wurde vom Großen Rat Venedigs gezwungen, als Generalkapitän die Osmanen anzugreifen. Das war 1499. Er verlor diese Schlacht, gewann aber, wie eine Ermittlung herausfand, zur gleichen Zeit ein gigantisches Vermögen. Ihm wurde der Prozess gemacht, er musste fliehen. In dieser Zeit soll Bosch in der Lagunenstadt gelebt und gearbeitet haben. Grimani, der ihn vor der Schlacht beauftragt hatte, ihm einen gigantischen Hochaltar zu fertigen, bezahlte ihn heimlich. Dann verschwand Bosch. Es heißt, dass er auch fliehen musste, weil er den Hohen Rat bestohlen hatte. Grimani kehrte erst Jahre später zurück, stieg erneut auf, wurde Doge und begründete eine einflussreiche Dynastie. Von Bosch gab es nach seiner Flucht keinerlei Aufzeichnungen oder Hinweise. Sein Todesdatum ist umstritten, sein Grab unauffindbar. Vier dieser Venedig-Werke von Bosch sind bekannt und existieren noch. Aber das fünfte ist verschollen. Das ist vermutlich das Bild, das sich Familie Köhn gern über den Kamin hängen möchte.«
    Regina zuckte mit den Schultern. »Was ist an dem Bild so Besonderes?«
    Poch sah sie unwirsch an und erhob sich, sein Gewand dabei mit dramatisch-opernhafter Geste raffend. »Also, wie bereits erwähnt, ist es nicht ein Gemälde, sondern ein Teil eines großen Werkes, eines fünfteiligen Zyklus in Form eines mehrgliedrigen

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