Die Liste
wolle.
Ginger war schlank, rothaarig, sehr attraktiv und gut gekleidet. Als sie auf der Zeugenbank Platz nahm, richtete sich die gesamte Aufmerksamkeit auf sie.
Baggy behauptete, es werde immer jemand aus der Familie des Opfers als Zeuge aufgerufen. Der Tod werde real, wenn ein Angehöriger in den Zeugenstand trete und den Geschworenen ins Gesicht blicke.
Gaddis wollte, dass die Geschworenen Ginger McClure sahen, um Sympathien zu wecken. Außerdem wollte er sie daran erinnern, dass zwei kleine Kinder durch vorsätzlichen Mord ihre Mutter verloren hatten. Gingers Aussage war kurz. Lucien Wilbanks verzichtete klugerweise auf ein Kreuzverhör. Nachdem sie entlassen worden war, ging sie zu einem für sie reservierten Stuhl hinter der Schranke in der Nähe von Ernie Gaddis, wo sie den Platz des Vertreters der Familie einnahm. Jede ihrer Bewegungen wurde beobachtet, bis der nächste Zeuge aufgerufen war.
Dann wurde es erneut blutig. Ein Pathologe vom Kriminallabor des Bundesstaates erörterte die Autopsie.
Obwohl er jede Menge Fotos dabeihatte, wurde keines 182
davon verwendet. Das war auch nicht nötig. Laienhaft ausgedrückt war die Todesursache eindeutig – Blutverlust.
Direkt unter Rhoda Kassellaws linkem Ohr begann ein zehn Zentimeter langer Schnitt, der fast senkrecht nach unten verlief. Er war gut fünf Zentimeter tief und nach Meinung des Experten, der schon viele Messerwunden gesehen hatte, durch einen schnellen, kraftvollen Stoß mit einer Klinge verursacht worden, die gut fünfzehn Zentimeter lang und zweieinhalb Zentimeter breit war. Die Person, die das Messer geführt hatte, war aller Wahrscheinlichkeit nach Rechtshänder. Der Schnitt hatte die linke Drosselvene vollständig durchtrennt. Danach hatte das Opfer nur noch wenige Minuten gelebt. Ein zweiter Schnitt, gut sechzehn Zentimeter lang und zweieinhalb Zentimeter tief, verlief von der Kinnspitze zum rechten Ohr, das praktisch in zwei Teile getrennt wurde. Diese Wunde allein wäre vermutlich nicht tödlich gewesen.
Der Pathologe beschrieb die Wunden, als würde er über Zeckenbisse reden. Keine große Sache. Nichts Ungewöhnliches. In seinem Beruf sah er jeden Tag solche Gemetzel und erklärte sie Geschworenen. Aber jeder andere im Saal fand diese Einzelheiten höchst beunruhigend. Irgendwann während seiner Aussage sah jeder der Geschworenen Danny Padgitt an und votierte im Stillen für schuldig.
Luden Wilbanks ging sein Kreuzverhör vorsichtig an.
Beide Männer waren einander schon bei anderen Prozessen begegnet. Er ließ sich von dem Pathologen bestätigen, dass die Möglichkeit eines Irrtums bestand, was zum Beispiel die Größe der Mordwaffe anging und die Frage, ob der Angreifer Rechtshänder gewesen war.
»Ich habe ja darauf hingewiesen, dass es sich um Wahrscheinlichkeiten handelt«, erklärte der Mediziner geduldig. Ich hatte den Eindruck, dass er so oft verhört worden war, dass ihn nichts mehr aufregte. Wilbanks 183
hakte ein wenig nach, hütete sich aber, noch einmal auf das belastende Beweismaterial zurückzukommen. Die Geschworenen hatten genug von den Schnittwunden gehört, es wäre dumm gewesen, das Thema noch einmal aufzugreifen.
Ein zweiter Pathologe folgte. Gleichzeitig mit der Autopsie hatte er eine gründliche Untersuchung der Toten vorgenommen und dabei mehrere Hinweise auf die Identität des Mörders gefunden. Im Vaginalbereich war er auf Sperma gestoßen, das exakt zu Danny Padgitts Blut passte. Unter Rhodas rechtem Zeigefinger hatte er einen winzigen Fetzen menschlicher Haut entdeckt, der ebenfalls zur Blutgruppe des Angeklagten passte.
Im Kreuzverhör fragte Lucien Wilbanks ihn, ob er Mr Padgitt persönlich untersucht habe. Nein, hatte er nicht.
Wo an seinem Körper wies Mr Padgitt eine entsprechende Kratzwunde auf? »Ich habe ihn nicht untersucht«, erwiderte der Pathologe.
»Haben Sie Fotos von ihm gesehen?«
»Nein.«
»Falls ihm also irgendwo ein Hautfetzen fehlt, könnten Sie den Geschworenen nicht sagen, von welcher Stelle dieser stammt?«
»Ich fürchte, nein.«
Nach vier Stunden solch anschaulicher Beschreibungen waren alle im Sitzungssaal erschöpft. Richter Loopus entließ die Geschworenen, wobei er sie strengstens davor warnte, mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen.
Angesichts der Tatsache, dass sie in einer anderen Stadt versteckt und von der Polizei bewacht wurden, wirkte das ein wenig übertrieben.
Baggy und ich rasten ins Büro zurück und tippten hektisch bis kurz vor zweiundzwanzig Uhr. Es
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