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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Starre löste sich, und zur Verblüffung seiner beiden Wachen gab er plötzlich Fersengeld und rettete seine gequälte Mönchsseele mit einem Sprint durch das Tor von Kitty-Town hinaus in die dunkle Nacht.
    Dreißig Meilen entfernt von der letzten Ortschaft im Herrschaftsgebiet von Memphis saß IdrisPukke in einem Graben und trotzte dem Regen. Es gab nichts Trockenes zum Feuermachen, und selbst wenn er etwas gefunden hätte, wäre es zu gefährlich gewesen. Außer einer angefaulten Kartoffel hatte er in den letzten vierundzwanzig Stunden nichts gegessen. Wie konnte ein Mann, der an der Spitze von drei Armeen gestanden und Könige und Kaiser beraten hatte, der fast einer ganzen Generation bezaubernder Töchter von Nabobs und Satrapen die Unschuld genommen hatte – wie konnte solch ein Mann so tief sinken? Eine gute Frage, auf die IdrisPukke die Antwort wusste. Das Glück, das die meisten Menschen nur einmal zu oft herausfordern, hatte IdrisPukke fast täglich herausgefordert. Er hatte geerntet, wo er nicht gesät, die ganze Hand genommen, wo man ihm nur den kleinen Finger gereicht hatte, er hatte sechsmal ein Vermögen gewonnen und siebenmal verloren. Seine neun Leben waren schon längst aufgebraucht. Sein Ruhm als glänzender Stratege und brillanter Kopf, sein militärisches Geschick und sein scharfer politischer Verstand waren überall in der bekannten Welt unstrittig – aber das hieß auch, überall, wo ihm das Todesurteil drohte, nicht zu reden von all jenen Gegenden, wo Gerichtsprozesse und Urteile als lästige Formalien galten. Kurz, für IdrisPukke gab es kein Land, in dem ihm nicht der Tod durch Erhängen, Rädern oder Verbrennen drohte, oft sogar gleich mehrfach. Der größte Söldner, den die Welt gesehen hatte, musste sich nun, nass bis auf die Knochen, erschöpft und nach dem Genuss der faulen Kartoffel von schrecklichen Krämpfen geplagt, vor Scharen von Kopfgeldjägern und Soldaten in einem Graben verstecken.
    Im vergangenen Monat war er zweimal in Gefangenschaft geraten und gleich wieder geflüchtet. Die Schwierigkeit für ihn bestand nun darin, dass er nicht mehr wusste, wohin er fliehen sollte. So schloss IdrisPukke die Augen und horchte auf den Flügelschlag der Tauben, die über ihn hinweg heimwärts flogen.
    Zisch!
    Ohne einen Moment zu zögern, war IdrisPukke auf den Knien und krabbelte so schnell wie möglich den Graben entlang.
    »Fackeln an! Er hat uns gesehen!«
    Von allen Seiten erhellten Fackeln die Dunkelheit über den Feldern. Doch was seinen Verfolgern half, half auch IdrisPukke. Er sah jetzt Bäume keine dreißig Schritte von ihm entfernt. Auf allen vieren und schnell wie ein Hund krabbelte er rutschend und schlitternd durch den Matsch.
    »Da!«
    Man hatte ihn entdeckt. Während er weiterhetzte, kam der Lichtschein der Fackeln auf ihn zu. Im nächsten Augenblick konnten ihm Pfeil oder Schwerthieb den Tod bringen. Keuchend robbte er weiter. Noch war er frei, noch konnte er sich bewegen. Er musste das nahe Waldstück erreichen. Er kletterte die Böschung hinauf, und gerade als er die Kante erreichte, traf ihn der Hieb.
    Wumm!
    Einen Augenblick stand er noch. Die Welt ringsum verging in einem Blitz aus Schmerz. Ein weiterer Hieb, und er fiel um. Noch ehe er mit dem Kopf auf dem Grund des Grabens aufschlug, verlor er das Bewusstsein.
    Wenig später hatte ihn ein riesiger, haariger Gorilla bei den Füßen gepackt. Das Untier schlug ihn immer wieder mit dem Kopf gegen eine Mauer. Dann hörte er damit auf, zog ihn hoch und starrte ihm in die Augen. Dass es ein Gorilla war, wusste er deshalb, weil er solch ein Tier schon einmal in einem Zirkus in Arnhemland gesehen hatte. Dieser hier war gewaltig, sein heißer, feuchter Atem roch nach verwestem Fleisch und aus seinen mächtigen Nüstern quoll grüner Rotz.
    »Immer noch am Leben«, sagte der Gorilla. Da stellte IdrisPukke mit Erleichterung fest, dass er träumte. Der Gorilla fuhr fort, den Kopf des Ohnmächtigen gegen die Mauer zu schlagen.
    IdrisPukke zwang sich, die Augen zu öffnen, und tatsächlich löste sich die Traumszene auf und er fand sich auf einem Bauernkarren wieder. Er lag dort an Händen und Füßen gefesselt, während der Kopf bei jeder Unebenheit des Weges gegen die hölzerne Seitenwand schlug.
    Um nicht erneut ohnmächtig zu werden, atmete er mehrmals tief durch und rückte den Kopf in die Mitte des Karrens. Ach, das ist doch schön, dachte er, wenn der Kopf nicht mehr gegen eine Mauer schlägt, bis sich der Schmerz

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