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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Vater sprach. Niemand sonst sprach so mit seinem allmächtigen Vater, dem König.
    Er war sich durchaus im klaren darüber, daß sein Vater ihn seinen anderen Söhnen vorzog, und es erbitterte ihn bereits ein wenig, daß sich diese Tatsache nicht auf die Gebietsverteilung niederschlug.
    Warum sollten diese anderen drei, die gegen Henry rebelliert hatten, Herzogtümer und sogar die Krone erben, und er bekam nichts als bestenfalls eine Grafschaft? Das war auf keinen Fall gerecht.
    Mathilda erzählte gerade von ihrem Leben in München, das Heinrich zu seiner Residenz gemacht hatte. »Ich war glücklich dort«, sagte sie, »aber es ist wunderbar, wieder hier zu sein. Meinst du, daß Vater Heinrich unterstützen wird?«
    »Ich hoffe es«, warf ihr Gemahl ein und fügte düster hinzu: »Bei Gott, der Gedanke daran, daß sich der Rotbart jetzt in seinem Triumph suhlt, bereitet mir Übelkeit. Der Teufel hole alle Staufer!«
    Zwischen seiner Familie, den Weifen, und dem Haus Hohenstaufen herrschte seit Jahren Blutfehde, die in dem Kampf zwischen Friedrich und Heinrich ihren Gipfel erreicht hatte.
    Alienor gab eine unverbindliche Antwort und dachte bei sich, daß sie ihren Schwiegersohn für mehr als unklug hielt. Er schien seine liebenswerten Seiten zu haben, aber er neigte zu bombastischem Auftreten und Prahlerei. Bevor sich Henry zurückgezogen hatte, hatten sie sich alle endlos Heinrichs Rachepläne anhören müssen. Sie sah ihre Tochter an und hätte um ein Haar bedauernd den Kopf geschüttelt. Arme Mathilda - was für ein Leben, wenn sie das täglich ertragen mußte. Doch Mathilda war von fröhlicher, leicht zufriedenzustellender Gemütsart, und sie hatte immer das Talent besessen, sich klaglos neuen Lagen anzupassen, so wie jetzt, da sie nicht mehr von ihrer Vergangenheit sprach, sondern heiter sagte: »O Mutter, ich freue mich schon so darauf, Hal, Richard und Geoffrey wiederzusehen. Ich kenne sie nur als Jungen - wie sie sich wohl entwickelt haben mögen?«

    Es war sehr kalt im winterlichen Caen, das nahe am Meer lag, doch die Auseinandersetzungen zwischen den Söhnen des Königs ließen die mangelnde Wärme vergessen. Hal eröffnete den Streit, als er von Richard die Burg von Clairvaux forderte, da sie auf einem Teil des Territoriums lag, das sein Vater ihm zugedacht hatte.
    Doch Richard weigerte sich. Er war jetzt ein erfahrener Soldat, und Macht aufzugeben, die er besaß, war ihm genauso fern wie dem Rest der Familie. »Ich denke nicht daran«, gab er scharf zurück und sah seinen älteren Bruder voll Abneigung an. »Ich habe Clairvaux mit meinen Mitteln wieder aufbauen lassen, und ich behalte es auch.«
    »Du mußt dich nach mir richten und nicht ich nach dir - ich bin der Älteste! Ich werde König sein, lieber Bruder, ich bin es bereits, und ich habe ganz einfach das Recht…«
    Alienor nippte an ihrem Becher mit klarem Wasser. Henry trank ihr zu.
    »Willkommen in der Familie«, sagte er sarkastisch.
    Sie nickte. »Warum schickst du sie nicht alle einfach auf Kreuzzug und regierst hier allein weiter?«
    Inzwischen hatte sich Geoffrey eingeschaltet. »Vater, es geht hier um eine prinzipielle Frage. Nach deinem Tod wird Hal über Richard und mich herrschen, wie Ihr es jetzt tut, und Ihr müßt ihn unterstützen, wenn Ihr nicht wollt, daß sein Anspruch jetzt schon lächerlich wird. Ich für meinen Teil bin gerne bereit, Hal den Lehnseid zu schwören, und wenn Richard dasselbe tut, haben wir keine Schwierigkeiten mehr, denn ein Vasall kann ohne weiteres Burgen für seinen Lehnsherrn halten.«

    Seine Eltern betrachteten ihn anerkennend. Es war der erste vernünftige Vorschlag in diesem albernen Streit. Aber Richard dachte nicht so. »Ich sehe nicht ein, warum ich Hals Vasall werden sollte.
    Ich stehe in genau demselben Rang wie er, und…«
    »Das tust du nicht! Wer ist hier der gesalbte König?«
    »Dein Königstitel hat bis jetzt niemandem irgend etwas gebracht, und die Herzöge von Aquitanien…«
    Henry stand auf. »Das genügt«, übertönte er sie. »Ihr scheint zu vergessen, daß der König immer noch ich bin, und ich entscheide über eure Gebietsansprüche. Verschwindet, und wenn wir uns heute abend wiedersehen, werdet ihr hören, was ich beschlossen habe.«
    Einer nach dem anderen verließen sie den Raum, bis nur noch Henry und Alienor übrigblieben. »Nun?« Henry zog eine Grimasse.
    »Es wird mir wohl nichts anderes übrigbleiben, als Geoffreys Rat zu folgen. Er hat recht, wenn Hal nach meinem Tod die

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