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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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spektakulär, dass Amerika auf den Plan trat, um zu demonstrieren, wie Kriege zu führen sind. Unser Misserfolg war noch dramatischer als der der Franzosen, und es ist noch nicht vorbei.
    Wie viele Pete Mooneys müssen noch sterben, bevor unsere Regierung sich entschließt, Vietnam sich selbst zu überlassen?
    Und an wie viele andere Orte der Welt wollen wir unsere Truppen schicken, um den Kommunismus zu bekämpfen?
    Was zum Teufel tun wir in Vietnam? Im Augenblick begraben wir unsere jungen Soldaten, während die Politiker, die für diesen Krieg verantwortlich sind, über einen Rückzug nachdenken.

    Meine drastische Ausdrucksweise würde wenig wohlwollend aufgenommen werden, aber das war mir egal. Starke Worte waren nötig, um die Einwohner von Ford County aus ihrem blinden Patriotismus zu reißen.
    Bevor jedoch die Flut der Anrufe und Briefe einsetzte, hatte ich bereits einen Freund gewonnen.
    Als ich von meinem donnerstäglichen Mittagessen mit Miss Callie (Lammeintopf drinnen am Kamin) zurück-kehrte, wartete in meinem Büro Bubba Crockett auf mich.
    Er trug Jeans, Stiefel, ein Flanellhemd und hatte lange Haare. Nachdem er sich vorgestellt hatte, bedankte er sich 322

    für den Leitartikel. Er wollte ein paar Dinge loswerden, und da ich pappsatt war, legte ich die Füße auf meinen Schreibtisch und war ganz Ohr.
    Bubba war in Clanton aufgewachsen, wo er 1966 die Schule beendet hatte. Seinem Vater gehörte die Baumschule drei Kilometer südlich der Stadt, er stammte aus einer Familie von Landschaftsgärtnern. Als er 1967
    eingezogen wurde, ging er voller Begeisterung in den Kampf gegen den Kommunismus. Seine Einheit landete gerade noch rechtzeitig für die Tet-Offensive im Süden.
    Nach zwei Tagen Bodenkrieg hatte er drei seiner besten Freunde verloren.
    Die Schrecken der Schlacht ließen sich nicht wirklich beschreiben, aber Bubbas Schilderungen waren anschaulich genug. Brennende Menschen schrien um Hilfe, man stolperte über Körperteile, schleppte Leichen vom Schlachtfeld. Stunden ohne Schlaf, ohne Nahrung, in denen die Munition ausging, während man den Feind in der Dunkelheit auf sich zukriechen sah. Sein Bataillon verlor in den ersten fünf Tagen hundert Mann. »Nach einer Woche wusste ich, dass ich sterben würde«, sagte er mit Tränen in den Augen.
    »Danach wurde ich ein ziemlich guter Soldat. Man muss diesen Punkt erreichen, wenn man überleben will.«
    Er wurde zweimal verwundet, leichte Verletzungen, die im Feldlazarett behandelt werden konnten, nichts, für das er nach Hause geschickt werden musste. Er sprach davon, wie frustrierend es war, einen Krieg zu führen, wenn die eigene Regierung alles tat, damit man ihn nicht gewann.
    »Wir waren die besseren Soldaten«, sagte er, »und um Größenordnungen besser ausgerüstet. Unsere befehlsha-benden Offiziere waren phantastisch, aber diese Idioten in Washington ließen es nicht zu, dass sie den Krieg richtig 323

    führten.«
    Bubba kannte die Familie Mooney und hatte Pete angefleht, nicht zu gehen. Er hatte die Beerdigung aus der Ferne verfolgt und alle Anwesenden und viele, die nicht da waren, verflucht.
    »Die Trottel hier sind immer noch für den Krieg, können Sie sich das vorstellen?«, sagte er. »Nach über fünfzigtausend Toten sind wir dabei, den Kampf aufzugeben, und hier in Clanton wollen sie dir immer noch weismachen, dass alles für eine große Sache war.«
    »Mit Ihnen legen sie sich aber nicht an«, sagte ich.
    »Nein. Ich hab ein paar von ihnen eins auf die Mütze gegeben. Spielen Sie Poker?«
    Das tat ich nicht, aber ich hatte wilde Geschichten über die verschiedenen Pokerrunden der Stadt gehört. Spontan entschied ich, dass die Sache interessant werden könnte.
    »Nicht besonders gut«, antwortete ich daher. Ich würde mir ein Buch mit den Regeln besorgen oder mir das Spiel von Baggy beibringen lassen.
    »Wir spielen jeden Donnerstagabend in einem Schuppen bei der Baumschule. Ein paar Typen, die in Vietnam gekämpft haben. Könnte Ihnen gefallen.«
    »Heute Abend?«
    »Ja, gegen acht. Nur ein kleines Spielchen, ein bisschen Bier, ein bisschen Pot, ein paar Kriegsgeschichten. Meine Kumpels wollen Sie kennen lernen.«
    »Ich werde da sein«, sagte ich, während ich überlegte, wo ich Baggy finden konnte.

    An jenem Nachmittag wurden vier Briefe unter der Tür hindurchgeschoben, alle vier voll von ätzender Kritik an meiner Person und meiner kritischen Haltung gegenüber 324

    dem Krieg. Mr E. L. Green, der in zwei Kriegen gekämpft

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