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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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kurz.
    »Meine Ermittlungen haben ergeben, dass die Verantwortung bei den beiden anderen Akoluthen lag. Offenbar haben sie ihn gezwungen, mit ihm zu flüchten. Sie waren bewaffnet, er nicht. Wenn dies den Tatsachen entspricht, muss Cale zur Abschreckung gezüchtigt werden. Die Hinrichtung scheint mir dagegen nicht notwendig. Die anderen beiden entgehen ihr nicht, das ist ihrem Vergehen angemessen.«
    Verächtliches Krächzen war zu hören, das fast wie ein Ersticken klang.
    »Ha! Mitleid steht Euch gar nicht, Bosco. Aus Euch spricht nur Hochmut. Es spielt keine Rolle, ob Cale oder die anderen beiden Picarbo umgebracht haben. Weiß Gott, ich habe schon halb daran gedacht, alle Zöglinge des Schlafsaales auf den Scheiterhaufen zu schicken.«
    Der Abt hatte sich so aufgeregt, dass er nun an seinem Speichel zu ersticken drohte. Er wies auf ein Glas Wasser auf seinem Nachttisch, das ihm Bosco ohne Eile reichte. Er trank es unter lautem Schlürfen, dann gab er Bosco das vollgesabberte Glas zurück. Bosco stellte es mit angeekelter Miene wieder auf den Nachttisch.
    Allmählich kam der Abt wieder zu Atem, aber das Feuer der Bosheit flackerte nur noch wilder in seinen Augen.
    »Was wisst Ihr über Picarbos Treiben.«
    »Treiben, Euer Gnaden?«
    »Ja, das Treiben, Bosco, dem sich der Zuchtmeister in seinen Privatgemächern mit einem aufgeschlitzten fetten Luder hingegeben hat!«
    »Ah«, sagte Bosco, »das meint Ihr.«
    »Ihr glaubt wohl, weil ich alt und siech bin, wüsste ich nicht, was hier vorgeht? Da irrt Ihr nicht zum ersten Mal. Euch bin ich immer noch eine Nasenlänge voraus, Bosco.«
    »Wer auch nur über ein bisschen Verstand verfügt, wird Euren Scharfsinn und Eure Erfahrung nicht unterschätzen, Euer Gnaden.« Er seufzte. »Ich hatte Euch die widerwärtige Natur der Dinge, die wir in Picarbos Gemächern entdeckt haben, ersparen wollen. Es wäre doch schade, wenn eine solch glanzvolle Ordensführung wie die Eure durch diesen ekelhaften Vorfall verdüstert würde.«
    »Für solchen Schmus bin ich zu alt, Bosco. Ich will wissen, was er mit ihr gemacht hat. Er hat sie doch wohl nicht nur gefickt.«
    Selbst Bosco, der doch offenbar durch nichts aus der Fassung zu bringen war, zuckte bei diesem Ausdruck zusammen. Ein direkter Verweis auf den Geschlechtsakt war etwas Unerhörtes, da sonst nur verhüllende Umschreibungen wie »Bestialität« oder »Rohheit« üblich waren – und selbst diese nur selten.
    »Vielleicht ist seine Seele eine Beute des Bösen geworden. Satan ruht niemals, Euer Gnaden. Vielleicht hat er Gefallen an den Strafen gefunden, die wir den Akoluthen zumessen. Das war schon früher bekannt.«
    Der Abt murmelte etwas Unverständliches. »Wie hat er sich hier ein Mädchen beschaffen können?«
    »Bis jetzt entzieht sich das meiner Kenntnis. Aber er besaß viele Schlüssel. Nur Ihr, Euer Gnaden, und ich, wir allein waren berechtigt, dem Zuchtmeister Fragen zu stellen. Die Untersuchung wird Zeit brauchen.«
    »Ohne Hilfe wäre er dazu nicht in der Lage gewesen. Dann wäre es mehr als Bestialität – es könnte Ketzerei sein.«
    »Daran habe ich ebenfalls schon gedacht, Euer Gnaden. Zwanzig seiner alten Weggefährten sind hinter Schloss und Riegel im Haus für Sonderbehandlungen. Die Älteren leugnen bisher jede Verwicklung, aber die einfachen Brüder geben zu, dass sie auf Picarbos Befehl einen weiteren Ring in Form zusätzlicher Gänge um das Frauenkloster gelegt haben, sodass niemand etwas von den Umtrieben merkte. Das Frauenkloster war ja schon vorher abgetrennt. Kein Mönch durfte die Gesichter der Bräute sehen. Picarbo hatte den Verkehr zwischen dem Kloster und der übrigen Ordensburg geschickt verborgen, indem er die Küche und die Wäscherei in den inneren Ring verlegte. Vorräte und Wäsche gingen durch eine große Trommel. Da der Küchenmeister und der Wäschemeister mit Picarbo unter einer Decke steckten, ahnte niemand etwas von dem heimlichen Verkehr.«
    »Aber wir sind doch dabei, die alten Gänge aufzubrechen. Molloy hätte früher oder später alles entdeckt.«
    »Leider gehörte der Aufseher ebenfalls zu der ketzerischen Verschwörung.«
    »Gütiger Gott! Dieser Misthaufen Molloy hat mitgeholfen, die Ordensburg in eine Lasterhöhle zu verwandeln?« Entsetzt lehnte sich der Abt in die Kissen zurück. »Wir brauchen eine Säuberung, bis Ende des Jahres müssen wir unbedingt Glaubensopfer veranstalten. Wir müssen...«
    »Euer Gnaden«, unterbrach ihn Bosco, »wir wissen noch nicht, ob der

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