Die Liste
noch nie gehört hatte: Pleasant Hill, Shady Grove, Klebie, Three Corners, Clover Hill, Green Alley, Possum Ridge, Massey Mill, Calico Ridge. Woody Gates und seine Country Boys, die immer verfügbar zu sein schienen, füllten die Pausen mit ihrer Bluegrass-Musik.
Die Padgitts wählten in einem winzigen Bezirk namens Dancing Creek. Als die Wahlleiterin die Ergebnisse vorlas und sich herausstellte, dass Coley einunddreißig und die anderen drei Bewerber zusammen acht Stimmen erhalten hatten, brach die Menge in Buhrufe aus, was ich sehr erfrischend fand. Dann folgte Clanton East, der größte Wahlbezirk, in dem auch ich abgestimmt hatte. Coley 316
erhielt zweihundertfünfundachtzig Stimmen, Tryce siebenundvierzig, Meredith sechshundertvierundvierzig –
der Clanton Square tobte.
Baggy umarmte mich, und wir feierten mit der übrigen Stadt. Coley hatte verloren, und das ohne Stichwahl.
Als die Geschlagenen nach und nach von ihrem Schicksal erfuhren, packten sie und ihre Anhänger ihre Sachen zusammen und gingen heim. Gegen elf hatte sich die Menge deutlich gelichtet. Nach Mitternacht verließ ich das Büro und schlenderte über den Clanton Square, wobei ich diese wunderbare Tradition mit Augen und Ohren genoss.
Ich war stolz auf die Stadt. Nach einem brutalen Mord und einem enttäuschenden Urteil hatten wir uns wieder gesammelt, zurückgeschlagen und deutlich gemacht, dass wir Korruption nicht dulden wollten. Die klare Entscheidung gegen Coley war unsere Art, uns gegen die Padgitts zu wehren. Zum zweiten Mal in hundert Jahren würde der Sheriff nicht in ihren Diensten stehen.
T. R. Meredith erhielt einundsechzig Prozent der Stimmen, ein Erdrutschsieg. Morton bekam zweiund-achtzig Prozent und schlug seinen Gegner damit vernichtend. Wir druckten achttausend Exemplare der
»Wahl-Sonderausgabe« und verkauften jedes einzelne davon. Ich wurde zum unerschütterlichen Anhänger von jährlichen Wahlen. Das war Demokratie vom Feinsten.
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ine Woche vor Thanksgiving 1971 wurde Clanton von der Nachricht erschütte
E
rt, dass einer seiner
Söhne in Vietnam getötet worden war. Pete Mooney, ein neunzehnjähriger Sergeant, war bei einem Hinterhalt in der Nähe von Hue in Zentralvietnam gefangen genommen worden. Ein paar Stunden später hatte man seine Leiche gefunden.
Ich kannte die Mooneys nicht, aber Margaret Wright sehr wohl. Sie rief mich an, um mir die Neuigkeit mitzuteilen, und sagte, sie brauche ein paar Tage frei. Ihre Familie habe viele Jahre in derselben Straße wie die Mooneys gewohnt, und ihr Sohn und Pete seien seit ihrer Kindheit befreundet gewesen.
Ich wühlte ein wenig im Archiv und stieß dabei auf die Geschichte von Marvin Lee Walker, einem jungen Schwarzen, der 1966 als Erster aus dem County in Vietnam gefallen war. Das war passiert, bevor Mr Caudle sich für solche Dinge interessierte, und die Berichterstattung der Times war beschämend dürftig ausgefallen.
Nichts auf der Titelseite. Ein Artikel von hundert Wörtern auf Seite drei. Kein Foto. Damals wusste man in Clanton nicht einmal, wo Vietnam lag.
Ein junger Mann, dem der Zugang zu den besseren Schulen verwehrt gewesen war, der vermutlich nicht hatte wählen dürfen und es sicher nicht gewagt hatte, den Trinkbrunnen am Gericht zu benutzen, war in einem Land getötet worden, das nur wenige Menschen aus seiner Heimatstadt auf der Landkarte gefunden hätten. Doch sein Tod war gerechtfertigt. Der Kommunismus musste schließlich an allen Fronten bekämpft werden.
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Margaret Wright informierte mich diskret über alle Einzelheiten, die ich für einen Artikel benötigte. Pete hatte die Highschool in Clanton 1970 abgeschlossen, in der Schulmannschaft Football und Baseball gespielt und war dafür drei Jahre hintereinander ausgezeichnet worden. Er war ein hochbegabter Schüler gewesen, der zwei Jahre lang hatte arbeiten, Geld sparen und dann aufs College gehen wollen. Sein Pech war, dass er auf der Liste der Wehrpflichtigen weit oben stand. Im Dezember 1970
erhielt er den Einberufungsbescheid.
Margaret erzählte, dass Pete sich eigentlich nicht zur Grundausbildung hatte melden wollen, was ich natürlich nicht drucken konnte. Wochenlang hatte er sich mit seinem Vater wegen des Kriegs gestritten. Er hatte eigentlich vor, sich nach Kanada abzusetzen und der möglichen Einberufung auf diese Weise zu entgehen. Der Vater war entsetzt darüber, dass sein Sohn sich vor dem Wehrdienst drücken wollte. Der Name der Familie würde in den Schmutz gezogen
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