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Die Löwen

Die Löwen

Titel: Die Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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wird.«
    Er wandte sich zum Gehen.
    »Nein«, sagte Jean-Pierre. »Warten Sie doch!«
    Anatoli drehte sich wieder zu ihm um.
    Jean-Pierre nahm alle Kraft zusammen, um trotz der Schmerzen klar zu denken. »Ich bin hierhergekommen … ich habe mein Leben riskiert… ich habe Ihnen Informationen über die Konvois geliefert… Ihre Leute haben die Konvois angegriffen … und der Schaden, der den Rebellen dadurch entstanden ist, der ist doch viel größer als der Verlust von achtzig Mann … es ist nicht logisch.« Mit Anstrengung versuchte er, einen zusammenhängenden Satz zustande zu bringen. »Wenn ich von einer Falle gewusst hätte, dann hätte ich Sie doch gestern davor warnen und um Gnade bitten können.«
    »Woher haben die dann gewusst , dass wir das Dorf angreifen würden?« fragte Anatoli scharf.
    »Die müssen Verdacht geschöpft haben …«
    »Wieso?«
    Jean-Pierre zermarterte sich den benommenen Schädel. »Ist Skabun bombardiert worden?«
    »Das glaube ich kaum.«
    Das ist es! dachte Jean-Pierre. Irgendjemand muss herausgefunden haben, dass Skabun nicht bombardiert worden ist. »Ihr hättet es bombardieren sollen«, sagte er.
    Anatoli wirkte nachdenklich. »Da muss irgendwer sein, der sich sehr gut darauf versteht, die richtigen Schlüsse zu ziehen.«
    Das war Jane, ging es Jean-Pierre durch den Kopf, und für einen Augenblick hasste er sie.
    Anatoli fragte: »Hat Ellis Thaler irgendwelche besonderen Merkmale?«
    Jean-Pierre wurde schwindlig, doch er wollte auf gar keinen Fall ohnmächtig werden, weil er fürchtete, dass man ihn wieder schlagen würde. »Ja«, erwiderte er angestrengt. »Eine große, kreuzförmige Narbe auf seinem Rücken.«
    »Dann ist er’s«, sagte Anatoli mit fast tonloser Stimme. »Wer?«
    »John Michael Raleigh, vierunddreißig Jahre alt, in New Jersey geboren, ältester Sohn eines Bauunternehmers. Er hatte einen kläglichen Abgang von der University of California in Berkeley und war später Captain bei den U.S. Marines. Seit 1972 ist er CIA-Agent.
    Familienstand: einmal geschieden, ein Kind, Aufenthaltsort der Familie ein sorgsam gehütetes Geheimnis.« Er machte eine Handbewegung, als wolle er die Details beiseite wischen. »Es gibt gar keinen Zweifel, dass er es war, der mich heute bei Darg überlistet hat. Er ist brillant und sehr gefährlich. Von allen Agenten der westlichen imperialistischen Nationen ist er derjenige, den ich am liebsten fassen würde. In den letzten zehn Jahren hat er uns in mindestens drei Fällen irreparablen Schaden zugefügt. Voriges Jahr in Paris hat er ein Agentennetz zerstört, das wir in sieben-oder achtjähriger geduldiger Arbeit aufgebaut hatten. Im Jahr davor enttarnte er einen Agenten, den wir 1965 in den Geheimdienst eingeschmuggelt hatten - einen Mann, der gegebenenfalls ein Attentat auf den Präsidenten hätte verüben können. Und jetzt - jetzt haben wir diesen John oder Ellis hier im Pelz.«
    Jean-Pierre, auf dem Fußboden kniend, die Arme um seinen geschundenen Körper geschlungen, ließ seinen Kopf auf die Brust fallen und schloss verzweifelt die Augen. Er war so weit wieder bei sich - und voller Mitleid mit sich selbst: ein nacktes Kind in einer Löwenhöhle.
    Dabei hatte er doch so hohe Hoffnungen gehegt. Ganz auf sich selbst gestellt, hatte er dem afghanischen Widerstand einen Schlag versetzen wollen, von dem er sich nie wieder erholen würde. In diesem Teil des Globus hatte er den Lauf der Geschichte verändern wollen - Rache üben an den selbstgefälligen Herrschern des Westens und an jenem Establishment, das seinen Vater verraten und umgebracht hatte. Doch statt vor dem Triumph stand er nun vor der Niederlage. Im letzten Augenblick war ihm alles entrissen worden – von Ellis.
    Er vernahm Anatolis Stimme wie ein Murmeln aus dem Hintergrund. »Wir müssen davon ausgehen, dass Ellis bei den Rebellen erreicht hat, was er erreichen wollte. Die Einzelheiten kennen wir zwar nicht, doch genügt der Umriss : ein Vereinigungspakt zwischen den Banditenführern als Gegenleistung für die Lieferung amerikanischer Waffen. Dadurch könnte die Rebellion noch jahrelang fortdauern. Wir müssen es verhindern, und zwar schnell.«
    Jean-Pierre öffnete die Augen und hob den Kopf. »Aber wie?«
    »Wir müssen diesen Mann fassen, ehe er in die Vereinigten Staaten zurückkehren kann.
    Dann wird niemand wissen, dass er den Vertrag gutgeheißen hat, die Rebellen werden niemals die versprochenen Waffen erhalten, und das Ganze wird im Sande verlaufen.«
    Trotz

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