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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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daß ich nicht in der Lage wäre, es gut zu regieren?«
    »Du wärst ein ausgezeichneter König«, unterbrach ihn Henry ernst. »Das ist nicht der Grund. Aber wenn ich dich zu meinem Erben erklärte, dann würdest du binnen eines Jahres genau wie Hal versuchen, dir dein Erbe zu nehmen. Ich will nicht noch einmal gegen einen Sohn kämpfen müssen.«
    »Es war Hal, der Euch verraten hat«, sagte Richard erzürnt, »nicht ich - nachdem Ihr darauf bestanden habt, daß ich ihm den Lehnseid schwöre!«
    »Aber du warst es, der schon einmal gegen unseren Vater rebelliert hat, und man kann dir nicht trauen«, warf der jüngste Plantagenet ein.
    Alle sahen John überrascht an, denn bisher hatte er sich aus der Diskussion herausgehalten. »Unser Vater ist König, und er entscheidet.«
    Richard musterte ihn amüsiert. »Er kann dich zehnmal zu seinem Nachfolger erklären«, sagte er verächtlich, »das hilft dir doch nicht weiter. Glaubst du im Ernst, kleiner Bruder, du könntest gegen mich kämpfen und gewinnen?«
    »Ja, das glaube ich, und…«
    »Eine Frage nebenbei«, sagte Geoffrey. »Was mißfällt euch eigentlich allen an der Vorstellung, daß ich König würde?«
    »Um es auf einen Punkt zu bringen - alles«, entgegnete sein Vater knapp. Geoffrey, der sich für völlig abgebrüht hielt, verletzte die Direktheit dieser Antwort zutiefst.
    Inzwischen waren Richard und John nahe daran, die Beherrschung zu verlieren.
    »Du hältst dich für besonders großartig«, sagte John beißend, »mit deinen Eroberungen und den Liedern, die du ab und zu schreibst, aber wir werden ja sehen, wer am Schluß der Bessere ist. Das einzige Mal, als du gegen einen König angetreten bist, hast du versagt!«
    »Henry«, sagte Alienor plötzlich, »warum schickst du die Jungen nicht hinaus, damit wir in Ruhe sprechen können?«
    »Eine hervorragende Idee.« Es war sehr erniedrigend für die drei königlichen Prinzen, wie Kinder behandelt zu werden, doch schließlich fügten sie sich.
    Alais warf Henry einen bittenden Blick zu. Arme kleine Alais, dachte er. Ein wärmendes Feuer in der Kälte und Einsamkeit seines Alters. Es war nicht einfach für sie.

    »Allmächtiger«, sagte Henry mit einem erleichterten Seufzer, nachdem sie alle gegangen waren, »ich werde mittlerweile zu alt für so ein Gezänk.«
    »Wir haben es heraufbeschworen«, erwiderte Alienor, mit einem Mal bitter.
    »Ja, das haben wir wohl. Besonders du - er war noch ein Kind, Alienor, als du ihm schon Gedanken an Rebellion in den Kopf gesetzt hast!«
    »Und John? Wer ist für John verantwortlich?«
    »Wenn du mich damals nicht verraten hättest, stünden wir uns jetzt nicht alle als Feinde gegenüber!«
    Alienor holte ungläubig Luft. »Ich habe dich verraten? Du hast mich verraten, und das mehrere Male, immer wieder. Was hast du erwartet, Henry? Daß ich mir alles gefallen lasse, was du mir antust, und zu allem ja und amen sage?«
    »Du hast damit…« begann er, und sie sagte gleichzeitig: »Als du damals…« Sie brachen ab, sahen einander an und lachten.
    »Wir hatten bei Aquitanien angefangen, oder nicht?« sagte Henry schließlich. »Bleiben wir also sachlich.«
    Alienor nickte. »In aller Sachlichkeit, Henry - Aquitanien wird niemals John gehören. Und Richard wird König.«
    »Wir werden sehen.«
    »Nein, mein Gemahl, ich werde es sehen, und genau das ist der springende Punkt. Du wirst tot sein, wenn einer von ihnen den Thron besteigt, und ich nicht.«
    »Was das betrifft«, bemerkte Henry sarkastisch, »ich hoffe, du läßt mich in der Hölle nicht allzulange allein.«
    Alienor stand auf und ging zu der Feuerstelle, wo vorher Alais gekauert hatte. Ohne Henry anzusehen, sagte sie: »Wenn alle Hoffnung zerbrochen ist, Henry, und alle Träume verschüttet, dann bleibt uns wenigstens noch eine Aussicht - daß der Teufel, wenn er auch nur den geringsten Sinn für Humor hat, uns beide gleichzeitig zur Hölle fahren läßt.«

    »Ja«, antwortete er langsam, »das bleibt uns. Und wenn man dort unten auch nur ein wenig Ahnung von der Kunst des Regierens hat, wird man uns das Regiment übertragen.«

    Die Familie trennte sich ohne Einigung. Henry setzte keinen seiner Söhne als seinen Erben ein, Richard blieb bei seiner Weigerung, Aquitanien aufzugeben, und Johns bis dahin unbegründete Abneigung gegen Richard steigerte sich allmählich zu Haß.
    Geoffrey hatte leichtes Spiel, nach Hal auch den jüngsten Bruder für seine Zwecke einzuspannen, und das nächste, was Alienor im

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