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Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Titel: Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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halber Mond. In der Ferne kreischte das Martinshorn eines Krankenwagens. Sehr nah spürte Laura Ronalds Arm, seine Körperwärme.
    «Manchmal sind wir kein schlechtes Team», sagte er leise, räusperte sich. Jetzt streifte sein Arm den ihren. Sie rückte ab.
    «Vielleicht hättest du zur Polizei gehen sollen», erwiderte sie trocken, wusste schon beim Klang ihrer Worte, dass sie ihn verletzen würde. Es tat ihr Leid und auch wieder nicht. Sie wollte ihm klar machen, dass es nichts zu bedeuten hatte, wenn sie ihn als «meinen Mann» bezeichnet hatte.
    Es geschah eben hin und wieder, dass Ronald und sie diese fast intimen Momente teilten, eine Sehnsucht vielleicht, dass alles gut sein möge – so wie früher, als sie noch zusammenlebten.
    Aber es stimmte nicht.
    Laura wollte auch nicht zurück! Nicht wieder die großen Pläne hören, die sich immer wieder in Nebel auflösten. Wollte nicht auf ihn warten, wenn er zum hundertsten Mal eine Verabredung vergessen hatte. Wollte nicht mehr seine Rechnungen bezahlen oder entdecken, dass er wieder eine Affäre hatte.
    Ronald war ebenfalls von ihr weggerückt, hatte sich ans äußerste Ende des kleinen Balkons zurückgezogen, zündete seine Pfeife an.
    «Warum musst du eigentlich immer gleich um dich schlagen, wenn es gerade einmal etwas entspannter ist?», fragte er und schaute dabei den Mond an, der für Sekunden zwischen den Wolken aufleuchtete und gleich darauf wieder verschwunden war.
    «Ich wollte das gerade nicht – es ist mir so rausgerutscht. Ich finde es wirklich gut, dass wir die Sache mit den Özmers gemeinsam lösen. Gut für die Kinder, wenn sie wissen, dass wir beide da sind, wenn’s brenzlig wird …»
    Was rede ich, dachte Laura.
    «Du drückst dich!» Ronald stieß ein bitteres Lachen aus.
    «Nein», antwortete Laura heftig. «Ich drück mich überhaupt nicht. Ich möchte, dass wir Freunde sind – so gut es eben geht nach all den Jahren und dem Scheiß, den wir durchgemacht haben. Aber dabei muss es bleiben. Freunde, die in schwierigen Situationen füreinander da sind. Wir kennen beide unsere gegenseitigen Schwächen, können sie dem anderen lassen. Das ist eine Menge nach vierzehn Jahren Ehe, findest du nicht? Jedenfalls verglichen mit den Fällen, die ich hin und wieder bearbeiten muss!»
    Diesmal lachte Ronald los. «Immerhin hast du dir deinen Humor bewahrt! Aber ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass hinter deiner Kratzbürstigkeit noch etwas anderes steckt! Hast du einen Lover?»
    Laura stieß sich von der Wand ab, ging in die Küche zurück und stellte ihr Weinglas in die Spüle.
    «Das», sagte sie leise, «geht dich gar nichts an, Ronald.»
    Ehe sie die Küche verließ, wandte sie sich noch einmal kurz um. «Ich nehme an, dass du wieder im Wohnzimmer schläfst.»
    «Wenn ich ehrlich bin, Laura, würde ich am liebsten zurück in meine Wohnung fahren. Ich bleibe nur wegen der Kinder. Aber du solltest dich schnellstens nach einem anderen Unterschlupf für Ülivia umsehen. Ich bin nicht bereit, länger auf sie aufzupassen!»
    «Verstehe ich! Schlaf gut!» Laura schaffte es, ihre Stimme freundlich klingen zu lassen. Doch im Badezimmer schloss sie sich ein, setzte sich auf den Rand der Wanne und massierte vorsichtig ihre Schläfen.
    Ronald hatte irgendwie Recht. Die türkische Tragödie war eine Zumutung, die den Alltag sprengte und sie alle überforderte. Aber bei allen Schrecken hatte sie auch etwas Gutes. Sie machte Menschen sichtbar, brachte Gefühle zum Ausbruch, forderte Verantwortung. Es war, als hätte jemand einen Vorhang weggerissen. Genauso war es: Die türkische Tragödie machte Grenzen sichtbar und schuf gleichzeitig Nähe.
    Langsam stand sie auf, wusch ihr Gesicht mit lauwarmem Wasser. Noch vier Tage bis Ostern. Vier Tage bis zu Angelos Ankunft. Vielleicht fünf, wenn sie ihn überzeugen konnte, erst am Sonntag zu kommen und nicht schon am Samstag. Wovor fürchtete sie sich eigentlich? Vor der Nähe. Davor, Angelo mit ihren Kindern zu erleben.
    Etwas in ihr sträubte sich noch immer mit ungeheurer Heftigkeit dagegen. Sie wusste selbst nicht genau, warum. Es kam ihr vor, als verteidigte sie einen kostbaren Teil ihres Selbst gegen die Normalität. Sie wollte nicht, dass ihre Liebe zu Guerrini «normal» wurde, eingeebnet, einverleibt, irgendwann alltäglich.
    Ich beschütze meine Sehnsucht, dachte sie, als sie endlich auf ihrem Klappbett lag. Kurz vor dem Fortdämmern spürte sie, dass ihr Gesicht nass von Tränen war.

    «Wir haben

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