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Die Loewin von Mogador

Die Loewin von Mogador

Titel: Die Loewin von Mogador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Drosten
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Lösung!“

Kapitel
dreißig
     
    Als Sibylla den Stall betrat, stand Emily auf
dem Melkplatz, in jeder Hand eine Kanne mit frischer Ziegenmilch. „Hallo
Mutter, willst du mir tragen helfen?“
    „Eigentlich möchte ich etwas mit dir
besprechen.“ Sibylla nahm zwei weitere Kannen und folgte ihrer Tochter auf den
Hof. Emilys Hüften schwangen direkt vor ihr aufreizend von rechts nach links,
ihre langen Locken wippten. Sie sah verführerisch aus.
    Meine kleine Tochter ist eine Frau geworden,
eine schöne begehrenswerte Frau, dachte Sibylla halb verwundert, halb
schockiert. Dann entdeckte sie die Strohhalme. „Wie kommen die denn beim Melken
ins Haar?“ Sie stellte die Milchkannen ins Kühlbecken, zupfte einen Strohhalm
aus Emilys Locken und hielt ihn empor.
    „Du meine Güte, Mutter, wenn man im Stall
arbeitet, macht man sich schmutzig!“ Emily griff nach dem Halm und warf ihn auf
den Boden. „Was wolltest du überhaupt von mir?“
    Sibylla runzelte die Stirn. Sie fand Emilys
Erklärung nicht überzeugend, beschloss aber, das Thema vorerst auf sich beruhen
zu lassen. „Du musst packen. Morgen früh reiten wir zurück nach Mogador.“
    „Wie bitte?!“ Emily stemmte empört die Hände
in die Hüften. „Vater ist noch nicht einmal gesund!“
    „Deshalb habe ich deinem Vater auch
versprochen, etwas für ihn in Mogador zu erledigen.“
    „Fein“, entgegnete Emily bockig. „Ich bleibe
hier.“
    „Es ist nicht nötig, deinem Vater und Aynur
noch länger zur Last zu fallen. Sie haben schon genug mit den Folgen des
schrecklichen Überfalls zu tun.“
    Emily starrte ihre Mutter finster an. Im
selben Moment tauchte Sabri im Stalltor auf. Vorsichtig blickte er über den
Hof, entdeckte Emily und ihre Mutter und wollte sich gerade wieder in den Stall
zurückziehen, als jemand schrie: „Hakim bin Abdul!“ André junior beugte sich
aus einem der Fenster des Wohnbereichs und winkte heftig.
    Sabri blieb wie angewurzelt stehen. Emily
biss sich auf die Lippen. Sibylla drehte sich um. Ihre Augen wurden groß, als
sie den jungen Araber in der Stalltür entdeckte.
    „Du musst kommen! Hakim Hopkins will dich
sprechen!“, schrie André junior wieder.
    Sabri straffte die Schultern, grüßte Sibylla
und ging möglichst würdevoll an ihr und Emily vorbei zum Haus.
    „Jetzt kann ich mir denken, warum du
unbedingt hierbleiben willst“, stellte Sibylla fest. „Noch ein Grund mehr, dass
du morgen mit mir abreist!“
    Emily ärgerte sich. Sie war erwachsen. Was
fiel ihrer Mutter ein, sie so zu bevormunden! „Du willst doch nur so schnell
weg, weil du nicht ertragen kannst, dass Aynur Vaters Frau ist! Irgendetwas
wirst du schon getan haben, dass er sich für sie und nicht für dich entschieden
hat!“ Erschrocken über sich selbst brach Emily ab. Sie hatte schon öfter mit
ihrer Mutter gestritten, aber unverschämt war sie noch nie gewesen.
    Sibylla stand da wie vom Donner gerührt. Zum
ersten Mal in ihrem Leben verspürte sie Lust, Emily übers Knie zu legen. Warum
musste ihre Tochter sie immer herausfordern? Thomas und John waren nicht
annähernd so eigensinnig. Sie atmete tief ein und zählte stumm bis zehn. Dann
hatte sie ihre Fassung halbwegs wiedergewonnen. Sie blickte zu ihrer Tochter,
die mit zerknirschter Miene vor ihr stand. Was hätte Lalla Jasira ihr in dieser
Situation geraten? Emily den Ausbruch nachzusehen und ihr zu zeigen, dass sie
sie trotzdem liebte? Sibylla schluckte. Manchmal war es leichter, zu zürnen,
als zu vergeben, aber sie wollte es trotzdem versuchen: „Ich habe dich
bevormundet, Emily. Das war falsch.“ Sie schluckte. „Verzeihst du mir?“
    „Bitte verzeih du mir!“ Emily stürzte sich
mit Tränen in den Augen in ihre Arme.
    Sibylla streichelte ihr den Rücken.
„Eigentlich will ich vor allem, dass du mich begleitest, weil ich das Gut für
einen sehr unsicheren Ort halte, solange diese Verbrecher hier noch ihr Unwesen
treiben.“
    Emily schmiegte sich an sie. „Wenn das so
ist, Mutter, dann reite ich morgen mit dir zurück nach Mogador.“
     
    Als Frédéric am nächsten Morgen die Tore des
Gutes öffnete, wehte ein frischer Wind vom Atlas herunter. Christian führte die
Pferde aus dem Stall. Sie blähten die Nüstern und tänzelten
unternehmungslustig. Emily schaute in den kristallklaren blauen Himmel, vor dem
die schneebedeckten Gipfel des Hochgebirges zum Greifen nah schienen, und
blinzelte ein paar Tränen aus den Augen. Nach einem Jahr fiel ihr der Abschied
von ihrer anderen Familie

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