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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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finden und auszuräuchern. Zur Zeit allerdings«, er verzog den Mund, »halten mich… nun, sagen wir, wichtigere Geschäfte davon ab, ihm zu Leibe zu rücken.«
    »War es dieser Mann, der Euch den Tod vor Augen geführt hat?«
    erkundigte sich Richard trocken.
    »So ist es. Mit Hilfe seines Haschischs und einiger anderer Annehmlichkeiten macht er sich junge Leute gefügig, die zu seinen bedingungslosen Anhängern werden und auf sein Geheiß jeden Menschen umbringen, den er bestimmt. Ihr werdet verstehen, daß ich so etwas nicht dulden kann. Doch noch während meines Feldzugs gegen ihn schickte er mir eine Botschaft, die… mehr als eindrucksvoll war.
    Sein Bote wurde natürlich bis auf die nackte Haut ausgekleidet und untersucht, doch er trug keine Waffe bei sich. Ich ließ ihn zu mir führen, doch er sagte, er könne nur mir allein die Botschaft ausrichten. Ich entließ meinen Hofstaat, bis auf meine Leibwächter, versteht sich. Daraufhin fragte der Bote meine Leibwächter: ›Wenn mein Herr Euch befehlen würde, Saladin zu töten, würdet Ihr es tun?‹ Und diese beiden Bastarde, die ich wie mein eigen Fleisch und Blut behandelte, zogen ihre Schwerter und riefen: ›Verfüge über uns!‹ Der Bote sagte: ›Dies ist die Botschaft meines Herrn‹, drehte sich um und verließ mit meinen beiden Leibwächtern mein Lager. Ihr könnt mir glauben, das war eines der wenigen Male, wo ich sprachlos war.
    Seitdem befinden wir uns in einem Waffenstillstand, aber wenn mir der Dschihad wieder etwas Zeit läßt, werde ich den Alten vom Berge mitsamt seinen Jüngern ausrotten.«
    Saladin schwieg einen Moment. »Wie Ihr seht - selbst die Mächtigsten der Mächtigen sind nicht sicher.« Seinem Tonfall nach konnte das eine Drohung, eine Warnung oder einfach nur eine Erzählung zur moralischen Erbauung sein.
    Richard schaute ihm direkt in die Augen. »Aber ist denn nicht gerade die Gefahr das, was unser Leben mehr als eine stumpfsinnige Aneinanderreihung von Tagen sein läßt?«
    Das Gelächter des Sultans, tief und durchdringend, erfüllte das Zelt, und in seiner Stimme lag fast so etwas wie echte Sympathie, als er antwortete: »Bei dem Propheten, die Geschichten, die man sich über Euch erzählt, lügen nicht, mein Freund. Ihr habt natürlich vollkommen recht. Das Leben ist nur lebenswert, wenn man immer bereit ist, dem Tod ins Auge zu blicken. Doch fürchte ich, wenn Ihr weiter auf Eurem Kreuzzug beharrt, werdet Ihr nicht mehr sehr lange in der Lage sein, von diesem Kelch des Lebens zu kosten.«
    Die Atmosphäre hatte sich verändert; jeder spürte, daß es nun um die unverhüllten Tatsachen gehen würde. Richard räusperte sich.
    »Was unseren Kreuzzug und Euren Dschihad betrifft, so steht viel mehr auf dem Spiel als nur mein Leben. Die Moslems und die Franken bluten sich gegenseitig aus, das Land ist völlig ruiniert, und Güter und Leben wurden auf beiden Seiten geopfert. Die Zeit ist gekommen, damit aufzuhören.«

    Er schöpfte kurz Luft. »Die strittigen Punkte sind Jerusalem, das Kreuz und das Land. Jerusalem ist für uns eine Heilige Stätte, die wir nicht aufgeben können, selbst wenn nur einer von uns übrig wäre.
    Das Land von hier bis jenseits des Jordan muß uns überantwortet werden. Das Kreuz, welches für Euch nur ein Stück Holz ohne Wert ist, ist für uns von Bedeutung. Wenn Ihr es zurückgebt, könnten wir Frieden schließen und von diesen endlosen Mühen ausruhen.«
    Saladin strich sich geistesabwesend über den Bart. Sein Tonfall blieb ohne jede Feindseligkeit, doch unnachgiebig, als er erwiderte:
    »Jerusalem ist ebenso unser wie Euer. In der Tat ist es uns sogar noch heiliger als Euch, denn es ist der Ort, von welchem aus unser Prophet zum Himmel fuhr, und der Ort, wo unsere Gemeinde sich versammeln wird am Tag des Jüngsten Gerichts. Glaubt nicht, daß wir darauf verzichten können. Das Land war überdies ursprünglich unser, während Ihr Eindringlinge seid und nur infolge der Schwäche der zu jener Zeit hier lebenden Moslems imstande wart, es zu erobern. Was das Kreuz betrifft, so betrachten wir es als gutes Pfand in unserer Hand und können es nicht herausgeben außer im Austausch gegen einen Gegenstand, der für uns von vergleichbarer Bedeutung ist.«
    Richard blickte auf die verschlungenen Muster des Teppichs, dessen Farben selbst die Zeit offenbar nichts hatte anhaben können. »Offensichtlich zählt Ihr das Leben Eurer Glaubensgenossen nicht da-zu«, bemerkte er gelassen.
    Saladin lachte. »Ich muß

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