Die Liste
war Danny Padgitt. Es war Danny Padgitt.«
Ich nannte Lucien einen Lügner und machte mich über sein schlechtes Gedächtnis hinsichtlich des Prozesses lustig. Die Geschworenen hätten weniger als eine Stunde gebraucht, um den Angeklagten für schuldig zu befinden, erklärte ich.
Und mit einem Erinnerungsvermögen, das selbst mich überraschte, beschrieb ich die erbärmliche Vorstellung 373
Danny Padgitts im Zeugenstand: seine Lügen, mit denen er vertuschen wollte, dass er gelogen hatte, den völligen Mangel an Ehrlichkeit. »Er hätte auch noch wegen Meineids verurteilt werden sollen«, sagte ich. »Und als er mit seiner Aussage fertig war, ist er nicht an seinen Platz zurückgekehrt, sondern zur Geschworenenbank gegangen, hat den Geschworenen mit dem Finger gedroht und gesagt: ›Wenn ihr mich verurteilt, mache ich euch fertig, und zwar jeden Einzelnen von euch!‹«
Ein Ausschussmitglied namens Horace Adler setzte sich abrupt auf und stammelte in Richtung der Padgitts: »Ist das wahr?«
»Es steht im Protokoll«, sagte ich schnell, bevor Lucien die Gelegenheit bekam, wieder zu lügen. Der Anwalt der Padgitts stand langsam auf.
»Ist das wahr, Mr Wilbanks?«, fragte ein zweites Ausschussmitglied.
»Er hat die Geschworenen bedroht?«, warf ein drittes Ausschussmitglied ein.
»Ich habe die Mitschrift«, erwiderte ich. »Ich schicke Ihnen gern eine Kopie davon.«
»Ist das wahr?«, wiederholte Adler.
»Im Gerichtssaal haben dreihundert Leute gesessen«, sagte ich. Ich starrte Lucien drohend an. Tu es nicht. Fang bloß nicht an zu lügen.
»Halten Sie den Mund, Mr Traynor«, fuhr mich ein Ausschussmitglied an.
»Es steht im Protokoll«, wiederholte ich.
»Das reicht jetzt!«, brüllte Jeter.
Lucien stand immer noch da und überlegte. Alle warteten. Schließlich sagte er: »Ich kann mich nicht an alles erinnern, was im Prozess gesagt wurde.« Ich 374
schnaubte so laut und verächtlich wie möglich. »Vielleicht hat mein Mandant etwas in dieser Richtung gesagt, aber schließlich ist es ja ein sehr emotionaler Moment gewesen, und im Eifer des Gefechts ist es durchaus möglich, dass Worte diesen Inhalts gefallen sind. Aber im Zusammenhang gesehen …«
»Im Zusammenhang gesehen! Dass ich nicht lache!«, schrie ich. Ich machte einen Schritt auf Lucien zu, als wollte ich ihm ins Gesicht schlagen. Als einer der Wächter auf mich zukam, blieb ich stehen. »Es steht schwarz auf weiß in der Prozessmitschrift«, sagte ich wütend. Dann wandte ich mich an den Ausschuss. »Wie können Sie hier sitzen und zusehen, wie nach Strich und Faden gelogen wird? Wollen Sie denn nicht die Wahrheit hören?«
»Noch etwas, Mr Traynor?«, fragte Jeter.
»Ja! Ich hoffe, dass der Ausschuss unser Justizsystem nicht zum Gespött der Leute macht, indem er diesen Mann nach acht Jahren aus dem Gefängnis lässt. Danny Padgitt hat Glück gehabt, dass er hier sitzt und nicht in der Todeszelle, wo er eigentlich hingehört. Und ich hoffe, dass Sie bei der nächsten Anhörung – falls es eine solche geben wird – einige Leute aus Ford County einladen.
Vielleicht den Sheriff oder den Staatsanwalt. Und könnten Sie nicht auch die Familie des Opfers benachrichtigen? Sie hat das Recht, bei der Anhörung dabei zu sein, damit Sie ihre Gesichter sehen können, wenn Sie diesen Mörder freilassen.«
Vor Wut schäumend, setzte ich mich hin. Ich starrte Lucien Wilbanks an und nahm mir fest vor, ihn für den Rest seines oder meines Lebens zu hassen – je nachdem, wer von uns zuerst starb. Jeter verkündete eine kurze Unterbrechung. Ich vermutete, dass der Ausschuss sich in einem Hinterzimmer neu gruppieren und sein Geld zählen wollte. Vielleicht konnte man Mr Padgitt ja auffordern, 375
noch etwas Bargeld für ein oder zwei weitere Ausschussmitglieder über den Tisch zu schieben. Um den Anwalt des Ausschusses zu ärgern, machte ich mir seitenweise Notizen für den Bericht, den er mir zu schreiben verboten hatte.
Wir warteten dreißig Minuten, bevor die Mitglieder des Ausschusses zurückkamen. Alle sahen aus, als hätten sie etwas zu verbergen. Jeter rief zur Abstimmung auf. Zwei stimmten für eine Haftentlassung auf Bewährung, zwei dagegen, einer enthielt sich der Stimme. »Eine Haftentlassung auf Bewährung wird damit abgelehnt«, verkündete Jeter. Mrs Padgitt brach in Tränen aus. Sie umarmte Danny, bevor er weggebracht wurde.
Lucien und die Padgitts gingen so nah an mir vorbei, dass sie mich fast gestreift hätten, und verließen den
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