Die Löwen
Kriminellen, denen er Zeug verkaufte – die normalen Kriminellen braucht er nicht zu nennen. Meme wird einverstanden sein, weil das nicht als Verrat von Freunden gilt. Und wenn Meme einverstanden ist, ist es Pepe auch. Die französischen Gerichte wären auf Jahre hinaus ausgelastet.«
»Nicht zu fassen!« Bill schüttelte den Kopf. »An einem einzigen Tag schnappst du zwei der vermutlich wichtigsten Hintermänner des internationalen Terrorismus!«
»An einem einzigen Tag?« Ellis lächelte. »Es hat ein ganzes Jahr dazu gebraucht.«
»Jedenfalls hat sich’s gelohnt.«
»Der junge Kerl ist Rahmi Coskun«, sagte Ellis. Er sprach schneller, weil da noch jemand war, dem er all dies erzählen wollte. »Rahmi und seine Gruppe sind verantwortlich für den Bombenanschlag auf die Turkish Airlines und für den Mord an dem Botschaftsattaché davor. Wenn du die ganze Gruppe geschnappt hast, wirst du mit Sicherheit Beweismaterial finden.«
»Oder die französische Polizei wird sie zum Singen bringen.«
»Ja. Gib mir mal was zum Schreiben, damit ich die Namen und Adressen notieren kann.«
»Nicht nötig«, sagte Bill. »In der Botschaft wirst du mir einen vollständigen Bericht erstatten.«
»Ich komm’ nicht mit zur Botschaft.«
»John, sei nicht so widerborstig.«
»Ich werde dir diese Namen geben, dann hast du alle wirklich wichtigen Informationen, selbst wenn ich unter ein Taxi geraten sollte oder was. Wenn nichts dazwischenkommt, treffen wir uns morgen früh, und ich liefere die Details nach.«
»Warum warten?«
»Ich habe eine Verabredung zum Lunch.«
Bill rollte mit den Augen. »Nun ja, das sind wir dir wohl schuldig«, sagte er widerstrebend.
»Das finde ich auch.«
»Mit wem bist du denn verabredet?«
»Jane Lambert. Ihr Name war einer von denen, die du mir gabst, als du mich seinerzeit instruiertest.«
»Ich erinnere mich. Und ich weiß auch noch, was ich zu dir gesagt habe: Wenn du bei der landen kannst, wird sie dich mit jedem verrückten Linken, arabischen Terroristen, Baader-Meinhof-Anhänger und Avantgarde-Dichter in Paris bekannt machen.«
»Damit hat’s auch geklappt – nur, ich hab’ mich echt in sie verliebt.«
Einen Augenblick lang sah Bill aus wie ein Banker aus Connecticut, dem eröffnet wird, sein Sohn werde die Tochter eines schwarzen Millionärs heiraten. Er wusste nicht, ob er sich darüber freuen oder ärgern sollte. »Ah, wie ist sie denn so?«
»Sie ist nicht verrückt, hat aber ein paar verrückte Freunde. Was kann ich dir sonst noch erzählen? Sie ist bildhübsch, blitzgescheit und märchenhaft im Bett. Sie ist wunderbar.
Sie ist die Frau, nach der ich mein Leben lang gesucht habe.«
»Nun, dann kann ich schon verstehen, warum du lieber mit ihr ein Tête-à-Tête hast als mit mir. Was hast du denn so vor?«
Ellis lächelte. »Eine Flasche Wein aufmachen, ein paar Steaks vertilgen, ihr erzählen, dass ich mir meine Brötchen mit Terroristenfangen verdiene, und sie bitten, mich zu heiraten.«
2
TEAN-PIERRE BEUGTE sich über den Kantinentisch und betrachtete die Brünette mit einem leidenschaftlichen Blick. »Ich glaube, ich kann mich in Sie hineinversetzen«, sagte er teilnahmsvoll. »Ich weiß noch, wie ungeheuer deprimiert ich nach dem ersten Jahr meines Medizinstudiums war. Man hat das Gefühl, mehr Wissen in sich hineinstopfen zu müssen, als ein einzelnes Gehirn aufnehmen kann, und man weiß einfach nicht, wie man es bis zu den Prüfungen schaffen soll.«
»Genau das ist es«, sagte sie und nickte heftig. Sie war den Tränen nahe.
»Das ist ein gutes Zeichen«, versicherte er ihr. »Es beweist die richtige Einstellung. Die Unbekümmerten - die sind es, die durchfallen.«
In ihren Augen schimmerte es feucht vor Dankbarkeit. »Meinen Sie das wirklich?«
»Ich bin mir da ganz sicher.«
Sie betrachtete ihn liebevoll. Du würdest lieber mich genießen als dein Essen, wie?
dachte er. Sie bewegte sich leicht, und am Hals klaffte der Pulli auf, sodass man ihren BH
sehen konnte. Einen Augenblick lang fühlte Jean-Pierre sich versucht. Im Ostflügel des Krankenhauses befand sich eine Wäschekammer, die nach halb zehn Uhr vormittags niemals benutzt wurde. Jean-Pierre hatte mehr als einmal davon Gebrauch gemacht. Man konnte die Tür von innen abschließen, es gab einen Stapel sauberer Laken …
Die Brünette seufzte und stopfte sich ein Stück Fleisch in den Mund. Als sie zu kauen begann, verlor Jean-Pierre jedes Interesse. Es war ihm zuwider, anderen
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