Die Löwin von Aquitanien
riesigem Kreuzfahrerheer, um Tankred dazu zu bringen, Joanna aus Palermo zu ihrem Bruder nach Messina zu schicken. Richard hatte seine Schwester seit ihrem elften Lebensjahr nicht mehr gesehen, und sie begrüßten sich ausgelassen.
»Tankred ist ein widerlicher kleiner Kerl«, sagte Joanna später empört, als sie von ihrer Gefangenschaft erzählte. »Wenn die Sizilianer sich nicht vor den Deutschen fürchten würden, würde ihn hier niemand als König akzeptieren.«
»Ich werde dafür sorgen«, antwortete Richard entschlossen, »daß er dir dein Wittum zugesteht.« Er seufzte. »Ach Joanna, dies ist ein schönes Land, aber ich kann es bald nicht mehr ertragen, hier untätig herumzusitzen, während die Lage im Heiligen Land so aussichtslos steht.«
»Erzähl mir davon«, bat seine Schwester. »In meiner Gefangenschaft habe ich wenig Neues gehört.«
»Seit Saladin Guy de Lusignan freigelassen hat, geht es nicht vor und nicht zurück. Konrad von Montferrat, der Mann, der Tyrus gegen Saladin gehalten hat, wollte Guy de Lusignan weder Tyrus aus-liefern noch ihn wieder als König von Jerusalem anerkennen. Daraufhin tat Guy etwas ebenso Törichtes wie Mutiges - er begann mit seiner winzigen Anhängerschar, Akkon zu belagern. Jeder dachte, er würde zwischen den Moslems in Akkon und Saladins Heer zermalmt werden, aber es gelang ihm, ein befestigtes Lager zu errichten, so daß er jetzt Akkon belagert, während Saladin seinerseits Guy de Lusignan belagert. Guy erhielt wegen seines Mutes sehr viel Zulauf von den Christen, die sich noch im Land befinden, und der Rest des deutschen Heeres, der nach dem Tod Kaiser Barbarossas nicht umkehrte, schlug sich auch zu ihm.«
»Dann hat er Erfolg?« fragte Joanna. Richard verneinte. »Er hat zwar jetzt genug Männer, um Akkon vom Land her abzuschließen, aber Saladin versorgt die Stadt von der See aus. Und er belagert de Lusignan immer noch.« Zwischen seinen Augenbrauen grub sich eine tiefe Falte. »Ich bewundere seine Tapferkeit und sein Durchhaltevermögen in dieser Lage. Weiß Gott, als wir damals zusammen kämpften, konnte ich ihn nicht ausstehen, aber jetzt…«
»Du wirst schon noch rechtzeitig kommen«, sagte Joanna tröstend. Richard lächelte ihr zu. »Aber zuerst sorge ich dafür, daß Tankred ein wenig ins Schwitzen gerät.«
Richard forderte von Tankred nicht nur Joannas Wittum, sondern auch das Legat, das ihr Gemahl seinem Schwiegervater in seinem Testament hinterlassen hatte - ein höchst nützliches Erbe von Gold und Kriegsgaleeren. Als Henrys Erbe beanspruchte er für den Kreuzzug sowohl Geld wie auch Galeeren. Die Lage war mehr als gespannt, besonders, da man sich mit der Bevölkerung wieder nicht über die Lebensmittelpreise einig werden konnte - das uralte Kreuzfahrerproblem.
Im Oktober waren Richard, Philippe und die sizilianischen Gouverneure von Messina gerade dabei, erbittert über die Preise, das Legat und Joannas Wittum zu verhandeln, als ihre Debatte ein jähes Ende fand. Einer der Sizilianer hatte die Nerven verloren und griff Richards Gefolgsmann Hugo de Lusignan - ein Verwandter des bedrängten Guy - an. »Das genügt«, sagte Richard, verließ augenblicklich die Verhandlungen, befahl seinen Leuten, sich zu wappnen, und stürmte, wie einer der Spielleute, die den Feldzug begleiteten, später triumphierend sang, Messina in einer kürzeren Zeit, als ein Priester für ein Morgengebet brauchte.
Nun hatte er ein Druckmittel in der Hand, und Tankred erklärte sich weniger als eine Woche später bereit, Joanna als Ersatz für ihr Wittum 20.000 Unzen Gold und Richard das gleiche zu bezahlen.
Tankred war zu dem Schluß gekommen, daß ihm der kriegerische König als möglicher Verbündeter gegen Heinrich von Hohenstaufen doch lieber denn als Feind war, er erhielt Messina zurück, und die Lage begann sich etwas zu entspannen. Richard nutzte die erzwungene Muße, um Belagerungsmaschinen bauen zu lassen und selbst die Sehenswürdigkeiten des Landes zu besichtigen.
Auf dem Weg hierher hatte er in Neapel den Vesuv erklettert, und jetzt war der Ätna an der Reihe. Wären nicht die Nachrichten gewesen, daß die Belagerer von Akkon inzwischen gezwungen waren, ihre eigenen Pferde zu essen, hätte er glücklich sein können.
»Hier sind wir also in Neapel«, sagte Alienor und breitete die Arme aus, als wolle sie das ansehnliche Haus, das man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, umarmen. Es war Mitte Februar, die Temperaturen angenehm warm, und ihre Kammerfrauen
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