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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Wochenenden zu Hause, an denen ich nichts anderes tat, als zu lesen und zu schreiben, dass ich mich langsam daran gewöhnte. Und das deprimierte mich. Ich fuhr ins Fuchsloch zu den Pokerrunden mit Bubba Crockett und in Begleitung von Harry Rex zu Barbecues von Farmern und 450

    Hinterwäldlern. Doch nie hatte ich den Eindruck, dass ich dazugehörte.
    Clanton veränderte sich allmählich, und die Entwicklung gefiel mir nicht. Wie die meisten kleinen Städte im Süden breitete es sich in alle Richtungen aus, ohne einen Plan für sein Wachstum. Das Bargain City florierte, und um den Discountmarkt hatten sich sämtliche Fastfood-Ketten an-gesiedelt, die es gab. Das Stadtzentrum verfiel zusehends, obwohl das Gericht und die Verwaltung des County auch in Zukunft viel Publikumsverkehr haben würden. Es wurde eine starke politische Führung gebraucht, Menschen mit einem konkreten Ziel vor Augen, aber die waren dünn gesät.
    Andererseits vermutete ich, dass die Stadt meiner überdrüssig war. Wegen meiner Moralpredigten gegen den Vietnamkrieg würde man mich den Rest meines Lebens für einen radikalen Liberalen halten. Und ich unternahm kaum etwas, um diesen Ruf zu ändern. Die Zeitung wuchs, und die Gewinne wuchsen mit. Im gleichen Maß wurde auch meine Haut dicker, und ich schrieb immer mehr Artikel, in denen meine persönliche Meinung zum Ausdruck kam. Ich wetterte gegen die nicht öffentlichen Sitzungen, die der Verwaltungsvorstand des County abhielt. Ich ging vor Gericht, um mir den Zugang zu den County-Archiven zu erkämpfen. Ich meckerte ein Jahr lang, weil es so gut wie keine Bebauungspläne und Flächennutzungsvorschriften für das County gab, und als Bargain City in die Stadt kam, schoss ich erneut weit übers Ziel hinaus. Ich machte mich über die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung lustig, die es den Reichen ermöglichte, ihre Favoriten in die Ämter zu hieven. Und als Danny Padgitt freigelassen wurde, schimpfte ich wie ein Rohrspatz über das Bewährungssystem.
    In den Siebzigerjahren führte ich ständig irgendwelche 451

    Kreuzzüge. Das schlug sich in interessanten Artikeln und einer höheren Auflage nieder, aber es machte aus mir auch einen Sonderling. Ich wurde abgestempelt als unzufriedener Nörgler, der gern auf die Kanzel stieg. Ich glaube nicht, dass ich jemals jemanden schikanierte; jedenfalls gab ich mir große Mühe, es nicht zu tun. Aber rück-blickend gesehen führte ich einige Kämpfe, die ich nicht nur aus Überzeugung, sondern auch aus Langeweile angezettelt hatte.
    Je älter ich wurde, desto mehr sehnte ich mich danach, ein ordentlicher Bürger zu sein. Ich würde immer ein Außenseiter bleiben, aber das störte mich inzwischen nicht mehr. Ich wollte kommen und gehen, in Clanton leben, wenn mir danach war, es für längere Zeit verlassen, wenn mir langweilig wurde. Erstaunlich, wie die Aussicht auf viel Geld die eigene Zukunft verändern kann.
    Ich träumte nur noch davon, wegzugehen, eine Auszeit zu nehmen, länger an einem Ort zu bleiben, an dem ich noch nie gewesen war, mir die Welt anzusehen.
    Die nächste Besprechung mit Gary McGrew fand in einem Restaurant in Tupelo statt. Er war inzwischen mehrere Male in meinem Büro gewesen. Noch ein Besuch, und meine Mitarbeiter würden zu tuscheln beginnen. Beim Mittagessen sahen wir uns erneut die Bücher an, sprachen über die Pläne seines Kunden, verhandelten über diesen und jenen Punkt. Falls ich verkaufte, wollte ich, dass der zukünftige Eigentümer die neuen Fünfjahresverträge einhielt, die ich Davey Bigmouth Bass, Hardy und Margaret gegeben hatte. Baggy würde entweder bald in Ruhestand gehen oder an Leberzirrhose sterben. Wiley war immer nur in Teilzeit angestellt gewesen, und sein Interesse daran, sensationelle Fotos zu schießen, nahm rapide ab. Er war der einzige Mitarbeiter, dem ich von den Verhandlungen erzählt hatte, und er hatte mich darin 452

    bestärkt, das Angebot anzunehmen.
    McGrews Kunde wollte, dass ich mindestens noch ein Jahr bei der Zeitung blieb und für ein fürstliches Gehalt den neuen Chefredakteur einarbeitete. Dieser Bedingung würde ich auf keinen Fall zustimmen. Wenn ich schon ging, dann richtig. Ich wollte keinen Chef vor der Nase haben, und ich wollte mir nicht die Vorwürfe der Einheimischen anhören, weil ich die Zeitung des County an ein großes Unternehmen von außerhalb des Staates verkaufte.
    Das Angebot lag bei 1,3 Millionen Dollar. Ein von mir beauftragter Berater aus Knoxville schätzte den Wert der

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