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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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Erdgeschoss. Kaum öffnete er die schwere Eichentür zur Straße, blies ihm ein eiskalter Wind entgegen. Er schlug den Kragen seines Mantels nach oben, zog den Kopf zwischen die Schultern und stapfte durch den tiefen Schnee. Die Mariahilfer Straße ist in normalen Zeiten die Einkaufsmeile der Wiener. Aber aufgrund des Wetters und der Epidemie war die Straße fast menschenleer. Faruk musste einige hundert Meter gehen, ehe er eine Bäckerei fand.
    Dort hatte sich bereits eine Warteschlange gebildet. Alle trugen einen Gesichtsschutz. Es hatte etwas von einem gespenstischen Karnevalsgeschehen. Geduldig stellte sich der Syrer an. Die Menschen trippelten auf ihren Füßen, in der Hoffnung, dass die Bewegung ein wenig Wärme erzeugte. Jeder schien mit seinen Gedanken bei sich und seinem Leben zu sein. Niemand unterhält sich, dachte Faruk gerade, als er plötzlich ein lautes Rufen vernahm und es blitzartig zu Tumulten kam. Faruk fragte eine vor ihm stehende ältere Dame, was denn los sei. Missmutig erklärte sie ihm, dass die meisten Brotwaren wohl ausverkauft waren. Aber das schien nicht der wirkliche Grund für das Geschrei zu sein. Ein hagerer Mann mit langen Koteletten und einem grünen Janker, der landestypischen Trachtenjacke, zeigte mit hasserfülltem Gesicht auf eine Frau in einer Burka.
    »Was geben wir den Drecksausländern noch unser Brot. Sollen sie sich doch in Kamelistan oder Turbanland ihr Brot holen.«
    Einige lachten. Er spuckte in Richtung der Frau. Die Menge murmelte beifällig, nur wenige widersprachen beschwichtigend. Der Bäcker ließ die Jalousien des Geschäfts herunter, was den Mann im Janker noch weiter anstachelte. Die Frau drehte sich um, aber der Mann lief hinter ihr her.
    »Zieh das Tuch aus, wir wollen so was hier nicht sehen.«
    Er griff nach dem Schleier und versuchte ihn der Frau herunterzureißen.Das war selbst Faruk zu viel. Er stellte sich dazwischen und sah den Mann unbewegt an.
    »Lassen Sie sie in Ruhe. Das ist eine Frau, und Sie sind ein Mann. Wissen Sie nicht, was sich gehört?«
    In einem sehr breiten Wiener Dialekt rief der Mann nun dem Rest der sich langsam an der Eskalation erfreuenden Menge zu: »Seht’s her, so sind sie, die Kanaken. Die brauchen alle eins aufs Maul.«
    Faruk sah aus den Augenwinkeln, dass sich die Menge in einem Halbkreis um sie herumgestellt hatte. Vor ihm lag der verschlossene Eingang zur Bäckerei. Das wird eng, dachte er. Jemand trat ihm in den Rücken. Er hatte nicht so schnell mit einem Gewaltausbruch gerechnet. Also stolperte er nach vorn und fiel auf seine Knie. Er sah nach hinten, konnte aber nicht mehr rechtzeitig reagieren. Er sah nur das Gesicht des Mannes. Dann verpasste ihm der Mann einen Tritt ins Gesicht. Der Syrer rappelte sich hoch, stand aber kaum, als er schon den nächsten Schlag erhielt. Er musste hier weg. Aber es war, als ob die Menschen nach einem Sündenbock für die Krankheit, den Mangel und die Angst suchten und er da gerade richtig kam. Wieder fiel er auf den Boden. In seinem Kopf rauschte das Blut. Plötzlich herrschte Lynchstimmung. Er kannte so etwas, wenn es gegen religiöse Minderheiten ging, aus seiner Heimat. Ein Funke genügte da meist.
    Er krabbelte jetzt auf allen vieren, als mit einem Mal zwei mächtige Beine vor ihm aus der Erde wuchsen. Er blickte nach oben, sah aber nur den Saum einer schwarzen Kunstlederjacke. Dann, mit einem Mal, zerstreute sich die Menge. Er drehte sich auf den Rücken, sah nach oben und konnte noch gerade erkennen, wie der hagere Janker-Träger mit eiligen Schritten davonlief. Er rappelte sich auf. Ein massiger Mann mit einer Ledermütze auf dem Kopf sah ihn belustigt an.
    Mit einem sehr harten osteuropäischen Akzent sagte er zu Faruk: »Ihre Frau ist schon mal vorgegangen« und deutete auf die andere Straßenseite, wo die Frau in der Burka gerade weglief.
    Faruk sah ihr hinterher. »Jede gute Tat wird bestraft. Das daist nicht meine Frau. Aber sie wollten sie angreifen. Und da musste ich wohl einschreiten. Vielen Dank …«
    Faruk drehte sich um, aber da war der Mann schon verschwunden.
    Mit einer Platzwunde und diversen Prellungen kam Faruk kleinlaut in Reginas Wohnung zurück. Sie hatte gerade geduscht und stand mit einer Tasse Espresso in der Hand in ihrer Küche. Erschrocken riss sie die Augen auf und suchte hektisch nach Pflastern und Desinfektionsmittel. In kurzen Worten berichtete er ihr von dem Übergriff, während sie ihn für ihre Verhältnisse fast zärtlich versorgte.
    »Verdammt,

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