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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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Insassen abgenommen hatte, um Unruhen im Lager zu vermeiden. Auch die Kleidung war allen weggenommen worden, da man Ansteckungen über verseuchte Kleidungsstücke befürchtete. So trugen alle Trainingsanzüge, Stiefel und Anoraks aus Bundeswehrbeständen. Am nächsten Morgen sollten zudem allen Insassen die Haare geschnitten werden. Schon jetzt schickte die Lagerleitung Neuankömmlinge gleich bei der Einweisung zu den Friseuren. Hier kam man nur noch mit einem der äußerst seltenen grünen digitalen Unbedenklichkeits-Sticks der behandelnden Ärzte und der Lagerleitung heraus. Dieser Minisender wurde subkutan unter die Haut gespritzt und war somit nicht übertragbar und fälschungssicher. Die Eingänge zur Halle wurden von bewaffneten Soldaten bewacht, und jeder Widerstand wurde sofort mit Schusswaffengebrauch geahndet.
    Seit einem Tag war er jetzt hier. Seine Nichte hatten sie von ihm separiert. Jan schüttelte den Kopf, wie um die düsteren Gedanken zu verscheuchen, und machte sich auf zu seiner Unterkunft. Er musste mit der Kleinen in den Süden gelangen.
    In einem Großraumzelt, das einst wohl auf Schützenfesten in der Umgebung zum Einsatz gekommen war, hatten Pioniere große Fernseher und Lautsprecher, die man aus umliegenden Fachgeschäften requiriert hatte, installiert. Halbstündig liefen die Nachrichten aus Hamburg. Um sich ein wenig aufzuwärmen, trat er ein. An langen Biertischen saßen Kranke wie Gesunde und stierten kopfschüttelnd und zuweilen auch nur lethargisch auf die Bildschirme. Sie sahen die Deutschlandkarte, und ein Sprecher erklärte aus dem Off, dass die Notregierung jetzt grüne, also saubere, und rote, also heiße, Zonen definiert hatte. Der Norden, mit den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und größeren Teilen Niedersachsens, war noch grün eingezeichnet. Immer wenn die jeweiligen Bundesländer eingeblendet wurden, zeigte die Grafik auch die Todesrate der letzten 72 Stunden. Berlin war ein roter Punkt inmitteneiner großen grünen Fläche, 913 Tote verzeichnete der dortige Krisenstab. In der Weite der Flächenstaaten ließ sich das Virus besser eindämmen, nahm der Sprecher an. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen kamen auf nicht mehr als 121 Pockentote. Das klang fast erfreulich. Allerdings sprach gegen diese Theorie das fast gänzlich rot eingefärbte Bayern mit nunmehr 834 Toten in den Großregionen München, Nürnberg und Würzburg. Das südwestliche Deutschland war ein einziger Flickenteppich aus grünen und roten Punkten und Kleinflächen. Stuttgart und die nördlichen Industriestädte wie Ludwigshafen und Mannheim hatte es schwer getroffen. Ein großes schwarzes Kreuz tauchte neben dem Namen der Landeshauptstadt auf: 1000 Tote und eine außergewöhnlich schnelle Verbreitung. Nur Hessen war mit 110 Toten kaum befallen, was angesichts des größten Flughafens der Republik einem Wunder gleichkam. Experten, so der Reporter, sprachen vom Segen der frühen Schließung des Flughafens. Das letzte Bild zeigte Nordrhein-Westfalen. Fast 18 Millionen Einwohner lebten vor dem Ausbruch in dem bevölkerungsreichsten Bundesland, bis jetzt waren weit mehr als 1000 Menschen dort an den Folgen der Pockenepidemie gestorben. Hier hatte das Virus bis jetzt am schlimmsten gewütet. Das Bundesland wurde von Sicherheitskräften hermetisch abgeriegelt. Bilder zeigten Schützenpanzer der Bundeswehr, die auf Autobahnkreuzen postiert waren. Auf der Kölner Domplatte, dem Vorplatz der Kathedrale, lagen in selbstgebauten Kartonbehausungen Kranke und Sterbende, sie hatten sich von der Nähe zur Kirche Linderung oder gar Rettung erhofft. Der eisige Wind hatte in der vergangenen Nacht noch kältere Polarluft nach Westen geführt. So starben die meisten an Erfrierungen und Erschöpfung. Die wenigen Hilfskräfte, die noch ihren Dienst versahen, waren komplett überfordert und ließen die Menschen dort sterben, wo sie hinsanken und einschliefen. Die Bilder waren von Hubschraubern aus aufgenommen worden, denn kein Reporterteam wollte aus der sicheren Zone über Land in diese Stadt des Todes reisen. Jan erinnerte das Gesehene an die Bilder von Tschernobyl. Auch dort hatteman anfangs die Katastrophe nur von oben gesehen und gruselte sich über die Zustände, die dort herrschten.
    Die Kanzlerin kam ins Bild. Die Menschen im Zelt, die noch dazu in der Lage waren, pfiffen und buhten. Einige warfen Pappbecher nach vorn. Die Mundwinkel der Kanzlerin hingen noch weiter herunter als sonst. Die dicke

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