Die Liste
Staatsanwalt ist wie üblich etwas verwirrt. Gerald Padgitt wird nicht dieser Verbrechen beschuldigt. Aber ich bin nicht sein Anwalt, und es ist mir scheißegal, was mit 55
ihm passiert ist.«
»Achten Sie auf Ihre Wortwahl«, warnte Loopus.
»Hier geht es nicht um Gerald, sondern um Danny Padgitt, einen jungen Mann ohne jede Vorstrafe.«
»Hat Ihr Klient in diesem County Grundbesitz?«, fragte der Richter.
»Nein, hat er nicht. Er ist erst vierundzwanzig.«
»Dann lassen Sie uns zur Sache kommen, Mr Wilbanks.
Mir ist bekannt, dass seine Familie über beträchtlichen Grundbesitz verfügt. Ich entlasse ihn nur, wenn der gesamte Besitz als Kaution verpfändet wird, um so sicherzustellen, dass er auch tatsächlich vor Gericht erscheint.«
»Das ist ja unglaublich«, knurrte Wilbanks.
»Wie die Verbrechen, die Ihrem Mandanten zur Last gelegt werden.«
Wilbanks knallte seinen Notizblock auf den Tisch.
»Geben Sie mir eine Minute, damit ich mich mit seiner Familie beraten kann.«
Das ließ bei den Padgitts einige Unruhe aufkommen. Sie scharten sich hinter dem Tisch der Verteidigung um Wilbanks, konnten sich aber nicht einigen. Es war schon fast komisch, wie diese reichen Kriminellen die Köpfe schüttelten und sich gegenseitig beschimpften. Familien-streitigkeiten lodern schnell auf und werden erbittert geführt, besonders wenn Geld im Spiel ist, und jeder der anwesenden Padgitts schien eine andere Meinung zu haben, welcher Kurs einzuschlagen war. Man konnte nur spekulieren, wie es wohl zuging, wenn sie ihre Beute aufteilten.
Wilbanks erkannte, dass eine Einigung wenig wahrscheinlich war. Weil er weitere Peinlichkeiten verhindern wollte, wandte er sich wieder an den Richter.
56
»Das ist unmöglich, Euer Ehren«, verkündete er. »Das Land der Padgitts gehört mindestens vierzig verschiedenen Personen, von denen die meisten nicht hier sind. Die Forderung des Gerichts ist willkürlich und mit einer nicht zu rechtfertigenden Belästigung verbunden.«
»Ich gebe Ihnen ein paar Tage Zeit, um alles zu arrangieren«, bemerkte Loopus, der die für die Gegenseite unangenehme Situation offensichtlich genoss.
»Nein, Sir, das ist schlicht nicht fair. Mein Mandant hat ein Anrecht darauf, gegen eine vernünftige Kaution aus der Haft entlassen zu werden, genau wie jeder andere Angeklagte auch.«
»Dann wird er bis zur Vernehmung zur Anklage eben nicht gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt.«
»Wir verzichten auf die Vernehmung.«
»Wie Sie wünschen.« Loopus machte sich eine Notiz.
»Und wir verlangen, dass der Fall so schnell wie möglich der Anklagejury vorgelegt wird.«
»Alles zu seiner Zeit, Mr Wilbanks. Dieser Fall wird genau wie alle anderen behandelt.«
»Wir werden nämlich so schnell wie möglich eine Verlegung des Verhandlungsorts beantragen«, verkündete Wilbanks gewichtig, als wäre dies eine bedeutsame Bekanntmachung.
»Dafür ist es noch ein bisschen früh, finden Sie nicht?«, fragte Loopus.
»In diesem County wird mein Mandant nie ein faires Verfahren bekommen.« Wilbanks blickte ins Publikum und schien den Richter, der einen Moment lang Neugier zeigte, fast zu ignorieren. »Hier ist bereits jemand dabei, meinen Mandanten anzuklagen, ihm den Prozess zu machen und ihn zu verurteilen, bevor er überhaupt die 57
Möglichkeit hatte, sich zu verteidigen. Meiner Ansicht nach sollte das Gericht sofort einschreiten und einen Maulkorberlass verhängen.«
Wenn hier jemandem das Maul gestopft werden musste, dann Lucien Wilbanks.
»In welche Richtung zielt Ihre Bemerkung, Mr Wilbanks?«, fragte Loopus.
»Haben Sie die Lokalzeitung gelesen, Euer Ehren?«
»In letzter Zeit nicht.«
Alle Augen richteten sich auf mich, und erneut hätte ich fast einen Herzstillstand erlitten.
Wilbanks bedachte mich mit einem funkelnden Blick.
»Reißerische Titelgeschichten, blutrünstige Fotos, anonyme Quellen. Und genügend Halbwahrheiten und Anspielungen, um einen Unschuldigen vor zu verurteilen!«
Baggy rückte wieder ein Stück von mir weg. Ich fühlte mich ziemlich allein.
Wilbanks stampfte durch den Sitzungssaal und warf ein Exemplar der Times auf den Richtertisch. »Sehen Sie sich das mal an«, knurrte er. Loopus rückte seine Lesebrille zurecht, nahm die Zeitung und lehnte sich in seinem Ledersessel zurück. Er begann zu lesen, hatte es aber offenbar nicht besonders eilig.
Er war ein bedächtiger Leser. Irgendwann setzte mein Herzschlag wieder ein, mit der Heftigkeit eines Presslufthammers. Mir fiel
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