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Die Löwin von Aquitanien

Die Löwin von Aquitanien

Titel: Die Löwin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Normandie, das dürfte eigentlich genügen.«
    »Ich würde zu gerne wissen«, sagte Philippe versonnen, »was Richard gerade tut. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er ruhig in irgendeiner von Leopolds Festen sitzt.«
    »Das ist mir gleich«, erwiderte John eisig. »Ich hoffe, er bleibt bis in alle Ewigkeit dort und verrottet in der Hölle.«

    In Oxford tagte das von Alienor und Walter de Coutances zusammengerufene große Reichskonzil. Alienor hatte die Barone von Richards Gefangennahme unterrichtet und energisch alle Gerüchte bestritten, er sei tot. Ein Teil forderte jedoch Beweise dafür, denn traf es nicht zu, dann waren sie eben dabei, den neuen König von England zu bekämpfen.
    »Euer Gnaden«, der Kanzler, ein etwas behäbiger Mann, hastete kurzatmig in das Gemach, wo Alienor ihrem Kanzleischreiber gerade diktierte, »ich habe Neuigkeiten.«
    »Ich auch«, sagte die Königin. »Setzt Euch am besten gleich. John hat versucht, sich mit William von Schottland zu verbünden.«
    »Und?« fragte Walter de Coutances gespannt. »William erwies sich als eine Seltenheit unter uns Königen und erinnerte sich an die Tribute, die er Henry zahlen mußte und die Richard ihm erlassen hat.
    Er weigerte sich und schrieb mir, er stehe mit seinen Truppen zu meiner Verfügung.«
    Alienor rieb sich unbewußt die Hände; es war kalt in Oxford. Ihr fehlte die Wärme Aquitaniens. »Und Eure Neuigkeiten?« fragte sie.
    Der Kanzler hüstelte. »Nun… König Philippe marschiert auf die Grenze zum Vexin zu, und im Poitou griff Aimar d’Angoulême an.
    Aber es gelang den dortigen Adligen, ihn zurückzuschlagen. Man meldete mir eben, er sei gefangengenommen worden.«
    Alienor legte einen Augenblick lang die Hand auf ihre schmerzende Schläfe. »Wie gut«, sagte sie, »aber habt Ihr gehört, daß es Johns Anhängern gelungen ist, die Burgen von Windsor und Wallingford zu besetzen? Sie werden selbstverständlich belagert, aber es macht mir Sorgen.«
    Der Erzbischof wagte es, tröstend ihren Arm zu nehmen. »Euer Gnaden«, entgegnete er, »bisher konnte keines von seinen Schiffen an der Küste landen, und die drei, die es versucht haben, wurden erobert. Das ganze Land steht zu seinem König.«
    »Wie lange noch?« fragte sie tonlos. »Wie lange noch?«

    Im März kamen zwei der Männer, die Alienor ausgeschickt hatte, zurück und berichteten, Richard sei von Herzog Leopold für 75.000
    Mark an den Kaiser ausgeliefert worden. Die Summe war allerdings von Heinrich noch nicht ausgezahlt. Die Späher waren ihm zwischen Ochsenfurt und Speyer begegnet, wo er von Leopold an den kaiserlichen Hof gebracht wurde. Sie erzählten, er sei bei guter Gesundheit, ungebrochenen Muts und habe sie eingehend über die Lage in England und der Normandie ausgefragt.
    In Speyer erwarb sich Richard durch seine würdevolle Haltung und Selbstbeherrschung großes Ansehen unter den deutschen Fürsten, die von dem berühmten Temperament und den Wutanfällen der Plantagenets gehört hatten. Hier gab Heinrich VI. auch seine erste Lösegeldforderung bekannt: Er wollte 100.000 Silbermark und für ein Jahr fünfzig Galeeren sowie zweihundert Ritter. Außerdem sollte sich Richard verpflichten, den Papst um die Aufhebung der inzwischen erfolgten Exkommunikation Leopolds von Österreich zu ersuchen. Mittlerweile hatte sich Richards Gefangennahme herumgesprochen, und einer von Richards engsten Beratern, der in Sizilien von der Gefangennahme hörte, eilte an den Rhein, um noch rechtzeitig an Heinrichs Hof in Speyer zu gelangen. Es handelte sich um Hubert Walter, Bischof von Salisbury, und Richard bekam durch ihn endlich die Gelegenheit, einige Briefe nach England zu schicken.
    Darin bat er seine Mutter, das Lösegeld für ihn aufzubringen und sich für Hubert Walters Wahl zum Erzbischof von Canterbury einzusetzen, denn der vorherige Inhaber dieses Amtes war im Heiligen Land gefallen. Hubert versprach, so schnell wie möglich nach England zu reisen, und nahm neben den Briefen die Nachricht mit, daß Richard nunmehr auf der Burg Trifels gefangengehalten wurde.

    Philippe II von Frankreich blickte auf die Festung Gisors. Gisors war Schauplatz zahlreicher Niederlagen und Demütigungen für das französische Königshaus gewesen, aber jetzt, jetzt endlich war diese Schmach mehr als wettgemacht. Er wünschte sich, der alte Henry Plantagenet, der ihn immer wie ein frühreifes Kind behandelt hatte, könnte jetzt hier sein, um zu erleben, wie Gisors ohne einen Schwertstreich übergeben

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