Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)
in ihrem Schädel die Begleitung zu dem Song auf einer dumpfen Kesselpauke spielen. Sie versuchte zu schlucken, aber ihre Zunge klebte am Gaumen fest, und ihr Mund fühlte sich kreidig und staubtrocken an. »Oooh«, brummte sie laut und unterdrückte den Drang, sich zu übergeben.
Als es Clara schließlich gelang, beide Augen aufzuschlagen, war ihre Sicht erst verschwommen, aber schließlich, mit etwas Mühe, war sie in der Lage, ihren Blick scharfzustellen. Sie erkannte ein vertrautes altes Banjo, das an der Wand lehnte. Darauf war ein grellbunter Esel gemalt. » Oh, Gott! «, sagte sie noch lauter. Sie erkannte sofort das hässliche Instrument aus Franks Antiquitäten, wo sie die Vase für Lincoln Fosters Mutter gekauft hatte. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie ein anderes Maultier-Banjo wie dieses gesehen. » Oh, Gott … Oh, Gott … Ohgottohgottohgott … Bitte nicht … «
Voller Entsetzen schlug sie beide Hände vors Gesicht, als ihr bewusst würde, dass es nicht Libby war, die dieses schmalzige Opus spielte. Es war Todd . Und sie hatte mit ihm geschlafen. Wie eine schäbige, Margarita bechernde, zweitklassige Schlampe. Oder noch schlimmer – eine drittklassige Schlampe.
Sie wollte verschwinden. Am liebsten wäre sie gestorben. Wie hatte sie das bloß zulassen können? Wie hatte sie das Sebastian nur antun können? Wie?
Ihr war übel, und sie fühlte sich schwach, aber sie quälte sich aus dem Bett, hastete durchs Zimmer, als würde es brennen, und sammelte, innerlich auf sich selbst schimpfend, ihre Kleidungsstücke ein, die überall verstreut herumlagen. Sie wollte weder wissen, wie ihr BH an den Plastiklamellen der Jalousien gelandet war, noch legte sie Wert darauf zu erfahren, warum auf Todds Nachttisch ein offenes Glas Käsedip stand.
»And maybe I’m crazy, oh it’s crazy and it’s true …«, sang er soeben mit Falsettstimme, als Clara, die sich hastig ihre Sachen übergestreift hatte, über den Flurteppich zur Haustür tippelte und betete, inbrünstig betete, sie möge sich unbemerkt aus der Wohnung schleichen können.
Doch als sie Todd erblickte, der mit nichts als einem knappen roten, thematisch an Weihnachten orientierten Slip bekleidet an dem extravaganten Liberace-Flügel saß, eine Orangensaftpackung neben sich, musste sie kurz nach Luft schnappen.
»Guten Morgen!«, rief er strahlend und unterbrach sofort seinen Song. »Gut geschlafen?«
» Oh, Gott! «
»Hey, starrst du etwa auf mein Instrument?« Er zog die Augenbrauen hoch.
Sie hielt sich schnell die Augen zu und wandte sich hastig ab. » Nein! Überhaupt nicht! Hab ich gar nicht. Ich hab bloß … Ich …«
»Entspann dich«, unterbrach Todd sie lachend. »Ich wollte dich bloß aufziehen. Ich meinte mein Klavier. Erinnerst du dich? Gestern Abend?«
Claras Gesicht blieb ausdruckslos.
»Ich dachte, ich steuere einen kleinen Klavierwitz für dich bei.« Er zwinkerte ihr zu.
Ihre Erinnerung an den letzten Abend war verschwommen, aber jetzt fiel ihr wieder der erbärmliche Versuch eines verfänglichen Witzes zum Thema »Saiten stimmen« ein. Und sie bereute ihn.
»Ich fange den Tag gern damit an, das Baby hier aufzuwärmen.« Todd tätschelte das Klavier. »Ich denke, es ist wichtig, sich mit seinem Instrument eins zu fühlen. Darin liegt etwas Spirituelles und Erdendes. Weißt du, was ich meine?«
Clara wusste nicht, was er meinte. »Ist das – ist dieses Banjo, das ich in deinem Schlafzimmer gesehen habe, aus Franks Antiquitäten?«
»Das mit dem Esel?« Todd grinste. »Allerdings.« Er erzählte ihr, dass er »die Schönheit« erst kürzlich auf dem Weg zum Mittagessen im weihnachtlich geschmückten Schaufenster des Antiquitätenladens entdeckt hatte. »Es hat mich einfach angesprochen. Ich habe einen Blick darauf geworfen und wusste, dass ich es haben muss. Die Farben sind so lebhaft und inspirierend. So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen.«
»Ich auch nicht«, Clara spähte verzweifelt zur Wohnungstür hinüber. »Weißt du, ich sollte … Ich sollte dann echt mal los. Ich muss mit Mon Chéri Gassi gehen und ihn füttern … Wahrscheinlich ist er schon am Verhungern … Und ich muss noch tonnenweise Weihnachtseinkäufe …«
»Willst du keine Waffeln? Oder Würstchen?«
Clara spürte, wie der Brechreiz sich in ihr regte, und sie unterdrückte den Impuls, sich zusammenzukrümmen. » Ha! « Sie zeigte auf Todd und rang sich ein breites, nervöses Grinsen ab. »Noch ein Klavierwitz?«
»Äh, nein …« Er
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