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Die Loewin von Mogador

Die Loewin von Mogador

Titel: Die Loewin von Mogador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Drosten
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dich freizulassen. Ich setze mich also sehr wohl für dich
ein!“
    „Was? Wirst du denn vorgelassen?“
    „Monsieur Rouston hat mir eine Audienz bei
Abd Er Rahman verschafft. Er wird mich begleiten und mich dem Sultan gegenüber
unterstützen. Schließlich kennt er ihn von allen Europäern in diesem Land am
besten.“
    Benjamin blitzte sie wütend an. „Du reitest
nicht mit diesem französischen Lackaffen nach Marrakesch und machst mich vor
den Leuten zum Hanswurst! Das erlaube ich nicht!“
    „Das wirst du wohl müssen, wenn du nicht noch
länger auf dieser Insel festsitzen willst“, gab sie zurück.
    „Ich habe mit Rouston nichts zu schaffen“,
knurrte er. Aber er erhob keine weiteren Einwände gegen ihren Plan.
    „Willst du mir nicht endlich sagen, was an
den Vorwürfen gegen dich dran ist?“, drängte Sibylla. „Hast du Menschen auf
Schiffen meines Vaters von hier in die Karibik schaffen und dort in die
Sklaverei verkaufen lassen? Du schuldest mir eine Erklärung, Benjamin!“
    Er schluckte. „Was du mir alles
unterstellst“, murmelte er mit abgewandtem Kopf. „Im Grunde bist du nicht
besser als der Kaid.“
    „Aber ich will doch nur die Wahrheit wissen!“
    Benjamin drehte sich zu Sibylla und fixierte
sie so eindringlich, als wollte er sie hypnotisieren. „Ich schwöre, dass ich
niemals etwas tun würde, das der Reederei Spencer oder meiner Familie Schaden
zufügen könnte!“
    Sie runzelte die Stirn. „Dann hat dich jemand
reingelegt? War es Kapitän Brown? Oder Samuel Toledano?“
    „Was weiß ich! Vielleicht hat Toledano sich
hinter meinem Rücken an Brown herangemacht und ihm eine Menge Geld für das
Geschäft geboten. Ich kann meine Kapitäne nicht überwachen, während die Schiffe
hier im Hafen liegen. Aber sobald ich wieder frei bin, werde ich alles tun, um
die Schuldigen zu finden. So wahr ich Benjamin Hopkins heiße!“
    Sibylla überdachte seine Worte. Brown war ein
finster wirkender Geselle. Aber das waren andere Kapitäne auch. Nicht umsonst
sagte ihr Vater, dass das Leben auf See hart und einsam machte.
    „Ich weiß einfach nicht mehr, was oder wem
ich glauben soll“, entgegnete sie leise.
    Benjamin packte ihre Hand und presste sie
schmerzhaft. „Denk doch einmal nach, Sibylla! Du hast mir selbst gesagt, dass
die Leute des Kaids bei der Hausdurchsuchung kein Geld gefunden haben, dessen
Herkunft sich nicht erklären ließ. Gibt es einen besseren Beweis für meine
Unschuld?“
    Bestürzt merkte sie, dass er sich an sie
drängte und sie rückwärts ins Gras drückte. Bevor sie reagieren konnte, rollte
er sich auf sie und befingerte ihre Brüste.
    „Benjamin! Hör auf!“ Sie strampelte heftig.
    Sein Gesicht war gerötet. „Du bist meine
Frau“, keuchte er schwer atmend.
    Sie wehrte sich verbissen. „Für diese Dinge
hast du in den letzten Jahren Firyal gerufen. Nun brauchst du auch nicht mehr
zu mir zu kommen. Und jetzt lass mich los!“
    Endlich rollte er sich von ihr herunter. „Du
wusstest davon?“
    „Du hast nicht versucht, es vor mir zu
verbergen.“
    Er sah sie nicht an, sondern zog mit einem
Finger Figuren im Gras. „Wieso willst du mir überhaupt helfen? Wäre es dir
nicht lieber, ich würde auf dieser Insel verrotten?“
    Sie richtete sich auf und strich ihr Kleid
glatt. „Ich tue das für unsere Kinder, Benjamin. Nur für unsere Kinder!“

Kapitel
sechzehn - Einige Tage später in Marrakesch
     
    Die Nachricht, dass Sibylla Hopkins in
Begleitung des Franzosen Rouston am Dienstag nach Ostern in aller Frühe die
Stadt verlassen hatte, ging unter den Kaufleuten von Mogador wie ein Lauffeuer
herum. Während die Männer untereinander grinsend Bemerkungen machten, dass man
ja gar nicht geahnt hätte, aus was für einem Holz die Engländerin geschnitzt
wäre, tuschelten die Frauen hinter vorgehaltener Hand über ihr skandalöses
Verhalten.
    Doch Sibylla pfiff darauf, was Leute dachten,
die sie seit Monaten mieden. Die Zeit drängte, deshalb hatte sie Nadira zu
Hause bei den Kindern gelassen. André hatte ihr ein schnelles Pferd aus dem
Stall des französischen Konsuls besorgt, und sie erreichten Marrakesch schon
nach vier statt der üblichen fünf Tage.
    Die Wachen vor dem Sultanspalast begrüßten
Rouston wie einen alten Bekannten und ließen sie sofort durch das Haupttor.
Wenig später erschien Feradge, der Chefeunuch und Vertraute des Herrschers.
Seine Majestät befand sich an diesem Tag auf der Falkenjagd, erklärte er, aber
er würde am Abend zurückerwartet, und

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