Die Liste
werden und so weiter. Er nannte den Jungen einen Feigling. Mr Mooney hatte in Korea gedient und nicht das Geringste für die Friedensbewegung übrig. Mrs Mooney versuchte zu vermitteln. Im tiefsten Herzen war auch sie dagegen, dass ihr Sohn in diesen unpopulären Krieg zog. Am Ende gab Pete nach, und jetzt kam er in einem Sarg nach Hause.
Die Trauerfeier fand in der Kirche der Ersten Baptisten statt, in der die Mooneys seit vielen Jahren aktiv waren.
Pete war dort mit elf getauft worden, was seiner Familie und seinen Freunden ein großer Trost war. Wenigstens war er jetzt beim Herrn, auch wenn er viel zu jung gewesen war, um heimgeholt zu werden.
Ich setzte mich neben Margaret und ihren Mann. Es war das erste und das letzte Mal, dass ich an der Beerdigung eines neunzehnjährigen Soldaten teilnahm. Wenn ich mich 319
auf den Sarg konzentrierte, konnte ich das Schluchzen, das sich gelegentlich zu einem Heulen steigerte, um mich herum verdrängen. Petes Footballtrainer an der Highschool hielt eine Lobrede, die jedem, mich eingeschlossen, die Tränen in die Augen trieb.
Ich konnte den Rücken von Mr Mooney in der ersten Reihe kaum sehen. Wie groß musste der Kummer dieses armen Mannes sein!
Nach einer Stunde wurden wir ins Freie entlassen und zogen zum Friedhof von Clanton, wo Pete mit vollen militärischen Ehren beigesetzt wurde. Als ein einsames Horn den Zapfenstreich spielte, ließ mich der herzzerreißende Aufschrei von Petes Mutter erschauern. Sie klammerte sich an den Sarg, bis er in die Grube gelassen wurde. Sein Vater brach schließlich zusammen. Mehrere Diakone kümmerten sich um ihn.
Was für eine Verschwendung, sagte ich immer wieder vor mich hin, während ich allein durch die Straßen in Richtung Büro ging. In jener Nacht verfluchte ich mich selbst dafür, dass ich mich so still, so feige verhalten hatte.
Verdammt noch mal, ich war Chefredakteur der Zeitung.
Ob ich nun das Gefühl hatte, ich wäre auch der richtige Chefredakteur für diesen Job oder nicht, war unerheblich.
Ich war der einzige in der Stadt. Wenn ich eine Sache für wichtig hielt, stand es zumindest in meiner Macht, einen Leitartikel darüber zu verfassen.
Vor Pete Mooney waren bereits über fünfzigtausend seiner Landsleute gestorben, auch wenn das Militär möglichst keine genauen Zahlen preisgab.
1969 waren Präsident Nixon und sein nationaler Sicherheitsberater, Henry Kissinger, zu dem Schluss gekommen, dass der Vietnamkrieg nicht zu gewinnen war, oder, besser gesagt, dass die Vereinigten Staaten nicht 320
mehr versuchen würden, ihn zu gewinnen. Das behielten sie allerdings für sich. Sie zogen weiterhin junge Männer zum Wehrdienst heran und taten so, als wären sie vom Sieg der USA überzeugt – eine zynische Strategie.
Nachdem sie ihre Entscheidung getroffen hatten, wurden noch einmal achtzehntausend Soldaten getötet, bevor der Krieg 1973 endete. Einer von ihnen war Pete Mooney.
Mein Leitartikel erschien auf der unteren Hälfte der Titelseite, unter einem großen Foto von Pete in Uniform.
Der Tod von Pete Mooney konfrontiert uns mit einer Frage, der wir uns endlich stellen müssen: Was zum Teufel tun wir in Vietnam? Ein begabter Schüler, ein talentierter Sportler, eine Persönlichkeit, die schon an der Schule Führungsqualitäten zeigte, wie unsere Gemeinschaft sie braucht, einer unserer Besten und Klügsten wurde in einem Land, das uns im Grunde gleichgültig ist, an einem Fluss erschossen, von dem wir vorher nie gehört hatten.
Die offizielle Rechtfertigung dafür ist zwanzig Jahre alt und besagt, dass wir den Kommunismus bekämpfen müssten. Wo immer dieser sein Haupt erhebe, müssten wir alles tun, um eine weitere Aggression zu verhindern, wie unser früherer Präsident Lyndon Johnson es einmal ausdrückte.
Korea, Vietnam. Mittlerweile haben wir Truppen in Laos und Kambodscha stehen, auch wenn Präsident Nixon das abstreitet. Was noch? Sollen wir unsere Kinder in jedes Land der Welt schicken, nur um uns in Bürgerkriege einzumischen, die uns nicht betreffend?
Nach der Niederlage der Franzosen 1954 wurde Vietnam zweigeteilt. Nordvietnam ist ein armes Land, das ein Kommunist namens Ho Chi Minh regiert.
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Südvietnam ist ein armes Land, das ein brutaler Diktator namens Ngo Dinh Diem regierte, der 1963 bei einem Staatsstreich ermordet wurde. Seitdem herrscht das Militär.
In Vietnam herrscht seit 1946 Krieg. Damals versuchten die Franzosen, die Kommunisten aus dem Land zu drängen, und scheiterten so
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