Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
auf die Story war erstaunlich. Baggy und Wiley berichteten, in den Restaurants und Cafés sei man sich einig in der Bewunderung dieses unerschrockenen jungen Journalisten. Die Padgitts und Wilbanks wurden schon seit langem verachtet. Jetzt galt es, Sheriff Coley loszuwerden.
    Margaret erzählte, sie werde mit Anrufen von Lesern bombardiert, die über Dannys Vorzugsbehandlung empört seien. Wileys Neffe berichtete, im Gefängnis herrsche Chaos und Mackey Don liege im Krieg mit seinen Deputys. Er verhätschelte einen Mörder – 1971 war ein Wahljahr. Die Menschen draußen waren aufgebracht, und möglicherweise würden alle Gesetzeshüter ihren Job verlieren.

    Diese beiden Wochen waren für das Überleben der Zeitung entscheidend. Die Leser konnten es gar nicht abwarten, alle Einzelheiten zu erfahren, und durch günstiges Timing, pures Glück und etwas Mumm war ich in der Lage, ihre Ansprüche zu befriedigen. Plötzlich war die Times zu neuem Leben erwacht und eine einflussreiche Größe. Man vertraute mir. Die Menschen wollten detaillierte, furchtlose Artikel.
    Baggy und Margaret meinten, Spot hätte sich nie getraut, diese Fotos zu publizieren und den Sheriff herauszu-fordern. Aber sie selbst waren auch immer noch ziemlich 70

    zaghaft. Ich konnte nicht behaupten, dass meine Kühnheit auf meine Belegschaft abfärbte. Die Truppe der Times bestand aus einem Entertainer und einem ziemlich ängst-lichen Team, und daran sollte sich auch nichts ändern.
    Mir war es egal. Ich sagte die Wahrheit und pfiff auf die Konsequenzen. Ich war ein Held. Bald hatten wir fast dreitausend Abonnenten. Die Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft verdoppelten sich. Ich ließ die Verhältnisse in Ford County nicht nur in einem anderen Licht erscheinen, sondern machte zugleich auch noch Geld.
    71

    7
    ie Bombe war ein ziemlich primitiver Brandsatz, doch wenn sie explodiert wäre, hätte die Druckerei D
    schnell in Flammen gestanden. Das Feuer wäre durch diverse Chemikalien und knapp fünfhundert Liter Druckerschwärze angefacht worden, sodass es sich in Windeseile auf die vorderen Büros ausgedehnt hätte. Es gab weder eine Sprinkler- noch eine Alarmanlage. Wer weiß, wie viel im Falle eines Brandes von den beiden oberen Büros zu retten gewesen wäre. Vermutlich wenig.
    Wenn die Bombe in den frühen Morgenstunden des Donnerstags plangemäß explodiert wäre, hätte das Feuer die vier Gebäude in der Häuserzeile vermutlich fast völlig verschlungen.
    Doch die tickende Bombe war rechtzeitig neben einem Stapel alter Zeitungen in der Druckerei entdeckt worden, und zwar von Clantons Dorftrottel. Oder wie ich vielleicht besser sagen sollte: einem von Clantons Dorftrotteln.
    Gemessen an der Bevölkerungszahl hatte die Stadt überproportional viele aufzuweisen.
    Der Trottel hieß Piston, und ich hatte ihn beim Kauf der Times mit übernommen, wie das Gebäude, die uralte Druckerpresse und die verstaubten Bibliotheken. Piston war kein offizieller Angestellter der Zeitung, holte sich aber trotzdem jeden Freitag seine fünfzig Dollar in bar ab.
    Keine Schecks. Für seinen Lohn schrubbte er manchmal die Böden, gelegentlich verwischte er auch den Dreck auf den Scheiben der Vorderfenster ein wenig. Wenn sich jemand beschwerte, brachte er den Müll vor die Tür. Er hatte keine festen Arbeitszeiten und kam und ging, wie es ihm gerade passte. An Türen klopfte er nur ungern, 72

    ungeachtet dessen, ob gerade eine Besprechung im Gang war. Dafür schätzte er es, unsere Telefone zu benutzen und unseren Kaffee zu trinken. Mit seinen weit auseinander stehenden Augen, den dicken Brillengläsern, der großen, tief in die Stirn gezogenen Truckerkappe, dem stoppeligen Bart und den vorstehenden Zähnen wirkte er ziemlich unheimlich, doch er war harmlos. Er putzte noch in anderen Geschäften am Platz und schaffte es irgendwie, sich über Wasser zu halten. Niemand wusste, wo er wohnte, mit wem er zusammenlebte oder wie er in die Stadt gekommen war. Je weniger wir über Piston wussten, desto besser.
    Piston – er hatte seit Jahrzehnten einen Schlüssel – war am frühen Donnerstagmorgen in den Redaktionsbüros gewesen und hatte seinen Worten nach zuerst ein merkwürdiges Ticken gehört. Bei einer eingehenderen Untersuchung der Räume waren ihm drei Kunststoffkanister mit einem Fassungsvermögen von jeweils fünfundzwanzig Litern aufgefallen, die mit einem daneben auf dem Boden stehenden Holzkasten zusammengeschnürt waren. Das Ticken kam aus dem Kasten. Weil Piston

Weitere Kostenlose Bücher