Die Löwen
nicht. Die CIA erzählt dem Volk einen Haufen Lügen.
Und wenn man nicht weiß, was die von der CIA eigentlich tun, kann man sie auch nicht kontrollieren.«
»Aber sie ist und bleibt unsere Agency, und wir tragen die Verantwortung.«
»Man könnte auch darauf hinarbeiten, dass sie abgeschafft wird, statt für sie tätig zu sein.«
»Aber wir brauchen eine Central Intelligence Agency – einen Geheimdienst. Wir leben in einer feindseligen Welt, und wir brauchen Informationen über unsere Feinde.«
Jane seufzte. »Aber sieh doch, wozu das führt. Ihr wollt Masud mehr - und vor allem größere - Geschütze schicken, damit er Menschen schneller töten kann. Und das ist genau das, was ihr am Ende immer tut.«
»Wir tun’s nicht einfach, damit Masud mehr Menschen schneller töten kann«, protestierte Ellis. »Die Afghanen kämpfen für ihre Freiheit – und sie kämpfen gegen einen Haufen Mörder -«
»Sie kämpfen doch alle für ihre Freiheit«, unterbrach ihn Jane. »Die PLO, die Exil-Kubaner, die Weathermen, die IRA, die weißen Südafrikaner und die Free Wales Army.«
»Manche sind im Recht, andere nicht.«
»Und die CIA kennt den Unterschied?« »Sie sollte ihn kennen – «
»Aber sie kennt ihn nicht. Für wessen Freiheit kämpft denn Masud?«
»Für die Freiheit aller Afghanen.« »Quatsch«, sagte Jane heftig. »Er ist ein moslemischer Fundamentalist, und falls er jemals an die Macht gelangt, wird es seine erste Tat sein, Frauen noch mehr zu knebeln. Niemals wird er ihnen das Wahlrecht zugestehen - er will ihnen vielmehr die wenigen Rechte nehmen, die sie haben. Und wie, denkst du, wird er seine politischen Gegner behandeln, wo doch der Ayatollah Khomeini sein politischer Held ist? Werden Wissenschaftler und Lehrer akademische Freiheit genießen? Werden schwule Männer und Lesben sexuelle Freiheit haben? Was wird wohl mit den Hindus geschehen und den Buddhisten und den Atheisten und den Plymouth Brethren?«
Ellis fragte: »Glaubst du im Ernst, Masuds Regime wäre schlimmer als das der Russen?«
Jane überlegte einen Augenblick. »Ich weiß nicht. Das einzige, was feststeht, ist, dass Masuds Regime eine afghanische Diktatur anstelle einer russischen wäre. Und es ist unverantwortlich, Menschen zu töten, bloß um einen ausländischen Diktator gegen einen einheimischen einzutauschen.«
»Die Afghanen scheinen das anders zu sehen.« »Die meisten von ihnen sind nie nach ihrer Meinung gefragt worden.«
»Mir scheint, es liegt auf der Hand. Im übrigen gehört so was normalerweise gar nicht zu meiner Arbeit. Für gewöhnlich bin ich eher so eine Art Detektiv.«
Dies war etwas, worüber Jane ein Jahr lang gerätselt hatte. »Was genau war denn dein Auftrag in Paris?«
»Als ich all deine Freunde bespitzelt habe?« Er lächelte dünn. »Hat Jean-Pierre dir das nicht gesagt?« »Mir hat er gesagt, dass er es wirklich nicht wisse.«
»Vielleicht wusste er’s tatsächlich nicht. Ich habe Terroristen gejagt.«
»Unter unseren Freunden?«
»Dort sind sie für gewöhnlich zu finden – unter Dissidenten, Drop-outs und Kriminellen.«
»War Rahmi Coskun ein Terrorist?« Jean-Pierre hatte gesagt, Rahmi sei Ellis’ wegen festgenommen worden.
»Ja. Er war verantwortlich für den Brandbombenanschlag bei den Turkish Airlines in der Avenue Felix Faure.«
»Rahmi? Woher wusstest du das?«
»Er hat’s mir selbst gesagt. Und als ich ihn verhaften ließ, plante er einen weiteren Bombenanschlag.«
»Auch das hat er dir erzählt?«
»Er bat mich, ihm bei der Herstellung der Bombe zu helfen.«
»Mein Gott!« Der hübsche Rahmi mit den glühenden Augen und dem unauslöschlichen Hass gegen die Regierung seines geplagten Landes …
Ellis war noch nicht fertig. »Erinnerst du dich an Pepe Gozzi?«
Jane krauste die Stirn. »Du meinst diesen komischen, kleinen Korsen, der einen Rolls-Royce hatte?«
»Ja. Der belieferte jeden Spanier in Paris mit Schusswaffen und Sprengstoff. Er belieferte jeden, der sich seine Preise leisten konnte, doch spezialisiert war er auf › politische ‹ Kunden.«
Jane war wie vor den Kopf geschlagen. Sie hatte zwar vermutet, dass er nicht ganz
»astrein« war, aber eigentlich nur, weil es sich bei ihm um einen reichen Korsen handelte. Allerdings hatte sie angenommen, er sei schlimmstenfalls in so alltägliche Verbrechen wie Schmuggelei oder Rauschgifthandel verwickelt. Der Gedanke, dass er Waffen an Mörder verkaufte, war ein Schock für Jane. Mehr und mehr hatte sie das Gefühl, in
Weitere Kostenlose Bücher