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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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für alle bundeseigenen Lager, die Dedic mit sich führte, hatten sie am Morgen bereits auf der menschenleeren Autobahn die Kasseler Berge erreicht. Der Fahrer war immer noch in Panik angesichts des pockenkrankenMädchens in seiner Koje und des anscheinend irren Vaters neben sich.
    »Dir wird nichts geschehen. An der nächsten Raststätte lasse ich dich raus. Solltest du dich bis dahin infiziert haben, kommst du mit zur Heilerin. In das ›Rotland‹, das infizierte Bayern, werden sie mich wohl nicht verfolgen.«
    Der Mann hatte steif genickt. Die deutschen Mittelgebirge trennen die norddeutsche Tiefebene von den südlichen Bundesländern. Hier oben hatte der Schnee ganze Arbeit geleistet, er lag meterhoch. Nur eine schmale Spur, gelegt von Militärkonvois, war auf der Fahrbahn zu sehen. Immer wieder rutschte der LKW über die Fahrbahn. Natürlich wurde nicht geräumt. Wer hätte es tun sollen, und wofür auch? Die Menschen warteten zu Hause darauf, dass der Tod an ihnen vorbeizog. Jan ging kein Risiko ein. Tagsüber waren Kontrollen wahrscheinlicher. Im Scheinwerferlicht erschien ein großes blaues Schild mit weißer Schrift. Stumm zeigte Jan darauf. Dedic blinkte und hielt neben den mit Schnee zugewehten Zapfsäulen der Tankstelle. Jan wollte sich erst umsehen. Er fixierte den Fahrer mit starkem Paketband am Lenkrad und sprang aus dem Führerhaus.
    Der Morgen dämmerte schon, als er über das zersplitterte Glas in den völlig ausgeplünderten Laden trat. Alle Regale waren leer geräumt, vereinzelt lagen noch Flaschen mit Alkohol auf dem Boden. Er verspürte einen mächtigen Hunger. Von diesem Raum ging er vorsichtig, mit der Schrotflinte im Anschlag, zu den Toiletten. Auch hier war es bitterkalt. Keine Heizung lief. Aber beißender Gestank drang aus den Toilettenräumen. Ein nackter junger Mann, an seinem Bein eine Tätowierung, lag in der Urinrinne. Das Gesicht war von Pusteln förmlich aufgeblasen. Nichts war zu hören. Jan sah durch die Tür, die zum hinteren Parkplatz führte. Zwei Doppeldeckerbusse standen auf dem Gelände und wurden von den Laternen hell erleuchtet. Die Türen waren geöffnet. Schneetreiben setzte ein. War er wirklich allein? Er versuchte, hinter den Fenstern Menschen zu erkennen. Etwas beunruhigte ihn, seine Nackenhaare stellten sich auf. Er stieß die Tür der Tankstelle auf und sicherte nach links und rechts. Aber alles warimmer noch still. Langsam bewegte er sich über die Behindertenparkplätze auf den Bus zu. Auf der Windschutzscheibe klebte etwas Großes. Er schob sich langsam in den Bus und erkannte ein Plakat, das dort befestigt war. Es war ein Bild der Prophetin. Er stieg vorsichtig die drei Stufen zum Fahrersitz hinauf und wich dann angewidert zurück. Auf den Sitzen saßen Menschen. Einige waren vornüber mit dem Kopf gegen den Sitz des Vordermanns gedrückt, andere hingen mit dem Kopf nach hinten. Manche lagen gekrümmt auf dem Durchgang. Aber alle hatten eine Gemeinsamkeit. Sie waren sichtbar infiziert und erfroren.
    Langsam durchschritt Jan den Bus. Vielleicht lebte ja noch jemand. Seine Arbeit als Notarzt hatte ihn geprägt. Er konnte nicht anders. Aber wohin er auch sah, erblickte er tote Menschen. Links neben ihm hatte sich ein älteres Ehepaar in seinen letzten Minuten eng zusammengekauert und war so in inniger Umarmung erfroren. Vor ihm im Gang lag ein Junge, der wohl beim Spielen mit Legosteinen einfach umgekippt und erfroren war. Jan stieg vorsichtig und bedächtig über ihn hinweg. In der letzten Sitzreihe am Heckfenster waren Decken aufgestapelt. Niemand war dort zu sehen. Er wollte sich schon umdrehen, als ihm das Bild nicht korrekt erschien. Bei dieser Kälte hätte jeder die Decken genommen, statt sie zu stapeln. Er trat näher, ging in die Hocke. Der Deckenberg wurde hochgeworfen. Jan kippte nach hinten und lag mit dem Rücken auf dem Boden, neben sich sah er die aufgerissenen Augen des Kindes. Die Schrotflinte hatte sich unter einen Sitz verkantet. Hektisch versuchte er, sie zu befreien.
    »Ich mach dich kalt. Du willst tote Menschen ausrauben …« Die Frau wuchtete sich nach vorn und fiel auf Jan, der noch immer die Flinte unter dem Sitz hervorzuholen versuchte. Es war viel zu eng in dem Gang, als dass er seine Kraft hätte ausspielen können. Plötzlich blieb ihm die Luft weg. Sie war mit ihren Knien direkt auf seinem Brustkorb gelandet und hob beide Arme über ihren Kopf. Jan erkannte, dass sie etwas darin festhielt. Im letzten Moment sah er die Axt und riss

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