Die Liste
Aufmerksamkeit bedankt hatte, fügte ich hinzu, ich würde noch häufiger nach neun im Bett liegen.
Ich hatte schon zweimal am späten Vormittag im Tea Shoppe Kaffee getrunken und war einmal zum Mittagessen dort gewesen. Als Eigentümer der Zeitung hielt ich es für erforderlich, mich in der Stadt blicken zu lassen, wenn auch zu einer für mich akzeptablen Uhrzeit.
Ich war mir der Tatsache nur zu sehr bewusst, dass ich noch jahrelang über Ford County schreiben würde – über seine Menschen, Orte und Ereignisse.
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Wiley sagte, die Cafés seien schon früh am Morgen gut besucht. »Besonders nach Footballspielen und Autounfällen«, fügte er hinzu.
»Wie sieht’s nach Morden aus?«, fragte ich.
»Hat schon lange keinen mehr gegeben.«
Aber er hatte Recht. Als wir das Café um kurz nach sechs betraten, war es bereits überfüllt. Wiley begrüßte ein paar Leute, schüttelte ein paar Hände und tauschte ein paar freundschaftliche Beleidigungen aus. Er stammte aus Ford County und kannte jeden. Ich nickte und lächelte und wurde mit seltsamen Blicken bedacht. Es würde Jahre dauern. Die Leute waren Fremden gegenüber freundlich, aber auch misstrauisch.
Wir fanden zwei Plätze an der Bar, und ich bestellte Kaffee, sonst nichts. Der Kellnerin gefiel das nicht, aber sie wurde etwas freundlicher, als Wiley es sich noch einmal überlegte und Rührei, Schinken, Biskuits, Maisfladen und eine Portion Bratkartoffeln verlangte –
genug Cholesterin, um den gesündesten Sportler zum Infarktkandidaten zu machen.
Die Leute sprachen über nichts anderes als die Vergewaltigung und den Mord. Wenn schon Debatten über das Wetter zu Streitigkeiten führten, kann man sich unschwer vorstellen, was für Emotionen ein so abscheulicher Mord aufrühren musste. Seit über hundert Jahren hätten die Padgitts im County das Sagen; es sei an der Zeit, dass sie allesamt im Knast landeten. Falls notwendig, müsse die Insel von der Nationalgarde eingenommen werden. Mackey Don müsse seinen Hut nehmen; er habe zu lange mit ihnen unter einer Decke gesteckt.
Wenn man eine Horde Gauner frei herumlaufen lasse, glaubten sie, über dem Gesetz zu stehen. Und jetzt das.
Über Rhoda wurde nicht viel gesagt, weil nur wenig 45
über sie bekannt war. Einer wusste, dass sie in den Klubs an der Staatsgrenze herumgehangen hatte. Ein anderer glaubte zu wissen, dass sie mit einem Anwalt aus der Gegend geschlafen hatte. Den Namen kannte er nicht. Nur ein Gerücht.
Unzählige solche Gerüchte schwirrten durch das Tea Shoppe. Zwei Großmäuler glaubten sich abwechselnd zum Richter berufen, und ich war überrascht, wie leichtsinnig sie ihre Version der Wahrheit vertraten. Zu schade, dass wir den ganzen wundervollen Tratsch nicht drucken konnten.
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rotzdem druckten wir eine ganze Menge. Die Schlagzeile verkündete die Vergewaltigung T
und
Ermordung Rhoda Kassellaws sowie die Festnahme von Danny Padgitt. Sie war so fett, dass man sie aus einer Entfernung von zwanzig Metern problemlos lesen konnte.
Darunter prangten zwei Fotos: Eines zeigte Rhoda als Schülerin der Abschlussklasse der Highschool, das andere Padgitt, wie er mit Handschellen ins Gefängnis gebracht wurde. Wiley hatte im richtigen Moment abgedrückt. Es war ein perfekter Schnappschuss. Padgitt starrte mit einem höhnischen Gesichtsausdruck direkt in die Kamera. Seine Stirn war wegen des Unfalls blutverschmiert, sein Hemd wegen des Überfalls auf Rhoda Kassellaw. Er wirkte gefährlich, niederträchtig, arrogant, alkoholisiert und hundertprozentig schuldig. Mir war klar, dass das Foto eine sensationelle Wirkung haben würde. Wiley fand, wir hätten es besser nicht publizieren sollen, aber ich war dreiundzwanzig und damit zu jung, um mir Zurückhaltung aufzuerlegen. Meine Leser sollten die hässliche Wahrheit kennen. Ich wollte Auflage machen.
Rhodas Bild hatte ich von ihrer Schwester aus Missouri.
Bei meinem ersten Anruf hatte sie fast nichts gesagt und schnell aufgelegt, aber bei unserem zweiten Telefonat taute sie ein bisschen auf. Sie sagte, die Kinder würden von einem Arzt psychologisch betreut, und die Beerdigung finde am Dienstagnachmittag in einer Kleinstadt in der Nähe von Springfield statt. Wenn es nach ihr und der Familie ginge, fügte sie hinzu, könne ganz Mississippi zur Hölle fahren.
Ich versicherte ihr, sie nur zu gut zu verstehen, weil ich 47
aus Syracuse und ganz anders als die Südstaatler sei.
Schließlich willigte sie ein, mir ein Foto zu schicken.
Unter
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